- Nach dem Klageerfolg der DUH gegen das Glyphosat-Pestizid Roundup PowerFlex zieht die DUH gemeinsam mit der Aurelia Stiftung nun vor das Europäische Gericht, um europaweit die ausgesprochene Erneuerung der Genehmigung für Glyphosat zu kippen
- Die EU-Kommission hatte die Genehmigung auf Druck der Pestizidhersteller und auch aufgrund der Enthaltung Deutschlands für weitere zehn Jahre erneuert
- DUH wird parallel dazu in Deutschland gegen die Zulassungen weiterer glyphosathaltiger Pestizide vorgehen
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die Aurelia Stiftung haben Klage gegen die EU-Kommission bezüglich der Erneuerung der EU-weiten Genehmigung von Glyphosat vor dem Europäischen Gericht erhoben. Aus Sicht der Verbände hätte Glyphosat unter anderem deshalb nicht erneut genehmigt werden dürfen, weil Risiken für die Biodiversität und die Gewässer nicht sicher ausgeschlossen werden konnten. Die EU-Kommission argumentiert, dass von der Industrie Bewertungen nachgefordert wurden und die EU-Mitgliedsstaaten bei der nationalen Zulassung glyphosathaltiger Mittel weitergehende Umweltschutzauflagen verhängen können. Aus Sicht der DUH reichen diese Maßnahmen aber nicht aus, weil sie zu unbestimmt sind und die Gefahr besteht, dass die nationalen Behörden sie nicht umsetzen.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Erneuerung der europaweiten Genehmigung des Pestizidwirkstoffs Glyphosat im letzten Jahr um weitere zehn Jahre ist auf den Lobbydruck der Pestizidindustrie zurückzuführen, schädigt massiv die Natur und verstößt gegen das Vorsorgeprinzip. Der Gesetzgeber ist dazu verpflichtet, mögliche Schäden für die Umwelt und die menschliche Gesundheit vorsorglich abzuwenden. Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft Glyphosat sogar als ‚wahrscheinlich krebserregend‘ ein. Die EU-Kommission darf sich ihrer Verantwortung hier nicht einfach entziehen und daraufsetzen, dass die EU-Mitgliedsstaaten eigene Anwendungsbeschränkungen erlassen. Bis zum Erfolg unserer Klage auf EU-Ebene und der Entziehung der Wirkstoffgenehmigung muss die zuständige Zulassungsbehörde BVL die nationalen Zulassungen glyphosathaltiger Pestizide beschränken und verweigern. Nach unserem Erfolg gegen die deutschlandweite Zulassung des glyphosathaltigen Mittels Roundup PowerFlex setzen wir in nächsten Rechtsverfahren das notwendige Verbot weiterer glyphosathaltiger Pestizide gegenüber der deutschen Zulassungsbehörde durch.“
Thomas Radetzki, Vorstand der Aurelia Stiftung: „Bienen und Schwebfliegen, die zweitwichtigsten Blütenbestäuber, sammeln Nektar, der mit Glyphosat verunreinigt sein kann, und nehmen auch Tröpfchen von Glyphosat-Spritzbrühe auf. Untersuchungen der ETH Zürich zeigen, dass Larven von Florfliegen sogar durch Konzentrationen unterhalb der erlaubten Mengen starben. Die EU-Kommission hat die Genehmigung von Glyphosat erneuert, obgleich ihr diese direkten toxischen Wirkungen bekannt waren. Die Genehmigungserneuerung war unseres Erachtens rechtswidrig, weil die Risiken für Bienen und Biodiversität nicht abschließend geklärt wurden. Die Genehmigung von Glyphosat soll nun durch das Gericht ausgesetzt werden. In Anbetracht des Insektensterbens fordert die Aurelia Stiftung darüber hinaus seit Jahren ein Verbot sämtlicher Pestizidanwendungen in blühenden Pflanzenbeständen.“
Hintergrund:
Neben der Klage der DUH und der Aurelia Stiftung gegen die Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat auf EU-Ebene hat die DUH in fachlicher Zusammenarbeit mit foodwatch bereits im Jahr 2023 eine Klage gegen das glyphosathaltige Pestizid Roundup PowerFlex der Monsanto Agrar Deutschland GmbH vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig angestrengt. Hier konnte bereits ein großer Erfolg erzielt werden: Mit Bescheid vom 13. November 2024 hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die von der DUH angefochtene Verlängerung der Zulassung für Roundup PowerFlex widerrufen. Der Bescheid ist noch nicht bestandskräftig. Die DUH prüft, inwiefern auch bei anderen glyphosathaltigen Mitteln ein Einschreiten der Behörden notwendig ist.
Die DUH führt mit fachlicher Unterstützung von foodwatch außerdem mehrere Gerichtsverfahren gegen weitere Zulassungen von Pestizid-Produkten auf nationaler Ebene. Diese richten sich gegen das zuständige BVL. Zusätzlich zu dem Verfahren gegen das glyphosathaltige Mittel Roundup PowerFlex des Herstellers Monsanto Agrar Deutschland GmbH laufen Verfahren gegen die flufenacethaltigen Herbizide Tactic der Adama Deutschland GmbH und Elipris der Corteva Agriscience Germany GmbH sowie gegen das Insektizid Sherpa Duo mit dem Wirkstoff Cypermethrin (SBM Developpement SAS France). Die von der DUH angegriffenen Zulassungen der Pflanzenschutzmittel Gardo Gold und Dual Gold (Syngenta Agro GmbH) mit dem Wirkstoff S-Metolachlor wurden bereits widerrufen.
Die Aurelia Stiftung klagt nicht nur wie oben dargestellt gegen die Erneuerung der Glyphosat-Zulassung. Bereits ein Jahr zuvor hat sie gegen die zunächst erfolgte Verlängerung der Glyphosat-Zulassung durch die EU-Kommission geklagt. Das Verfahren ist unabhängig von der neuen Klage und wird aufrechterhalten. Damit greift Aurelia die gängige Praxis von technischen Verlängerungen der Genehmigungen für Wirkstoffe, deren Risikoüberprüfung nicht abgeschlossen ist, mit einem Musterverfahren an. Der Konzern Bayer Agriculture B.V. ist im Prozess beteiligt, weil seine Interessen von dem Verfahren unmittelbar betroffen sind.
Links:
Zur Übersicht der laufenden Pestizid-Verfahren der DUH:
Verfahren der Aurelia Stiftung zu Glyphosat:
PM Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH),