Unermüdliche Kämpferin und Anwältin für Natur und Umwelt, Streiterin für bessere Bürgerbeteiligung, kluge politische Strategin und Naturliebhaberin – Brigitte Dahlbender hat viele Facetten. Seit 24 Jahren steht sie an der Spitze des BUND Baden-Württemberg. Wie kaum eine andere Person der Zivilgesellschaft hat sie die Nachhaltigkeits-, Umweltschutz- und Naturschutzpolitik in Baden-Württemberg beeinflusst und weiterentwickelt. Auch innerhalb des Verbandes stellte sie die Weichen in Richtung Modernisierung und Professionalisierung. Dahlbender gab am 24.4. bei der Landesdelegiertenversammlung in Bad Boll ihr Amt ab. Über ihre Nachfolge wird am Sonntag per Wahl entschieden.
Ralf Stolz, BUND-Hauptgeschäftsführer, hat Brigitte Dahlbender über 30 Jahre lang zunächst beim BUND in Ulm und dann auf Landesebene begleitet. Bei der Landesdelegiertenversammlung 2021 sagt er in seiner Dankesrede: „Brigitte Dahlbender war fast ein Vierteljahrhundert das Gesicht des BUND Baden-Württemberg. Von der Kommunal- bis hin zur Landespolitik hat sie sich erfolgreich für Natur- und Umweltschutz, Nachhaltigkeit und das Allgemeinwohl eingesetzt. Ohne ihren Kampfgeist, ihren Mut, ihre Kompetenz und ihr Durchhaltevermögen hätte es wichtige Errungenschaften in der Umwelt- und Naturschutzpolitik in Baden-Württemberg nicht gegeben.“
Umweltminister Franz Untersteller sagt in seiner Rede bei Dahlbenders Verabschiedung in Bad Boll: „Brigitte Dahlbender hat den BUND im Land ein Vierteljahrhundert lang maßgeblich geprägt und bedeutsamen Einfluss auf die Umweltpolitik in Baden-Württemberg genommen. Mit ihr geht ein Stück Umweltgeschichte.“
Dahlbender engagierte sich in zahlreichen Feldern der Politik und des Umweltschutzes. „Besonders am Herzen lagen mir in all den Jahrzehnten der Erhalt natürlicher Ressourcen, eine nachhaltige Stadtentwicklung und Raumordnung, der Einsatz für den Klimaschutz und die Biodiversität sowie für Nachhaltigkeit“, so die langjährige Landeschefin. Darüber hinaus setzte sie sich für verbesserte Bürgerbeteiligung und die sozial-ökologische Transformation in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft ein.
Meilensteine: Antiatom, S 21, dageGEN, CETA und TTIP, Rettet die Bienen
Meilensteine ihrer Laufbahn waren in den 1990ern das ungebrochene Engagement des BUND in der Anti-Atom-Bewegung und später deren Erfolg beim Ausstieg aus der Atomenergie. Politisch außergewöhnlich waren ihre Rollen bei der Faktenschlichtung von Stuttgart21 und als Sprecherin des Aktionsbündnisses Gegen Stuttgart21. 2013 initiierte sie die erfolgreiche BUND-Kampagne dageGEN. Seitdem ist Baden-Württemberg durch Neuregelungen im Naturschutzgesetz faktisch gentechnikfrei. 2016 und 2017 kämpfte sie mit dem BUND gegen TTIP und CETA. Sie war eine von vier Sprecher*innen des Volksbegehren Artenschutz – „Rettet die Bienen“, das zum bundesweit fortschrittlichsten Gesetz zum Schutz der Biodiversität geführt hat.
„Egal ob Flächenschutz und Stadtentwicklung, Energie- und Mobilitätswende, Luftreinhaltung oder Klima- und Artenschutz – als promovierte Biologin und Geografin kennt sie sich bestens in nahezu allen BUND-Themen aus und konnte ihre Expertise von der örtlichen bis zur Landesebene einbringen“, so Stolz. „Brigitte Dahlbender hat unermüdlich für den Arten- und Biotopschutz, den Atomausstieg, Klimaschutz und nachhaltige Mobilität sowie gegen das unsinnige Projekt Stuttgart 21 und gegen den Einsatz der grünen Gentechnik in der Landwirtschaft gekämpft. Dafür sagen wir Danke.“<
Viele Facetten und Funktionen
In ihren acht Amtszeiten als BUND-Landesvorsitzende hat sie in vielen politischen und gesellschaftlichen Funktionen gearbeitet und die Belange von Umwelt- und Naturschutz durchgesetzt. Die Wahl-Ulmerin ist beispielsweise Stellvertreterin von Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Nachhaltigkeitsbeirat der Landesregierung. Zudem ist sie Mitglied des Kuratoriums Nationale Stadtentwicklungspolitik beim Bundesumweltministerium. Die Sozialdemokratin war von 2014 bis 2019 Stadträtin und 16 Jahre lang Schöffin am Ulmer Landgericht. Als einzige Akteurin der Zivilgesellschaft vertritt sie den BUND seit 2017 in dem von der Landesregierung initiierten Strategiedialog der Automobilwirtschaft. Die Trägerin des Landesverdienstordens ist seit 2015 Mitglied im SWR-Rundfunkrat und dort seit 2020 Vorsitzende des Programmausschusses „Information“.
Anfänge: 1990 kam Dahlbender zum BUND
Brigitte Dahlbender kam 1955 in Köln zur Welt und wuchs dort auf. Die Mutter von heute zwei erwachsenen Kindern zog 1990 an den Ulmer Ortsrand. „Ein Bauer spritzte Pestizide, ungeachtet der Windrichtung. Meine Kinder saßen im Sandkasten in einer Chemikalienwolke. Die einzige sachverständige Antwort auf Frage, ob man sich dagegen wehren kann, kam vom BUND“, erinnert sich Dahlbender. Der damalige Regionalvorsitzende lud Dahlbender zu einer Vorstandssitzung ein. Schon ein halbes Jahr später wurde sie Kreisvorsitzende des BUND Ulm und 1997 wurde Dahlbender die dritte Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg. Von 2001 bis 2007 war sie auch stellvertretende Bundesvorsitzende.
Den Verband vorangebracht
Nicht nur die Umwelt- und Naturschutzpolitik, auch den Verband hat Brigitte Dahlbender verändert und modernisiert. „Mit Brigitte Dahlbender hat sich der BUND zu einem professionellen und durchsetzungsstarken Verband entwickelt. Mit untrüglichem Gespür hat sie wichtige politische Themen erkannt und gesetzt, Verbandsstrukturen weiterentwickelt und eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit eingeführt“, , sagt Kai Baudis, stellvertretender Landesvorsitzender des BUND, der Brgitte Dahlbender die BUND-Medalle in Gold verleiht und sie zur Ehrenvorsitzenden ernennt. „Der BUND hat sich in Baden-Württemberg mit Dahlbender zu einem verlässlichen und kundigen Fachexperten für Politik und Medien entwickelt. Für ihre herausragende Leistung und Leidenschaft bedanke ich mich im Namen des gesamten Verbandes.“
Umwelt- und Naturschutz: seit den 1990ern hat sich einiges getan
Brigitte Dahlbender zieht in ihrer Abschiedsrede positive Bilanz über die Arbeit des BUND in den vergangenen Jahrzehnten: „Mit unserer Arbeit konkret vor Ort sowie in der Politikberatung auf Landesebene haben wir wesentlich zur Bewusstseins- und Ideenbildung in Sachen Nachhaltigkeit, Arten- und Klimaschutz in unserem Land beigetragen. Durch den mit dem Volksbegehren Artenschutz – „Rettet die Bienen“ erzielten Kompromiss hat Baden-Württemberg das nun fortschrittlichste Naturschutzgesetz in Deutschland. Ich bin froh, dass ich meine Arbeit mit diesem großen Erfolg beenden kann.“
Seit den 1990er Jahren hat sich – so Dahlbender – einiges in der Gesellschaft und Politik in Sachen Umwelt- und Naturschutz getan. „Es gab einen enormen Aufschwung in Baden-Württemberg. Doch das reicht nicht. Wir stehen vor der Herkulesaufgabe, die Klima- und Biodiversitätskrise in den Griff zu bekommen. Unsere Erde kann unseren Lebensstil nicht mehr (er-)tragen. Wir produzieren und konsumieren zu viel, reisen zu viel und verbrauchen zu viele Rohstoffe und natürliche Flächen. Der BUND muss und wird sich auf allen Ebenen der Politik und Wirtschaft noch stärker für eine sozial-ökologische Transformation einsetzen.“
Danke! Die Kraft der Zivilgesellschaft
Die BUND-Landeschefin dankt abschließend auch den Ehrenamtlichen und den Mitarbeiter*innen im Verband: „Ohne das Engagement und die fachliche Expertise der Mitarbeiter*innen wären die Erfolge der vergangenen Jahrzehnte nicht zu erreichen gewesen. Mein persönlicher Dank geht auch an die Ortsgruppen und Tausenden Ehrenamtlichen, die die Umwelt- und Naturschutzpolitik des Verbandes ins ganze Land getragen und praktisch umgesetzt haben. Die Kraft der Zivilgesellschaft vermag es, Veränderungen zu initiieren und langfristig zu etablieren. Ohne die Aktiven stünde es um Umwelt- und Naturschutz schlecht.“
Brigitte Dahlbender, die Biologin und Geografin, Mutter und Großmutter, politische Strategin, Naturschützerin und unerbittliche Kämpferin, geht nach insgesamt 31 Jahren beim BUND mit 66 Jahren in den Ruhestand. „Der BUND bleibt auch nach meinem Abschied meine politische Heimat. Ich werde mich weiter engagieren für mehr Natur- und Umweltschutz und einen sozial-ökologischen Wandel. Wir haben nur diesen einen Planeten. Wir müssen ihn schützen.“
PM Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg e.V.