HVO100, E10 und Co.: Neue Studie der Deutschen Umwelthilfe belegt erschreckende Auswirkungen von Agrokraftstoffen auf Natur und Biodiversität

  • Studie beziffert erstmals umfassend Einsatz von Pestiziden, Düngemitteln und fossiler Energie für Agrosprit
  • Agrosprit-Stopp würde beispielsweise Einsatz von Pestiziden um 24 Prozent reduzieren
  • DUH fordert Bundesregierung auf, staatliche Förderung von Agrokraftstoffen sofort zu beenden und CO2-Preis auf deren Nutzung einzuführen

Eine heute veröffentlichte Studie im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) offenbart die erschreckenden Auswirkungen des deutschen Agrosprit-Verbrauchs auf die Natur. So könnte der jährliche Einsatz von giftigen Pestiziden für den deutschen Konsum um 24 Prozent beziehungsweise knapp 10.000 Tonnen reduziert werden, wenn hierzulande kein Agrosprit mehr getankt würde. Allein mit dem weltweiten Anbau der Pflanzen für in Deutschland getankte Agrokraftstoffe verbraucht Deutschland laut Studie 27,5 Prozent seines Budgets an Stickstoff- und 24,3 Prozent seines Budgets an Phosphor-Düngern. Für Agrosprit wird zudem teils mehr fossile Energie verbraucht als am Ende entsteht: Pro Megajoule Agrodiesel werden 0,6 Megajoule fossile Ressourcen verbraucht, für Agroethanol sind es pro Megajoule sogar 1,1 Megajoule fossile Ressourcen. Die DUH fordert die Bundesregierung auf, die staatliche Förderung von Agrokraftstoffen sofort zu beenden und einen CO2-Preis auf Agrokraftstoffe einzuführen. Die Studie im Auftrag der DUH wurden vom Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) erstellt.

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die neue Studie lässt keine Zweifel daran, dass Deutschland sich mit der Förderung von HVO100, E10 und anderen Agrokraftstoffen in Scheinlösungen verrannt hat, die unserer Umwelt schaden. Die Nutzung von Agrokraftstoffen findet unter dem massiven Einsatz von fossilen Rohstoffen, Düngemitteln und Pestiziden statt und geht dadurch mit einer enormen Belastung für Biodiversität und Klima einher. Deutschland hat sich in verschiedenen Abkommen zum Erhalt der Biodiversität verpflichtet. Mit einem Beimischungsstopp von Agrokraftstoffen könnte Deutschland beispielsweise das Ziel aus dem Kunming-Montréal-Abkommen, eine Halbierung des Pestizid-Einsatzes bis 2030 zu erreichen, bereits zur Hälfte erfüllen. Die Bundesregierung muss die umweltschädliche Subventionierung von Agrosprit jetzt beenden.“

Hintergrund:

Die Studie bezieht sich auf Agrokraftstoffe, die aus Ackerpflanzen wie Raps, Mais und Palmöl hergestellt werden. Diese werden meist fossilen Kraftstoffen beigemischt und als E5, E10, B7 oder B10 verkauft, können aber auch Bestandteil des neuen Lobbyskandal-Kraftstoffs HVO100 sein. Um die Umweltauswirkungen zu bemessen, betrachtet die Studie insbesondere drei Indikatoren: Einsatz von Pestiziden, Düngemitteln und fossilen Rohstoffen.

Bei den Pestiziden orientiert sich die Studie unter anderem an den Vorgaben des Kunming-Montréal-Abkommens, wonach der jährliche Einsatz von 41.900 Tonnen auf 20.950 Tonnen bis 2030 abgesenkt werden soll. Ein Beimischungs-Stopp von Agrokraftstoffen würde den Pestizid-Einsatz in Deutschland demnach bereits um fast 24 Prozent reduzieren.

Für den Einsatz von Düngemitteln wurde ein „Budget“ zur Einhaltung der planetaren Grenzen errechnet. Dieses liegt für Deutschland bei jährlich 833.000 Tonnen Stickstoff und 100.000 Tonnen Phosphor. Vorrangig sollten damit Nahrungsmittel produziert werden. Doch die Studie zeigt: Bereits je ein Viertel des Budgets frisst der Einsatz von Agrokraftstoffen.

Für den Verbrauch an fossiler Energie wurde untersucht, wieviel sogenannte Primärenergie verbraucht wird für den Anbau der Ackerpflanzen, für die Verarbeitung zu Diesel beziehungsweise Ethanol und für den Transport des Agrokraftstoffs bis hin zur Tankstelle. Dabei wird angenommen, dass die gesamte Prozesskette auf fossilen Energien beruht, da gegebenenfalls eingesetzte Prozessreststoffe oder alternative Energieträger nicht mehr für die Allgemeinheit zur Verfügung stünden und dort dann vermehrt fossile Rohstoffe eingesetzt werden müssten.

Link:

PM Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH)

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