Das baden-württembergische Kabinett hat heute (10.5.) die ÖPNV-Strategie 2030 des Landes verabschiedet. Der BUND Baden-Württemberg lobt die Maßnahmen, sieht aber auch einige Defizite.
„Klimaschutz im Verkehr ist möglich. Das legt die heute vom Kabinett verabschiedete ÖPNV-Strategie 2030 eindrücklich dar und dafür verdient sie unser Lob. Die Strategie belegt, dass eine Verdopplung des Öffentlichen Personennahverkehrs bis 2030 möglich ist und dass Bahnen und Busse als Ersatz für das Auto einen sehr großen Beitrag zur Erreichung des 1,5 Grad-Ziels des Pariser Klimavertrags leisten können. Nun müssen die von der Kommission vorgeschlagenen 130 Maßnahmen auch zügig in die Praxis umgesetzt werden“, kommentiert Martin Bachhofer, Landesgeschäftsführer des BUND Baden-Württemberg, das vorgestellte Handlungspaket.
Kernaufgaben für die Landesregierung
Der BUND-Landesgeschäftsführer sieht vor allem drei Kernaufgaben der Landesregierung. „Um das Angebot an Bahnen und Bussen landesweit entsprechend der vorgeschlagenen Mindeststandards und der angestrebten Mobilitätsgarantie auszuweiten, muss der ÖPNV zu einer gesetzlichen Pflichtaufgabe der Kommunen werden. Damit diese nicht von der Kassenlage abhängt, brauchen wir parallel dazu neue Finanzierungsformen für den ÖPNV. Gelder müssen vom Straßenbau in den ÖPNV umgeschichtet werden. Schnellstmöglich muss auch ein Mobilitätspass eingeführt werden“, fordert Martin Bachhofer.
„ÖPNV heißt Nachrang für das Auto“
Ausdrücklich begrüßt der BUND, dass der ÖPNV nach der Strategie Vorrang vor dem Autoverkehr erhalten soll. „Nur mit push- und pull-Maßnahmen kann die Mobilitätswende gelingen. Vorrang für den ÖPNV heißt Nachrang für das Auto, eine Neuaufteilung der Straßenflächen zugunsten von Bussen und Bahnen sowie Ampelbevorrechtigung für den ÖPNV, damit die Verkehrswende zum Klimaschutz beitragen kann“, erklärt Martin Bachhofer.
Dennoch greifen aus Sicht des BUND die in der ÖPNV-Strategie vorgesehenen Maßnahmen zu kurz. „Geschwindigkeitsbegrenzungen für den Autoverkehr sind eine schnell wirksame Maßnahme für den Klimaschutz und wurden trotzdem nicht in das Handlungspaket aufgenommen. Ein größeres Defizit in der Strategie sehen wir auch im Fehlen einer Auseinandersetzung mit Fragen des überörtlichen Straßenbaus. Fälschlicherweise ausgeklammert bleibt das Spannungsfeld zwischen dem Ausbau des ÖPNV auf der einen Seite und dem Ausbau des überörtlichen Straßennetzes im Zuge der Bundesfern- und Landesstraßen auf der anderen Seite. Denn vor allem in den ländlich geprägten Regionen sowie im einströmenden Autoverkehr in die Ballungszentren stehen viele Aus- und Neubaumaßnahmen im Straßennetz in direkter Konkurrenz zum ÖPNV, insbesondere des Schienenpersonennahverkehrs“, betont Bachhofer.
Siedlungen und Nahverkehr zusammen planen
Das größte Defizit der Strategie sieht der BUND im Fehlen eines Handlungsfeldes „ÖPNV-affine Siedlungsentwicklung“. „Wir beobachten mit Sorge, dass vor allem in den ländlichen Regionen eine disperse Siedlungsentwicklung – in Form von ausufernden Einfamilienhausgebieten an den Ortsrändern, städtebaulich nicht integrierten neue Wohn- und Gewerbegebiete – stattfindet, die durch den ÖPNV nicht attraktiv und schon gar nicht wirtschaftlich bedient werden kann. Damit die ÖPNV-Strategie 2030 tatsächlich flächendeckend und nicht nur in urbanen Räumen ihre volle Wirkung entfalten kann, ist landesweit eine integrierte Siedlungs- und ÖPNV-Planung unverzichtbar“, fordert der BUND-Landesgeschäftsführer.
Weitere Informationen:
PM des Verkehrsministeriums zu ÖPNV-Strategie 2030 (10.5.22) | ||
Webseite des BUND Baden-Württemberg zu Mobilität |
BUND-Broschüre „Mobiles Baden-Württemberg“ |
PM Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg