Wenn es Nacht wird, gehen überall die Lichter an: Straßenlaternen, Autoscheinwerfer, Leuchtreklame oder leuchtende Spots auf historische Gebäude und Denkmäler. Für nachtaktive Insekten können solche Lichtquellen zu Todesfallen werden. Heute (22. Juli) jährt sich die Verabschiedung des Biodiversitätsstärkungsgesetzes durch das baden-württembergische Parlament. Darin hat sich die Landesregierung zum Schutz der heimischen Insekten verpflichtet. Durch die Neuregelung ist die Fassadenbeleuchtung an Gebäuden im Besitz des Landes und den Kommunen in den Sommermonaten nicht mehr möglich. Doch es gibt bereits Ausnahmen. Der BUND startet deshalb die Aktion „Licht aus – für unsere Insekten“ und bittet Bürger*innen, beleuchtete öffentliche Gebäude zu melden.
„Das Biodiversitätsstärkungsgesetz war ein wichtiger Schritt, das Artensterben aufzuhalten. Doch viele der Rathäuser, Schlösser, Klöster oder Schulen werden weiter beleuchtet. Um das gewaltige Insektensterben zu bremsen, fordert der BUND Baden-Württemberg ein Umdenken in Sachen Beleuchtung und ein klares Bekenntnis der Regierung und der Kommunen zu den gesetzten Zielen. Das Abschalten der Fassadenbeleuchtung müssen sie konsequent umsetzen. Die Kommunen sind außerdem gefragt, ihre Straßenbeleuchtung, wie vom Gesetz gefordert, insektenverträglich zu gestalten“, so Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg.
Licht zur falschen Zeit hat Folgen
Licht zur falschen Zeit hat dramatische Auswirkungen auf Insekten. Ihr Fortpflanzungsverhalten wird gestört, sie verlieren die Orientierung oder sterben an Erschöpfung. Weniger Insekten bedeuten auch weniger Futter für Vögel und Fledermäuse. Auf Druck des Volksbegehren Artenschutz – „Rettet die Bienen“ beschloss die Landesregierung im Biodiversitätsstärkungsgesetz, die Lichtbelastung zu reduzieren. Seit April 2021 gelten nun neue Vorschriften zur Beleuchtung von Gebäuden der öffentlichen Hand.
Beleuchtung: Ausnahmen müssen Ausnahmen bleiben
Für mehr als die Hälfte der Schlösser und Klöster, die sich im Besitz des Landes befinden, wurden bereits Ausnahmeanträge nach Vorgabe von Paragraf 21 des Naturschutzgesetzes gestellt. Wie viele Ausnahmen es tatsächlich sind, ist nicht klar. „Die Behörden haben für viele der Bauwerke die Ausnahmen bereits genehmigt. So werden die Ausnahmen still und heimlich zur Regel und das Ziel, die Insekten zu schützen, wird verfehlt“, so Pilarsky-Grosch. „Der BUND fordert, dass Ausnahmen wirklich Ausnahmen bleiben und das Land mit gutem Beispiel vorangeht.“
Mitmach-Aktion: Gebäude melden
Der BUND möchte es genauer wissen und ruft Bürger*innen dazu auf, beleuchtete Gebäude der öffentlichen Hand zu melden. Spaziergänger*innen können angestrahlte öffentliche Gebäude mit Foto und Standort beim BUND melden. „Nutzen Sie jetzt die milden Temperaturen für einen Abendspaziergang und halten Sie die Augen offen. Die Regelung gilt beispielsweise für Denkmäler, Rathäuser, Schlösser, Burgen, Klöster und Ruinen. Aber auch Stadtmauern, Stadttürme oder andere Anlagen, die nicht im privaten Besitz sind. Sie können mit Ihrem Smartphone ein Foto machen und diese einfach per E-Mail oder Messenger-Dienst beim BUND einreichen“, sagt Dominic Hahn, Naturschutzreferent beim BUND Baden-Württemberg.
Tipp zur naturfreundlicheren Beleuchtung
Und noch einen ganz praktischen Tipp hat der Naturschutz-Referent: „Die gute Nachricht ist: Kaum ein Problem kann so einfach reduziert werden wie die Lichtverschmutzung. Kommunen und auch Bürger*innen haben es hier selbst in der Hand, zu insektenverträglichen Beleuchtungsanlagen zu wechseln oder überflüssige Leuchten abzuschalten. Wer mit bernsteinfarbenen LEDs und reduzierter Helligkeit beleuchtet, schont die Umwelt doppelt: Das spart Strom und schützt die heimischen Tiere und Pflanzen“, so Hahn.
Hintergrund: Jährlich nimmt die nächtliche Beleuchtung in Deutschland laut Studien um sechs Prozent zu, auch in Baden-Württemberg. Licht zur falschen Zeit hat gefährliche Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen. Etwa die Hälfte der in Deutschland vorkommenden Insekten sind nachtaktiv und viele davon sind gefährdet. Straßenlaternen und Gebäudestrahler ziehen diese an, wodurch die Tiere an Erschöpfung verenden oder ihre Orientierung verlieren. So können sie auch nicht mehr als Futterquelle für Vögel oder Fledermäuse dienen. Außerdem zerschneiden beleuchtete Straßenzüge die Nachtlandschaft, wodurch die Fortpflanzung, die Wanderung und der genetische Austausch bei nachtaktiven Tieren verhindert wird.
Die Gesetzesnovelle im Sommer 2020 wurde durch das Volksbegehren Artenschutz „Rettet die Bienen“ angestoßen, an dem der BUND neben anderen Natur- und Verbraucherschutzverbänden beteiligt war.
PM Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg e.V.