Jahresbilanz des Kampfmittelbeseitigungsdienstes 2021: 21 Bomben entschärft, 25 Tonnen Kampfmittel gefunden und vernichtet – 18.500 Waffen und fast sieben Tonnen Munition vernichtet

„Durch Kampfmittelfunde aus den beiden Weltkriegen und daraus resultierende Bombenentschärfungen werden wir immer wieder an die beiden Weltkriege erinnert. Wie schrecklich Krieg ist, müssen wir nun aber leider gerade mitten unter uns in Europa durch Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine erleben“, sagte Regierungspräsidentin Susanne Bay anlässlich der Veröffentlichung der Jahresbilanz 2021 des Kampfmittelbeseitigungsdiensts (KMBD) Baden-Württemberg, der im Regierungspräsidium Stuttgart angesiedelt ist.

Der KMBD war auch 2021 wieder in ganz Baden-Württemberg im Einsatz. Beispielsweise um 21 Bomben mit einem Gewicht von mindestens 50 Kilogramm zu entschärfen. Das waren 50 Prozent mehr als im Vorjahr (2020: 14). „Die Mitarbeitenden des Kampfmittelbeseitigungsdiensts Baden-Württemberg leisten einen wichtigen Dienst für die Bürgerinnen und Bürger im Land und deren Sicherheit. Das tun sie mit einem hohen Maß an Professionalität und einem enormen Fachwissen“, erklärte die Regierungspräsidentin.

Oft müssen für Entschärfungen hunderte oder gar tausende Menschen ihre Wohnungen verlassen, Geschäfte für einige Stunden geschlossen, Straßen und Schienenwege gesperrt werden. Für Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und KMBD sind das Großeinsätze – und für die Bürgerinnen und Bürger meist der einzige Anlass, bei dem sie den KMBD wahrnehmen. Sonst läuft die Arbeit der Spezialistinnen und Spezialisten von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt ab. Insgesamt 914 Mal (2020: 961) mussten sie im vergangenen Jahr ausrücken, um sogenannte Fundmunition zu bergen und abzutransportieren – oder um sie vor Ort zu sprengen. 25.174 Kilogramm Kampfmittel wurden so aus Böden und Gewässern entfernt und einer ordnungsgemäßen Vernichtung zugeführt (2020: 24.700 Kilogramm). Insgesamt suchte der KMBD im Jahr 2021 Flächen von rund 58.650 Quadratmeter nach Kampfmitteln ab. Das entspricht der Größe von etwa acht Fußballfeldern.

Kampfmittel und Munition aus den beiden Weltkriegen befinden sich immer noch auf Grundstücken, in Wäldern und in Flüssen. Wenn Bürgerinnen und Bürger Munition, Granaten oder Ähnliches finden, sollten sie bitte sofort die Polizei über die Notrufnummer 110 verständigen. „Fassen Sie die Fundmunition nicht an, bewegen Sie sie nicht, und nehmen Sie sie schon gar nicht mit. Die KMBD-Spezialistinnen und Spezialisten sind rund um die Uhr verfügbar und übernehmen den Abtransport und die Vernichtung schnell und professionell“, so Bay.

Neben der Gefahr, die von den Weltkriegsbomben ausgeht sowie den Herausforderungen einer Bombenbergung darf auch die Gefahr, die von Kleinmunition wie Granaten oder Patronen ausgeht, nicht unterschätzt werden. Gerade solche Munition wurde vielfach in den Kampfhandlungen der Weltkriege verwendet. Sie kann ein unvorhersehbares Risiko bergen und wird mit den Jahren im Boden oder in Gewässern immer gefährlicher und unsicherer in der Handhabung, sodass sie für die meisten Unfälle bei der Kampfmittelräumung sorgt.

„Über 75 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs ist die Arbeit des Kampfmittelbeseitigungsdienstes Baden-Württemberg weiterhin unverzichtbar und verdient Anerkennung und Respekt. Dies gilt ebenso für die Arbeit von Polizei, Feuerwehr und Hilfsorganisationen. Sie alle arbeiten professionell Hand in Hand. Ich danke allen Beteiligten für die reibungslose Zusammenarbeit. Neben den hauptamtlichen Kräften gilt mein Dank den vielen Ehrenamtlichen, die zum Wohle unseres Gemeinwesens in solchen Ausnahmesituationen ihren Dienst verrichten“, erklärte die Regierungspräsidentin.

Waffenvernichtung als wichtige Aufgabe

Eine weitere wichtige Aufgabe des KMBD ist die Vernichtung von Waffen und Munition, die den KMBD hauptsächlich über die Polizeidienststellen und Waffenbehörden im Land erreichen. Dabei handelt es sich um Gegenstände, die bei den Behörden abgegeben oder von diesen eingezogen wurden. 2021 kamen so über 26 Tonnen Waffen (genau 26.370 Kilogramm) zusammen (2020: 25.986 Kilogramm Waffen); das entspricht etwa 18.500 Waffen und anderen Gegenständen, die unter das Waffengesetz fallen. Hinzu kamen fast sieben Tonnen Munition (genau 6.876,44 Kilogramm; 2020: 5.304,23 Kilogramm).

Die Luftbildauswerterinnen und Luftbildauswerter des KMBD waren 2021 ebenfalls wieder gut beschäftigt. Mithilfe von über 116.000 Luftbildern der Alliierten konnten sie 1.401 Luftbildauswertungen durchführen und so den Bauherrinnen und Bauherren sowie Bauunternehmen, Ingenieurbüros und Kommunen Auskunft darüber geben, ob auf den untersuchten Flächen mit dem Auffinden von Kampfmitteln zu rechnen ist oder nicht. Insgesamt gingen im Jahr 2021 1.581 solcher Anträge beim KMBD ein (2020: 1.540).

Hintergrundinformationen:

Im zweiten Weltkrieg wurden etwa 1,35 Millionen Tonnen Munition auf das Gebiet des damaligen Deutschen Reiches abgeworfen. Alleine auf das Land Baden-Württemberg entfielen rund 100.000 Tonnen Abwurfmunition. Hiervon detonierten etwa 10 bis 15 Prozent nicht, sodass noch viele Bombenblindgänger in Baden-Württembergs Böden und Gewässern zu vermuten sind. Um diese Gefahren zu beseitigen, unterhält das Land Baden-Württemberg beim Regierungspräsidium Stuttgart den Kampfmittelbeseitigungsdienst (KMBD), der für das gesamte Landesgebiet zuständig ist, um aufgefundene Kampfmittel zu bergen, entschärfen und vernichten.

Blindgänger – also Kampfmittel aus dem zweiten Weltkrieg wie Granaten, Patronen, Minen oder auch Bomben, die unter anderem über den Industriezentren Baden-Württembergs wie Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe, Heilbronn, Friedrichshafen und Ulm abgeworfen wurden, aber nicht detoniert sind, stellen bis heute eine erhebliche Gefährdung für die Bevölkerung dar. Wann immer Blindgänger gemeldet werden oder Bauvorhaben auf Geländen anstehen, die über die Luftbildauswertung als besonders gefährdet gelten, kommt der KMBD zum Einsatz.

Die Spezialistinnen und Spezialisten des KMBD sind rund um die Uhr verfügbar und übernehmen den Abtransport und die Vernichtung schnell und professionell – und ohne Kosten für Finderinnen und Finder beziehungsweise Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer. Durch die voranschreitende Materialermüdung der Kampfmittel (Zünderteile, Sprengstoffe usw.) nimmt das Gefahrenpotenzial und das Risiko der Selbstdetonationen zu. In diesen Fällen ist es erforderlich, dass das Kampfmittel vor Ort gesprengt wird. Hier sind dann umfangreiche Absperrungen und Evakuierungen notwendig, um die Sprengung ohne Gefährdung Dritter durchzuführen.

1946 wurden erstmals Sprengkommandos eingesetzt, die mit Fachleuten besetzt waren und so eine fachgerechte Beseitigung der Munition gewährleisteten. Hieraus entstand der KMBD. Zum 1. Mai 1971 wurde die Zuständigkeit auf das Regierungspräsidium Stuttgart übertragen. Das dortige Referat 16 ist zuständig für alle vier Regierungsbezirke – und somit für ganz Baden-Württemberg. Der Einsatzbereich reicht von der Entschärfung von Kampfmitteln über die Beförderung geborgener Kampfmittel bis hin zur Vernichtung und der anschließenden Verwertung des angefallenen Materials. Die Einlagerung der geborgenen Munition erfolgt, bis zur endgültigen Vernichtung, im Munitionslager des KMBD.

Nicht alle Bomben lassen sich entschärfen. Dies betrifft vor allem Bomben mit sogenannten Langzeitzündern. Derartige Bomben werden dann kontrolliert zur Detonation gebracht. Neben der Entschärfung von Bomben und der Vernichtung der Kriegsmunition kümmert sich der KMBD auch um die Vernichtung von abgegebenen Waffen, deren Munition und verbotene Gegenstände nach dem Waffengesetz. Ein Großteil der zu vernichtenden Waffen wurde freiwillig von Bürgerinnen und Bürgern bei den Polizei- oder Waffenbehörden abgegeben. Die gesammelten Waffen werden vom KMBD in eigenen Vernichtungsöfen ausgebrannt und anschließend zur Einschmelzung verbracht.

Derzeit sind 32 Mitarbeitende beim KMBD beschäftigt – darunter acht Feuerwerkerinnen und Feuerwerker, dreizehn Munitionsarbeiter und sechs Luftbildauswerterinnen und -auswerter. Bis zu acht Teams rücken täglich aus, um Blindgänger und Munition des zweiten Weltkrieges zu bergen. Ein Rufbereitschaftsdienst stellt die Einsatzfähigkeit rund um die Uhr an Wochenenden und Feiertagen sicher. Leiter des KMBD ist Ralf Vendel, sein Stellvertreter ist Mathias Peterle.

Informationen zum KMBD finden Sie auch online auf der Internetseite der Regierungspräsidien. Dort können Sie auch das Informationsfaltblatt „Maßnahmen und Verhaltensregeln beim Auffinden von Fundmunition“ abrufen.

 

PM Regierungspräsidium Stuttgart

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