Hochgiftiger Pestizid-Wirkstoff: Deutsche Umwelthilfe kündigt Eilverfahren zur Aufhebung der amtlichen Zulassung Flufenacet-haltiger Herbizide an

  • Neue Bewertung der EFSA: Pestizid-Wirkstoff Flufenacet birgt hohe Risiken für Umwelt und Gesundheit
  • DUH fordert Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit als deutsche Genehmigungsbehörde auf, Zulassungen betroffener Pflanzenschutzmittel aufzuheben und wird notfalls Eilverfahren einleiten
  • DUH hat zudem EU-Kommission aufgefordert, ein europaweites Verbot auszusprechen und wirksame Notfallmaßnahmen gegen jegliche weitere Ausbringungen der hormonell wirksamen Pestizide einzuleiten

 

Nach einer neu veröffentlichten amtlichen Risikobewertung fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ein sofortiges Verbot des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Flufenacet. In dem alarmierenden Bericht bestätigt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), dass sich der Herbizid-Wirkstoff schädlich auf den menschlichen Hormonhaushalt auswirkt. Zudem würden bei der Anwendung des Wirkstoffs hohe Mengen an Abbauprodukten in das Grundwasser gelangen. Außerdem hat die EFSA weitere Umweltrisiken und Datenlücken festgestellt.

Um die sofortige Aufhebung der deutschen Zulassung für die Flufenacet-haltigen Herbizide Tactic und Elipris durchzusetzen, hat die DUH in einem Schreiben vom 4. Oktober das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zum sofortigen Handeln aufgefordert. Sollte das BVL dem Antrag nicht nachkommen, wird die DUH ein gerichtliches Eilverfahren zum Schutz von Mensch, Umwelt und Grundwasser einleiten. Bereits am 1. Oktober hat die DUH in einem Schreiben an die zuständige EU-Kommissarin Stella Kyriakides umgehend einen Verordnungsentwurf zur Nichterneuerung der Genehmigung sowie Notfallmaßnahmen gefordert.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Risikobewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit bestätigt, was längst offensichtlich war: Flufenacet ist eine Gefahr für unsere Gesundheit. Es erscheint nunmehr unausweichlich, dass die Kommission eine Nichterneuerungsverordnung erlässt. Bis diese in Kraft tritt, kann es aber noch dauern. Der Wirkstoff droht noch bis weit ins nächste Jahr eingesetzt zu werden – womöglich unter Gewährung komfortabler Übergangsfristen. Dazu darf es auf keinen Fall kommen. Wir fordern die zuständige nationale Behörde, das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, sowie die EU-Kommission im Sinne des Vorsorgeprinzips umgehend zum Handeln auf. Wenn nötig, müssen sofort wirksame Notfallmaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung ergriffen werden. Wir werden alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um den Einsatz der hochgiftigen Pestizide so schnell wie möglich zu stoppen.“

Die DUH hat bereits im September 2024 beim Gericht der Europäischen Union Klage wegen der Genehmigungsverlängerung von Flufenacet eingereicht und den Widerruf der Genehmigung für diesen Wirkstoff gefordert. Ein Antrag der DUH auf Überprüfung und Aufhebung der Genehmigungsverlängerung war zuvor von der EU-Kommission abgewiesen worden. Die Klagen gegen die Zulassungen der Flufenacet-haltigen Pestizide Elipris und Tactic hatte die DUH bereits im August 2023 beim Verwaltungsgericht Braunschweig erhoben.

Caroline Douhaire, Rechtsanwältin: „Das Pflanzenschutzmittelrecht verlangt, dass Pestizide in regelmäßigen Abständen anhand neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse auf ihre Risiken für Gesundheit und Umwelt überprüft werden. Bei Substitutionskandidaten wie Flufenacet ist dies von besonderer Bedeutung. Zudem ist das Vorsorgeprinzip anzuwenden. Diese Grundsätze sprechen dafür, dass die Neubewertung des Wirkstoffs Flufenacet schon vor Jahren hätte erfolgen müssen. Aufgrund der eingetretenen Verzögerung ist es umso wichtiger, dass die EU-Kommission und die nationale Zulassungsbehörde nunmehr schnell auf die Feststellungen der EFSA reagieren.“

Hintergrund:

Der Wirkstoff Flufenacet gehört zu den PFAS, sogenannte Ewigkeitschemikalien, die sich kaum in der Umwelt abbauen und in Kläranlagen nur sehr schwer aus den Abwässern entfernen lassen. Besonders besorgniserregend ist die Bildung des Abbaustoffs Trifluoressigsäure (TFA), der in alarmierenden Konzentrationen in zahlreichen Gewässern nachgewiesen wurde. TFA kann nicht durch natürliche Prozesse abgebaut werden und lässt sich nur sehr schwer bei der Trinkwassergewinnung herausfiltern. Die gesundheitliche Bewertung von TFA ist laut EFSA-Bericht noch nicht abgeschlossen. Der Wirkstoff Flufenacet wird großflächig insbesondere im Getreideanbau eingesetzt.

Die DUH führt mit fachlicher Unterstützung von foodwatch mehrere Gerichtsverfahren gegen die Zulassungen von Pestizid-Produkten unter anderem mit dem Wirkstoff Flufenacet. Diese richten sich gegen das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Es handelt sich dabei um die Herbizide Tactic der Adama Deutschland GmbH und Elipris der Corteva Agriscience Germany GmbH. Zudem laufen Verfahren gegen das glyphosathaltige Mittel Roundup PowerFlex des Herstellers Monsanto Agrar Deutschland GmbH sowie gegen das Insektizid Sherpa Duo mit dem Wirkstoff Cypermethrin (SBM Developpement SAS France).

Link:

Zur Übersicht der laufenden Pestizid-Verfahren der DUH: https://www.duh.de/projekte/pestizidklagen/

PM Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH)

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