Sehr geehrte Damen und Herren,
die Lage ist ernst. Sehr ernst.
Wir haben einen Höchststand an Neuinfektionen.
Und einen Höchststand an Verstorbenen.
Das exponentielle Wachstum ist zurück.
Das Virus ist stärker denn je.
Diese Woche ist die Zahl Neuinfizierten hochgeschnellt:
Es haben sich in den letzten 7 Tagen in Deutschland rund 140.000 Menschen mit dem Virus angesteckt. Davon 20.000 allein in Baden-Württemberg.
Allein gestern kamen in Baden-Württemberg über 3.000 Neuinfizierte dazu.
Die 7-Tages-Inzidenz steigt Tag für Tag: Sie liegt derzeit in Baden-Württemberg bei 180, bundesweit bei 169.
Am Freitag sind in Deutschland fast 600 Menschen an dem Virus verstorben. Ein trauriger Höchststand.
Die Intensivstationen werden voller und voller. In Baden-Württemberg werden inzwischen mehr als 2000 COVID-Patienten betreut. Darunter sind 500 Patienten, die auf den Intensivstationen gepflegt werden müssen. So viele waren es noch nie. Tendenz weiter steigend.
Die steigenden Infektionszahlen führen aber auch dazu, dass immer mehr Mitarbeiter der Krankenhäuser erkranken. Steigende Patientenzahlen und steigender Krankenstand führen dazu, dass die Reserve an Intensivbetten immer weiter abnimmt. Sie führen auch dazu, dass die Kliniken die Behandlungen von anderen Patienten immer mehr einschränken müssen.
Mit dem sanften Lockdown der letzten Wochen konnten wir das exponentielle Wachstum zunächst stoppen.
Aber wir haben es nicht geschafft, die Infektionszahlen wie gewünscht drastisch zu senken.
Nun droht wieder ein exponentieller Anstieg.
Deshalb müssen wir jetzt:
einschneidende Maßnahmen ergreifen,
das öffentliche Leben radikal herunterfahren,
um die Zahl der Neuinfektionen radikal herunterdrücken.
Nur so können wir die Kontrolle über das Virus zurückgewinnen und die Gesundheit von uns allen schützen.
Warum ist es so wichtig, die Zahl der Neuinfizierten jetzt radikal herunterzudrücken?
Weil jeder zusätzlich Infizierte weitere anstecken kann und damit die Pandemie weiter antreibt.
Und weil nur bei einer 7-Tage-Inzidenz unter 50 die Gesundheitsämter in der Lage sind, die Kontakte nachzuverfolgen und die Infektionsketten zu brechen.
Denn ein kleines Feuer kann man schnell löschen. Einen Flächenbrand dagegen nur sehr schwer.
Die Bundeskanzlerin, meine Länderkollegen und ich haben uns deshalb heute erneut intensiv beraten.
Wir waren uns einig:
Die Lage ist ernst. Sehr ernst.
Wir müssen die Kontrolle über das Virus zurückgewinnen.
Das schaffen wir aber nur, wenn wir jetzt noch entschlossener und konsequenter handeln.
Anders geht es nicht!
Deshalb haben wir gemeinsam entschieden: Wir fahren das Land runter – radikal.
Folgende Beschlüsse haben wir gefasst. Sie gelten erstmal bis zum 10. Januar 2021:
Erstens: Die Kontaktbeschränkungen werden aufrechterhalten.
Das heißt: Es dürfen sich maximal 5 Personen aus zwei Haushalten treffen. Kinder bis 14 Jahre sind hiervon ausgenommen.
Zweitens: Über die Weihnachtstage – das heißt für den verkürzten Zeitraum vom 24. bis 26. Dezember – gibt es darüber hinaus folgende Ausnahme der Kontaktbeschränkungen:
Möglich sind Treffen mit 4 Personen über den eigenen Hausstand hinausgehenden Personen aus dem engsten Familienkreis.
Das heißt mit Ehegatten, Lebenspartnern sowie Verwandten in gerader Linie, Geschwistern, Geschwisterkindern – auch wenn dies mehr als zwei Hausstände bedeutet.
Darüber sind Kinder unter 14 Jahren zulässig.
Dadurch wollen wir sicherstellen, dass Weihnachten im engsten Kreis gemeinsam gefeiert werden kann – und niemand an Weihnachten alleine sein muss.
Drittens: Der Einzelhandel wird ab dem 16. Dezember 2020 bis zum 10. Januar 2021 geschlossen mit folgenden Ausnahmen:
Der Einzelhandel für Lebensmittel, Wochenmärkte für Lebensmittel und Direktvermarkter von Lebensmitteln, Apotheken, Reformhäuser, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz-Werkstätten, Fahrradwerkstätten, Banken, Poststellen, Reinigungen, Waschsalons,
Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte, der Weihnachtsbaumverkauf und der Großhandel bleiben geöffnet.
Viertens: Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Friseursalons, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe werden geschlossen, weil in diesem Bereich eine körperliche Nähe unabdingbar ist. Medizinisch notwendige Behandlungen – wie etwa Physio-, Ergo und Logotherapie oder medizinische Fußpflege – bleiben weiter möglich.
Fünftens: Die beschlossenen Maßnahmen sind ein harter Einschnitt ins wirtschaftliche Leben.
Um eine Insolvenzwelle zu verhindern und Existenzen zu sichern, wird der Bund die betroffenen Unternehmen, Soloselbständigen und Freiberufler finanziell unterstützen.
Dafür wird die Überbrückungshilfe III für die Unternehmen, die direkt oder indirekt von den Schließungen betroffen sind, verbessert: Die Höhe des monatlichen Zuschusses wird auf maximal 500.000 Euro erhöht.
Zudem soll es Abschlagszahlungen ähnlich wie bei den Novemberhilfen geben.
Darüber hinaus wird es unbürokratische Teilabschreibungen von Waren geben, die durch die Schließung an Wert verlieren.
Sechstens: Die Schulen und Kitas in Baden-Württemberg werden vorzeitig schon am 16. Dezember geschlossen.
Für Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen wird Fernunterricht angeboten.
Für Kindergarten-Kinder und Schüler bis Klasse 7, deren Eltern an ihrem Arbeitsplatz unabkömmlich sind, wird es eine Notbetreuung geben, die von den Schulen bzw. den Kita-Trägern organisiert wird.
Bitte verzichten Sie aber auf die Notbetreuung, wenn das möglich ist – um die Kontakte so weit wie möglich zu reduzieren.
Siebtens: Der Verkauf von Pyrotechnik vor Silvester wird verboten, damit nicht Feuerwerks-Verletzte die Krankenhäuser noch zusätzlich belasten. Und natürlich gelten bei uns in Baden-Württemberg die derzeitigen Ausgangssperren auch in der Silvesternacht
Achtens: Arbeitgeber sollen prüfen, ob die Betriebsstätten entweder durch Betriebsferien oder großzügige Home-Office-Lösungen vom 16. Dezember 2020 bis 10. Januar 2021 schließen. Motto sollte sein: „Wir bleiben zuhause“.
Neuntens: Die Lieferung und Abholung von Speisen bleiben weiter möglich.
Der Konsum von alkoholischen Getränken im öffentlichen Raum wird nun bundesweit untersagt – so wie es in Baden-Württemberg bereits gilt.
Zehntens: Zu den Einschränkungen im religiösen Bereich werde ich in den kommenden Tagen Gespräche mit den Glaubensgemeinschafen führen.
In jedem Fall wird für Gottesdienste und Zusammenkünfte von Glaubensgemeinschaften Maskenpflicht und ein Mindestabstand von 1,5 Metern gelten und der Gemeindegesang untersagt werden.
Elftens: Um den bestmöglichen Schutz in den Alten- und Pflegeheimen zu ermöglichen, werden Testungen des Pflegepersonals mehrmals pro Woche verpflichtend eingeführt – das gilt auch für das Personal von mobilen Pflegediensten.
Zwölftens: Bund und Länder verfolgen weiterhin eine Hotspotstrategie, die in Baden-Württemberg aber bereits umgesetzt ist.
Dreizehntens: Wir appellieren eindringlich an Sie alle, bis zum 10. Januar auf nicht notwendige Reisen zu verzichten.
Wer aus einem ausländischen Risikogebiet einreist, muss 10 Tagen in Quarantäne gehen. Diese Quarantäne kann durch einen negativen Test, der frühestens am 5. Tag nach der Einreise gemacht wurde, beendet werden.
Darüber hinaus bleiben die am 2. Dezember getroffenen BundLänder-Beschlüsse weiterhin gültig und werden erstmal bis zum 10. Januar 2021 verlängert.
Außerdem gelten in Baden-Württemberg die derzeitigen Ausgangsbeschränkungen weiter.
Das Landeskabinett hat den Bund-Länder-Beschlüssen bereits zugestimmt, und morgen wird der Landtag darüber debattieren.
Am 5. Januar werden sich die Länderchefs erneut mit der Kanzlerin beraten, um Maßnahmen ab den 11. Januar 2021 zu beschließen.
Aber eines kann ich schon heute sagen: Wenn die Zahlen bis dahin nicht deutlich runtergehen, brauchen wir auch danach drastische Einschränkungen.
Die Zielmarke ist und bleibt eine 7-Tage-Inzidenz von 50.
Denn nur dann können die Gesundheitsämter die Infektionsketten wieder richtig nachverfolgen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
diese Maßnahmen sind einschneidend.
Ob sie wirken und wie stark und wie schnell – das liegt an uns allen.
Es liegt in unserer Hand, ob wir die Kontrolle über das Virus in den nächsten Wochen zurückgewinnen können.
Ich bitte Sie daher inständig:
Tragen Sie Maske, halten Sie Abstand, lüften sie regelmäßig.
Reduzieren Sie Ihre Kontakte auf ein absolutes Minimum. Das gilt auch und gerade für die Weihnachtstage.
Arbeiten Sie, wann immer irgendwie möglich zu Hause.
Vermeiden Sie jede nicht zwingend notwendige Fahrt mit dem Nahverkehr.
Verzichten Sie auf jeden nicht zwingend notwendigen Einkauf.
Verlassen Sie ihre Wohnung nur, wenn es wirklich sein muss.
Wir sind jetzt alle gefordert, unseren Beitrag zu leisten, um die Zahl der Infizierten radikal runterzubringen –
aus Solidarität mit den Ärztinnen und Ärzten und Pflegerinnen und Pflegern, die am Rande der Erschöpfung in den Intensivstationen um das Leben von Infizierten kämpfen,
aus Verantwortung gegenüber unseren Mitmenschen, deren Gesundheit und Leben auch von unserem Verhalten abhängt,
und in unseren ureigenen Interesse, denn je geringer die Zahl der Infizierten, desto geringer auch die Gefahr, dass wir uns selbst infizieren, erkranken und möglicherweise sterben.
Es liegt in unserer Hand, an unser aller Verhalten, ob wir die Ausbreitung des Virus stoppen und Gesundheit und Leben von uns allen schützen können.
Das Virus ist stark.
Aber wir sind stärker!
Im Frühjahr ist es uns in einer gemeinsamen Kraftanstrengung gelungen, die Kontrolle über das Virus zurückgewinnen.
Ich bin mir sicher:
Gemeinsam gelingt uns das erneut.
PM Staatsministerium Baden-Württemberg