Der beim Regierungspräsidium Stuttgart (RPS) angesiedelte Lärmschutzbeauftragte für den Flughafen Stuttgart (LSB) hat den Jahresbericht für 2023 vorgelegt. Zu den Hauptaufgaben des LSB gehören die Annahme und Bearbeitung von Fluglärmbeschwerden über den zivilen Luftverkehr am Flughafen Stuttgart ebenso wie die Erarbeitung von Vorschlägen und Verfahren zur Lärmminderung in Zusammenarbeit mit der Flugsicherung, den Luftfahrtunternehmen, dem Flughafenbetreiber sowie den betroffenen Gemeinden.
„Lärmschutz ist von großer Bedeutung, auch im Flugverkehr. Obwohl die Gesamtzahl der Fluglärmbeschwerden gesunken ist, stellen wir weiterhin eine hohe Sensibilität für das Thema Fluglärm fest, insbesondere im Nachtzeitraum. Der Lärmschutzbeauftragte für den Flughafen Stuttgart sorgt hier im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern für mehr Klarheit. Der Jahresbericht trägt zu einer objektiven Darstellung der Lärmsituation bei“, sagte Regierungspräsidentin Susanne Bay.
Die Zahl der Gesamtflugbewegungen am Flughafen Stuttgart im Jahre 2023 ist mit 93.828 Flugbewegungen um 7,2 Prozent höher als im Jahr 2022 (87.520); die der beförderten Personen lag mit 8,45 Millionen um 21 Prozent höher als im Vorjahr 2022 (6,99 Millionen).
2023 sank die Gesamtzahl aller Fluglärmbeschwerden um 45 Prozent auf 589 (2022: 1.068). Wie bereits in den Vorjahren gibt es eine geringe Anzahl an Beschwerdeführenden, die einen Großteil der Beschwerden ausmachen. So gab es im Jahr 2023 vier Vielfachbeschwerdeführende, die 54 Prozent aller Beschwerden vortrugen (2022: sechs Vielfachbeschwerdeführende, 67 Prozent). Diese Beschwerden werden, wie bereits in den vergangenen Jahren üblich, bei der Gesamtzahl der Beschwerden erfasst. Sie werden jedoch in der räumlichen Zuordnung der Beschwerden herausgerechnet, um ein unverzerrtes Bild der räumlichen Verteilung der Beschwerden zu erhalten und wiedergeben zu können. Damit kann die Betroffenheit durch Lärm klarer und objektiver analysiert werden. In der Beschwerdestatistik 2023 wurden somit 273 Fälle von 108 Beschwerdeführenden bezüglich örtlicher Herkunft und Beschwerdegrund näher betrachtet. Hauptbeschwerdegründe waren Nachtflugbetrieb und Fluglärm allgemein.
Im Fokus: Nachtflüge
Im Berichtsjahr 2023 gab es 52 (2022: 70) Beschwerden über Nachtflüge. Viele Beschwerdeführende gehen davon aus, dass am Flughafen Stuttgart ein völliges Nachtflugverbot besteht. Allerdings besteht am Flughafen Stuttgart nur eine Nachtflugbeschränkung. Danach dürfen insbesondere Verkehrsflugzeuge ab 23:00 Uhr nicht mehr starten und ab 23:30 Uhr nicht mehr regulär landen, wobei verspätete Landungen bis 24:00 Uhr zulässig sind, sofern die planmäßige Ankunftszeit vor 23:30 Uhr liegt.
Nachtluftpostflüge dürfen ausschließlich mit besonders leisen Flugzeugen durchgeführt werden. Weiterhin darf der Flughafen als Not- und Ausweichflughafen aus meteorologischen, technischen oder sonstigen Sicherheitsgründen benutzt werden. Auch Flüge von Polizei und Katastrophenschutz oder Flüge, die aus medizinischen Gründen notwendig sind, sind erlaubt. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) GmbH darf Vermessungsflüge durchführen. Zudem kann das RPS in detailliert zu begründenden Einzelfällen Ausnahmen von der Nachtflugbeschränkung zulassen, wenn dies im öffentlichen Interesse, insbesondere zur Aufrechterhaltung der Sicherheit des Luftverkehrs oder zur Vermeidung von Störungen des Luftverkehrs, erforderlich erscheint. Derartige Ausnahmen wurden vom RPS in 121 Einzelfällen gewährt (2022: 98), womit sich die Zahl der Ausnahmen wieder an das „Vor-Corona-Niveau“ annähert.
Auch werden alle Nachtflüge durch den Lärmschutzbeauftragten für den Flughafen Stuttgart auf Einhaltung der Nachtflugbeschränkung nachträglich überprüft. Dabei wurden im Jahr 2023 keine Verstöße festgestellt.
Nach der Novellierung des Postrechts beendete die Deutsche Post ihre Nachtluftpostflüge ab Stuttgart. Die Flüge von Stuttgart nach Berlin und Hannover wurden Ende März 2024 eingestellt. Im Jahr 2023 machten die Flüge der Nachtluftpost mit 62 Prozent wie jedes Jahr den Hauptanteil aller Nachtflüge aus. Folglich ist der überwiegende Teil der Nachtflüge am Flughafen Stuttgart ab April 2024 entfallen. Dies führt zu einer deutlichen Lärmentlastung in den Nachtstunden.
TEDGO-NEU
Seit dem 23. Februar 2023 testete die DFS das geänderte Abflugverfahren TEDGO_neu. Für Flugverfahren sind das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung und die DFS zuständig, nicht das RPS oder der Lärmschutzbeauftragte für den Stuttgarter Flughafen.
Der Lärmschutzbeauftragte konnte die subjektive Wahrnehmung der Bürgerschaft, die durch das neue Verfahren neu oder zusätzlich belastet wird, durch die Analyse von Beschwerden darstellen. Während des einjährigen Probebetriebes konnten dahingehend folgende Erkenntnisse gewonnen werden: Von insgesamt 305 Beschwerdeführenden wurden 7.948 Beschwerden eingereicht, die räumlich zugeordnet werden konnten. 80 Prozent (also 6.358 Beschwerden) der analysierten Gesamtbeschwerden wurden von 35 Personen eingereicht. Dabei wurden 41 Prozent (3.232 Beschwerden) durch drei Beschwerdeführende verzeichnet. Zudem konnte festgestellt werden, dass nur 53 Prozent aller Beschwerden einer tatsächlichen „TEDGO_neu“-Flugbewegung zugrunde lag. Weitere 9.389 Beschwerden kamen über ein anonymisiertes Portal und konnten räumlich nicht zugeordnet werden.
Den ausführlichen Bericht 2023 und weitere Informationen zum Thema Fluglärm können Sie auf der Internetseite des RPS beziehungsweise dem Themenportal der Regierungspräsidien Baden-Württemberg abrufen (www.rp.baden-wuerttemberg.de).
Der Lärmschutzbeauftragte für den Flughafen Stuttgart, Stefan Köhler, ist für Bürgerinnen und Bürger erreichbar unter der Telefonnummer 0711/722 49349 oder per E-Mail an lsb@rps.bwl.de.
PM Regierungspräsidium Stuttgart