Heute hat das Kabinett die Biogasstrategie des Landes beschlossen, die das Ministerium ländlicher Raum entworfen hat. Sie soll Optionen aufzeigen, wie die bestehenden Biogasanlagen nach Auslaufen der Förderung weiterbetrieben werden können und wie Geschäftsmodelle für weitere Anlagen geschaffen werden können. Die baden-württembergischen Umweltverbände LNV, BUND und NABU sehen die Strategie kritisch. Die gemeinsame Kritik der Verbände: Aktuelle Biogasanlagen sind ineffizient, schlecht für kleine Landwirtschaftsbetriebe und in der Regel ein Treiber der Artenkrise.
Gerhard Bronner, Vorsitzender des Landesnaturschutzverbands, sagt dazu: „Die Biogasnutzung auf der Basis von Anbaubiomasse – zumeist ohne sinnvolle Wärmenutzung – ist schlecht für die Natur. Denn sie hat in großem Umfang zu Grünlandumbruch und zur Zerstörung von Biotopen geführt.“
Konkurrenz um Flächen
Zudem bemängeln die Verbände, dass die Biogasnutzung die Konkurrenz um landwirtschaftliche Flächen extrem verschärft hat. „Landwirt*innen, die keine Energie produzieren, können sich in manchen Regionen dadurch die Pachtpreise nicht mehr leisten. Außerdem wird es so immer schwerer, Flächen für Pflichtaufgaben wie die Gewässerentwicklung und den Biotopverbund zu finden“, kritisiert die BUND-Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch.
„Im Vergleich zu anderen regenerativen Energien ist die Gewinnung von Biogas extrem ineffizient und im Vergleich mit Strom aus Wind und Solartechnik sehr viel teurer. Biogasanlagen brauchen 40-mal so viel Fläche wie Photovoltaikanlagen, um die gleiche Menge an Strom zu erzeugen“, erläutert der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle. Perspektivisch müsse PV daher Biogas ersetzen. „An sonnen- und windreichen Tagen kann der Energieüberschuss genutzt werden, um grünen Wasserstoff zu produzieren. Dieser dient als Energiespeicher oder wird für andere Zwecke genutzt, bei denen auf Wasserstoff als Energieträger nicht verzichtet werden kann.“
Reststofffe statt Energiepflanzen
Von der sinnvollen Nutzung von Reststoffen wie Gülle, Festmist und Ernteresten habe sich die Biogaserzeugung weit entfernt, so die Verbände. Mais- und Grassilage brächten einfach mehr Energie und dank hoher Einspeisevergütungen auch Gewinne für den Betreiber. Da es mittelfristig notwendig sein wird, einen gewissen Anteil am Mix der Erneuerbaren Energien durch Biogas zu decken, ist ein Richtungswechsel unumgänglich: Statt auf landwirtschaftlichen Flächen extra Energiepflanzen anzubauen, müssen aus Sicht der Verbände verstärkt ohnehin vorhandene Reststoffe wie Bioabfälle und Gülle erschlossen und energetisch verwertet werden. „Ein Weiterbetrieb von Biogasanlagen ist nur dann akzeptabel, wenn das Gas aus Reststoffen stammt und eine umfassende Wärmenutzung in angeschlossenen Wärmenetzen erfolgt. Weil damit aber nur ein Bruchteil der vorhandenen Anlagen betrieben werden kann, sollten alle anderen Anlagen nach Auslaufen der Förderung schließen“, fordern die Umweltverbände. Geradezu absurd sei die Idee, die Biogasnutzung noch auszubauen, wenn man im letzten Jahr in Europa mit Hinweis auf die angeblich gefährdete Welternährung die dringend nötige Ökologisierung aufgeschoben hat.
Das einzige Positive, dass die Verbände der Biogasstrategie abgewinnen können: Sie ist nicht mit Geld hinterlegt und werde deshalb weitgehend wirkungslos bleiben. Doch damit würden bei Landwirt*innen Hoffnungen geweckt, die dann nicht erfüllt werden können.
PM Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg e.V