Eine Umfrage der Piratenpartei unter den Kommunen in Baden-Württemberg gibt ein zwiespältiges Licht beim Stand der Digitalisierung der Schulen. Bürokratie und fehlende langfristige Planung erschweren die Digitalisierung.
„Es ist mir ein wichtiges Thema, dass die Schulen endlich ordentlich digitalisiert werden. Unsere Kinder sind die Zukunft der Gesellschaft, und so sollten wir sie auch ausbilden“, erläutert Borys Sobieski, Landesvorsitzender. „Eine Anfrage von uns an das Kultusministerium hat leider gezeigt, dass man hier mehr oder weniger blind unterwegs ist. Dennoch war es unser Entschluss, einen besseren Einblick in die Probleme und Herausforderungen der Digitalisierung zu erhalten. Daher haben wir eine Umfrage unter den Kommunen gestartet.“
Die Digitalisierung der Schulen wird von den meisten Kommunen durchweg positiv gesehen. Erstaunlich viele Schule sind bereits, oder werden in Kürze, an einen ausreichend dimensionierten Breitbandanschluss angeschlossen. An der Ausstattung hapert es dann jedoch öfter. Wobei auch angemerkt wurde, dass die wenigen vorhandenen Geräte nicht ausgelastet sind.
„Hier zeigt sich was wir schon länger bemängeln: die Digitalisierung erledigt sich eben nicht mit einem Internetanschluss und einem Tablet. Es muss auch ein entsprechendes Konzept dazu her. Die Geräte und die Technik müssen in den Unterricht eingebracht werden“, so Sobieski.
Einige Rückläufer der Umfrage berichten über mangelnde technische Kompetenz. Insbesondere bei den Grundschulen. Das Land ist hier in der Aufgabe, entsprechende Weiterbildungsangebote zu schaffen, das geht auch digital über das Netz.
Insbesondere bei der Ausstattung der Lehrenden mit Geräten sind starke Defizite zu beobachten. Viele Schulen haben einen, oder mehrere, Computer in ihren Räumlichkeiten, auf die die Lehrenden zugreifen können. Eine vollständige Ausstattung der Lehrkräfte, so dass keine private Geräte eingesetzt werden, scheint es in kaum einer Schule zu geben. Die Beschaffung stellt sich als Herausforderung heraus, als Arbeitgeber ist das Land zuständig für die Ausstattung der Lehrkräfte, das Land jedoch kommt dem nicht nach.
„Das ist ein vernichtendes Bild das sich zeigt. Die Digitalisierung muss auch bei den Lehrenden ankommen. Es ist ein Unding, dass priväte Geräte eingesetzt werden müssen“, kommentiert Sobieski. „Der Arbeitgeber muss einfach, alleine schon aus datenschutztechnischen Gründen, Geräte zur Verfügung stellen. Das gilt für Schulen genauso. Das ist ein großes Defizit das wohl kaum beachtet wird. Die Landesregierung muss hier auch entsprechende Mittel zur Verfügung stellen, als Arbeitgeber ist es dafür verantwortlich.“
Häufig fehlen passende Unterrichtsmaterialien, die für den digitalen Unterricht angepasst sind. Das die digitale Lernplattform des Landes noch immer nicht einsatzbereit ist trifft die Schulen, besonders in der Pandemie-Situation, hart. [2]
„E-Learning ist nicht nur Wikipedia. Wenn wir das Potenzial von Geräten und Technik ausschöpfen wollen, dann braucht es digitale Lernplattformen, auf denen sich Schüler und Schülerinnen austauschen können, Material erhalten und im Kontakt mit den Lehrenden stehen“, so Sobieski. „Moodle oder Ilias bieten da schon vieles, aber nicht jede Schule hat das Wissen um sich selbst eine Lernumgebung zu schaffen. Das Land ist hier gefragt, eine einfache Lösung zu erarbeiten die auch mit anderen Plattformen kompatibel ist. Meine Wunschvorstellung ist noch immer ein Austausch der Lernmodule unter den Schulen und Lehrenden, dafür muss aber vorallem auch auf offene Standards gesetzt werden.“
Die Unterstützung des Landes wird sehr unterschiedlich bewertet. Der Medienentwicklungsplan, der vom Land verlangt wird, ist für Schulen mit entsprechenden Kompetenzen durchaus realisierbar, Schulen ohne diese Kompetenzen jedoch stehen vor einer großen Hürde. Die Verantwortung hier auf die Schulen abzuschieben ist fragwürdig.
„Ein großes Manko ist auch, dass die bereitgestellten Fördermittel auf einmalige Anschaffungen abzielen. Dementsprechend fehlen auch häufig Wartungskonzepte“, erklärt Sobieski. „Ich plädiere dafür, dass bei der Förderung solche laufende Kosten direkt mit berücksichtigt und mitgefördert werden.“
Es zeigt sich auch, dass Schulen die bereits weitgehend digitalisiert wurden in der Corona-Pandemie mit weniger Problemen zu kämpfen hatten. Fehlende Endgeräte bei den Schüler:innen haben oftmals die Lehre erschwert. Der Mangel an Geräten für die Schüler:innen soll in fast allen Schulen im Rahmen des Digitalpakts behoben werden.
Die Piratenpartei empfiehlt folgende Maßnahmen zur Eindämmung der 4 schwerwiegendsten Probleme:
1. Fehlende Geräte für Lehrende: konsequente Ausstattung der Lehrenden mit Endgeräten durch das Land
2. Fehlende Angebote: Entwicklung eines Muster-Angebots aus offener Software für digitale Lehre; offene Eigenentwicklungen von fehlenden Schnittstellen und Funktionen; frei zugängliche Plattform zum Austausch und zur Bereitstellung offener Lerninhalte
3. Hürden für Fördermittel: Ermittlung des Bedarfs der Schulen durch das Landesministerium in Kooperation mit den Schulen; Aufnahme von laufenden Kosten in die Förderprogramme
4. Mangelnde Kenntnisse: konsequente und regelmäßige Weiterbildung aller Lehrkräfte im Bereich digitale Lehre, gerne auch in Form von Webinaren, o.ä.
„Gerade in der Pandemiesituation muss man sagen, dass viele Schulen, Kommunen und Lehrende richtig reagiert und das Beste aus der Situation gemacht haben. Die schlechten Voraussetzungen für digitalen Unterricht lassen sich nicht von heute auf morgen ausräumen. Es wird Aufgabe für die nächsten Jahre sein, hier die Bedingungen für ein zukunftsfähiges Bildungssystem zu schaffen“, so Sobieski. „Besonders die Kommunen scheinen hier auch sehr engagiert zu sein. Die Rahmenbedingungen die das Land schafft könnten aber durchaus verbessert werden.“
[Quellen]
[1] https://piratenpartei-bw.de/2019/10/01/anfrage-der-piraten-kultusministerium-bei-digitalisierung-blind-unterwegs/
[2] https://piratenpartei-bw.de/2020/05/18/digitale-bildung-auch-nach-corona-schulen-fit-machen/
PM Piratenpartei Baden-Württemberg