Baden-Württemberg erhält Zentrum gegen virtuelle Kriminalität

Zur gezielten und effektiven Bekämpfung von Straftaten, die sich gegen informationstechnische Systeme richten oder mittels Computer- und Informationstechnik durchgeführt werden, errichtet das Land ein staatsanwaltschaftliches Cybercrime-Zentrum.

Das Ministerium der Justiz und für Migration errichtet für Baden-Württemberg ein staatsanwaltschaftliches Cybercrime-Zentrum zur gezielten und effektiven Bekämpfung von Straftaten, die sich gegen informationstechnische Systeme richten oder mittels Computer- und Informationstechnik durchgeführt werden. Über die aktuellen Planungen hat Justizministerin Marion Gentges am Dienstag, 18. Juli 2023, das Kabinett unterrichtet. Das bei der Generalstaatsanwaltschaft in Karlsruhe angesiedelte Zentrum wird personell mit 50,5 Stellen ausgestattet sein und die landesweite Strafverfolgungszuständigkeit bei herausgehobenen Verfahren innehaben. Bereits im zweiten Halbjahr 2023 soll es seine Tätigkeit aufnehmen.

Kampf gegen Cyberkriminalität hat höchste Priorität

Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges sagte: „Die Digitalisierung von Straftaten schreitet rasant voran. Kinderpornographie, Hackerangriffe, digital durchgeführte Erpressungen und der Handel im Darknet sind zu einer ernsten Bedrohung für die Sicherheit in unserem Land geworden. Der Kampf gegen Cyberkriminalität hat höchste Priorität. Egal, wo die Cyber-Straftäter vor ihren PCs sitzen –  wir tun alles dafür, sie zu finden. Den digital agierenden Straftätern setzen wir ein personell und technisch schlagkräftiges Cybercrime-Zentrum entgegen.“

Dem neuen Cybercrime-Zentrum wird eine landesweite Strafverfolgungszuständigkeit bei (ermittlungs-) technisch besonders anspruchsvollen Verfahren der Cyberkriminalität übertragen. Für das insgesamt mit 50,5 Personalstellen ausgestattete Zentrum wurden bereits 42 Neustellen im Doppelhaushalt 2023/2024 bewilligt. Auch die bisherigen Cybercrime-Schwerpunktabteilungen bei den Staatsanwaltschaften Mannheim und Stuttgart sowie der ausschließlich koordinierend tätigen Zentralstelle bei der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart werden in die neue Stelle überführt.

„Nicht nur die Komplexität und grenzüberschreitenden Dimensionen, sondern vor allem auch der zunehmende Einsatz von Verschlüsselungstechnologie stellen die Strafverfolgungsbehörden vor besondere Herausforderungen. Im Cybercrime-Zentrum werden deshalb nicht nur Juristen, sondern auch IT-Forensiker arbeiten, die mit ihrer technischen Expertise die Staatsanwälte unterstützen. Durch eine IT-fachliche Beratung ist es möglich, in den konkreten Verfahren bestehende Ermittlungsoptionen auszuschöpfen und weitergehende Ermittlungsansätze zu entwickeln,“ so Marion Gentges weiter. Darüber hinaus solle das Zentrum auch die Kooperation zwischen den im Bereich der Cybersicherheit tätigen Akteure auf Landes-, Bundes- und internationaler Ebene weiter verbessern.

Unter dem Begriff Cybercrime werden Straftaten erfasst, die sich gegen das Internet, andere Datennetze und informationstechnische Systeme richten (Cybercrime im engeren Sinne) oder die wesentlich mittels Computer- und Informationstechnik durchgeführt werden (Cybercrime im weiteren Sinne). In den vergangenen Jahren sind die Cybercrime-Fallzahlen in Baden-Württemberg kontinuierlich gestiegen und haben sich von 23.138 im Jahr 2017 auf 50.061 im Jahr 2022 mehr als verdoppelt (+116 Prozent). Im Bereich des Cybercrime im engeren Sinne ist eine Steigerung des Fallaufkommens um 58 Prozent festzustellen.

Ein besonderer Schwerpunkt des Cybercrime machen die Verbreitung, der Erwerb und der Besitz kinder- und jugendpornographischer Inhalte nach §§ 184b, 184c StGB aus. Derartige Straftaten werden zwischenzeitlich zum ganz überwiegenden Teil über das Internet und die sozialen Medien begangen. Die Zahl der genannten Delikte ist ausweislich der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) seit 2017 insgesamt deutlich gestiegen:

Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung kinderpornographischer Inhalte, § 184b StGB Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung jugendpornographischer Inhalte, § 184c StGB
2017 624 195
2018 843 317
2019 1.434 301
2020 2.416 389
2021 4.873 575
2022 4.402 722

Alleine das Hinweisaufkommen zu Fällen von Kinder- und Jugendpornographie des US-amerikanischen „National Center for Missing and Exploited Children“ (NCMEC), das eng mit Anbietern wie Google, Facebook oder Microsoft kooperiert, ist für Baden-Württemberg von 680 Hinweisen im Jahr 2018 um 1.024 Prozent auf 7.767 Hinweise im Jahr 2022 angestiegen. Viele dieser Fälle sind polizeilich noch nicht abschließend bearbeitet und fanden deshalb bislang noch keinen Eingang in die Polizeiliche Kriminalstatistik.

PM Ministerium der Justiz und für Migration 

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