Neue Klimaklage gegen die Bundesregierung: Deutsche Umwelthilfe geht gegen unzureichenden Nationalen Energie- und Klimaplan vor

  • Deutschlands Pläne zur Einhaltung der Klimaziele bis 2030 sind unzureichend und verstoßen gegen EU-Recht
  • Mangelhafte Prognosen, ungenügende Maßnahmen und ungeklärte Finanzierung: DUH reicht Klage ein
  • Massive Zielverfehlung in den Sektoren Verkehr, Gebäude und Landnutzung: DUH fordert sofort wirksame Maßnahmen wie ein Tempolimit, nachhaltige Waldnutzung und Sanierung öffentlicher Gebäude

 

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat eine neue Klimaklage gegen die Bundesregierung vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg eingereicht. Gegenstand ist der Nationale Energie- und Klimaplan (NEKP), der aus Sicht der DUH unzureichend ist und gegen geltendes EU-Klimarecht verstößt. Denn mit den geplanten Maßnahmen wird Deutschland seine verpflichtenden EU-Klimaziele bis 2030 massiv verfehlen.

In den ESR-Sektoren, worunter insbesondere Verkehr und Gebäude fallen, beträgt die Lücke laut Projektionsbericht des Umweltbundesamts voraussichtlich mehr als 10 Prozent – wobei die Prognosen laut Expertenrat für Klimafragen bereits deutlich zu optimistisch sind und beispielsweise große Mengen an hoch klimaschädlichen Methanemissionen unterschlagen werden. Im Landnutzungssektor (LULUCF) sieht es noch dramatischer aus: Statt der vorgeschriebenen Senkenleistung von rund 30 Millionen Tonnen ist lediglich mit 1,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten bis 2030 zu rechnen laut NEKP. Insgesamt mangelt es dem NEKP an nachvollziehbaren Prognosen und ausreichend bestimmten Maßnahmen, sodass eine Beurteilung der tatsächlichen Wirkung unmöglich ist. Außerdem fehlt eine realistische Abschätzung der erforderlichen Investitionen und Finanzierung.

Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Die Bundesregierung zeigt mit diesem Nationalen Energie- und Klimaplan einmal mehr mangelnde Verantwortung beim Klimaschutz. Damit tritt sie das entscheidende EU-Klimaschutzinstrument und auch die EU-Klimaziele mit Füßen. Der Verkehrssektor hinkt besonders hinterher und wird zwischen 2021 und 2030 circa 48 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zu viel ausstoßen. Allein mit Tempo 100 auf Autobahnen, 80 außerorts und 30 innerorts können auf einen Schlag und ohne zusätzliche Kosten 11,1 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden. Auch der Abbau klimaschädlicher Subventionen sowie die Neuausrichtung fiskalischer Instrumente für eine klimafreundlichere Mobilität sind überfällig. Wir werden nicht zulassen, dass Volker Wissing mit seiner Klimaschutzblockade durchkommt.”

Barbara Metz, DUH-Bundesgeschäftsführerin: „Der gerade erst aktualisierte Nationale Energie- und Klimaplan ist jetzt schon überholt. Besonders deutlich wird die Verweigerungshaltung der Bundesregierung beim Klimaschutz im Gebäudesektor. Wir brauchen jetzt dringend zusätzliche Maßnahmen und eine umfassende Sanierungsoffensive insbesondere für Schulen und Kindergärten. Im ersten Schritt müssen alle öffentlichen Gebäude auf den Prüfstand, um die von der EU geforderte Sanierungsrate von drei Prozent schnellstmöglich zu erreichen. Auch bei Wohngebäuden ist die energetische Sanierung der größte Hebel zur Einsparung. Die Bundesregierung muss bei der Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie jetzt dringend Tempo machen und die dauerhafte Sanierungsflaute beenden.“

Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Die Bundesregierung ist nach unserer erfolgreichen Klage gegen unzureichende Klimaschutzprogramme bereits zu wirksamen Maßnahmen im Landnutzungssektor verurteilt. Wir warten jetzt auf konkrete Vorschläge wie ein modernes Bundeswaldgesetz, die ökologische Ausrichtung der Landwirtschaft und weitere finanzielle Mittel zur Renaturierung wichtiger Ökosysteme. Gesunde Wälder, Moore und Auen fungieren als natürliche Treibhausgassenken und sind zentral für unsere Klimaschutzziele. Die Renaturierung von Flüssen und Auen trägt außerdem zur Klimaanpassung und zum Hochwasserschutz bei. Die Bundesregierung darf sich ihrer Verantwortung für den Naturschutz nicht länger entziehen.

Hintergrund:

Der NEKP ist das zentrale Planungsinstrument zur Einhaltung der europäischen Klimaschutzvorgaben und muss von jedem EU-Mitgliedstaat erstellt und regelmäßig aktualisiert werden. Deutschland hat seinen ersten NEKP im Juni 2020 veröffentlicht und diesen im August 2024 aktualisiert. Die EU-Kommission hatte bereits 2023 festgestellt, dass der Entwurf den Anforderungen des EU-Rechts nicht genügt. Wie die DUH in ihrer Klage darlegt, ist auch die daraufhin abgeänderte finale Version nicht EU-rechtskonform.

Der NEKP dient insbesondere der Erfüllung der EU-Lastenteilungsverordnung (ESR) und der EU-LULUCF-Verordnung sowie der übergeordneten Ziele des Europäischen Klimagesetzes und des Paris-Abkommens. Nach der Lastenteilungsverordnung unterliegen die EU-Mitgliedstaaten in den Sektoren Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, Abfall und kleine Industriebetriebe zwischen 2021 und 2030 jährlichen Zielvorgaben zur Senkung des CO2-Ausstoßes. Diese sogenannten ESR-Sektoren sind für fast 60 Prozent der Gesamtemissionen der EU verantwortlich. Die LULUCF-Verordnung zielt auf den Einsatz von Wäldern, Mooren und anderen Ökosystemen als natürliche Kohlenstoffsenke ab.

Link:

Zur Klageschrift NEKP und Hintergrundpapier NEKP: https://l.duh.de/p241101

PM Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH),

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