Der Ministerrat hat sich am Dienstag (18. Juni) mit der neuen Landeskonzeption für einen besseren Schutz von Beschäftigten im öffentlichen Dienst vor Gewalt im Arbeitsalltag befasst. „Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind das Rückgrat unseres Gemeinwesens. Leider beobachten wir seit einiger Zeit, dass sie zunehmend Hass und Hetze ausgesetzt sind. Ein Angriff gegen unsere Beschäftigten ist nicht nur ein Angriff gegen die jeweilige Person, sondern auch ein Angriff gegen unsere Gesellschaft, unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie. Daher müssen wir Hass und Hetze und jeder Art von Extremismus entschieden entgegentreten. Wir dulden nicht, dass unsere Beschäftigten zur Zielscheibe von Gewalt werden“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
„Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes leisten tagtäglich einen unverzichtbaren Beitrag für die Gesellschaft. Hierfür verdienen sie unser aller Respekt und Anerkennung – und nicht Beschimpfungen oder gar Gewalt. Wer Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter im öffentlichen Dienst bedroht, beleidigt oder körperlich verletzt, beschädigt das gesellschaftliche Klima und unser Gemeinwesen. Das nehmen wir nicht einfach hin, dagegen gehen wir mit aller Kraft vor. Mit der ressortübergreifenden Landeskonzeption ziehen wir gemeinsam an einem Strang, um künftig für einen noch besseren Schutz für die Menschen im öffentlichen Dienst zu sorgen“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl.
Die Landeskonzeption für einen besseren Schutz von Beschäftigten im öffentlichen Dienst vor Gewalt im Arbeitsalltag gibt konkrete Handlungsempfehlungen für alle Phasen von Gewaltvorfällen – das heißt für die Prävention, die Intervention und die Nachsorge.
Ziele und Inhalte der Konzeption
Die Konzeption enthält die folgenden sieben Handlungsfelder:
- Monitoring / umfassendes Lagebild zu Gewalt gegen Beschäftige im öffentlichen Dienst: Ziel ist es, Übergriffe und Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst sichtbar zu machen und Entwicklungen und Tendenzen verlässlich festzustellen.
- Entwicklung einer Präventionsdatenbank: Damit Arbeitgeber, Dienstherr und Beschäftigte schnell und auf einen Blick erfahren, welche Maßnahmen sich am besten für ihre Bedarfe eignen, sollen die Informationen künftig zentral in einer Präventionsdatenbank gebündelt vorgehalten werden.
- Behördenspezifische Krisen- und Notfallpläne: Durch einen behördenspezifischen Krisen- und Notfallplan werden den Behörden und Einrichtungen im öffentlichen Dienst klare und eindeutige Prozesse, Strukturen und Verantwortlichkeiten an die Hand gegeben. Dabei geht es um bauliche, technische, organisatorische und personelle Maßnahmen vor, während und nach einem Gewaltvorfall – etwa Maßnahmen der Ersten Hilfe, der Brandbekämpfung und der Evakuierung.
- Ansprechstellen zur Gewaltprävention: Eine zentrale und landesweite Ansprechstelle für Gewaltprävention im öffentlichen Dienst soll bei der bereits bestehenden „Zentralen Ansprechstelle für Amts- und Mandatsträgerinnen und –träger“ des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg angegliedert werden. Die Ansprechstelle soll in der Prävention und Öffentlichkeitsarbeit, der Beratung und Unterstützung von Betroffenen sowie der Netzwerkarbeit tätig sein.
- Unfallmeldung: Die Landeskonzeption hat umfangreiche Informationen zum Thema Unfallmeldung bei Gewaltvorfällen zusammengefasst. Der Arbeitgeber bzw. der Dienstherr ist angehalten, die Beschäftigten und Vorgesetzten über Regelungen zu Dienst- und Arbeitsunfallmeldungen zu informieren und die dafür notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
- Rechtliche Maßnahmen: Die zentrale und landesweite Ansprechstelle für Gewaltprävention stellt, sobald sie ihre Arbeit aufgenommen hat, Informationen in allgemeiner Form über rechtliche Möglichkeiten der Gegenwehr und Unfallfürsorge auf der zentralen Website zur Verfügung.
- Hilfsangebote: Es ist wichtig, dass Beschäftigte im öffentlichen Dienst nach einem Gewaltvorfall angemessene Unterstützung erhalten, um die Auswirkungen auf ihre Gesundheit zu minimieren und ihnen bei der Bewältigung des Vorfalls zu helfen. Hierfür sollen künftig Hilfs- und Beratungsangebote zentral auf einer Website bereitgestellt werden.
Weiterhin ist in der Konzeption eine einheitliche Definition von Gewalt gegen Beschäftigte festgeschrieben, die für den gesamten öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg gilt.
Eine Arbeitsgruppe hat in den vergangenen Monaten eine umfassende Gesamtstrategie für einen besseren Schutz von Beschäftigten im öffentlichen Dienst vor Gewalt im Arbeitsalltag erarbeitet und daraus eine einheitliche und umfassende Landeskonzeption erstellt. Beteiligt waren insgesamt 18 Akteure – darunter zehn Ministerien, die kommunalen Landesverbände, die gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen DGB und BBW-Beamtenbund Tarifunion, die Unfallkasse Baden-Württemberg und Personalvertretungen.
Zahlen zu Betroffenen
Die Polizeiliche Kriminalstatistik weist in den vergangenen fünf Jahren einen deutlichen Anstieg bei der Anzahl der Opfer von Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte aus. Im vergangenen Jahr wurden 13.581 (2022: 12.614) Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte und 328 (2022: 289) Angehörige aus dem Bereich Feuerwehr und des Rettungsdienstes Opfer von Gewalt – jeweils ein neuer Höchstwert. Gleiches gilt für die Anzahl der Opfer von Gewalt unter den sonstigen Beschäftigten im öffentlichen Dienst, welche im Jahr 2023 auf einen Höchstwert von 1.525 (2022: 1.352) Opfern angestiegen ist. Hierunter fallen beispielsweise Lehrerinnen und Lehrer, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Krankenhäusern, Jobcentern, Bürgerämtern oder Führerscheinstellen sowie kommunale Mandatsträgerinnen und Mandatsträger.
Die Landeskonzeption für einen besseren Schutz von Beschäftigten im öffentlichen Dienst vor Gewalt im Arbeitsalltag finden Sie hier.
PM Staatsministerium Baden-Württemberg