„Ich habe die berechtigte Hoffnung, freudig und zuversichtlich in die Zukunft zu schauen“, sagte Hubert Wicker beim Empfang der CDU Eislingen zum Tag der Deutschen Einheit in der örtlichen Stadthalle. Der Jurist mit vielfältiger Erfahrung in der Ministerialbürokratie Sachsens und Baden-Württembergs rief dazu auf, die Aufgaben beim Zusammenwachsen so realistisch wie positiv anzugehen: „So wie wir die Herausforderung der Deutschen Einheit gemeistert haben, werden wir auch die Herausforderungen der Zukunft meistern“.
Der ehemalige Tübinger Regierungspräsident und spätere Chef der Stuttgarter Staatskanzlei unter Ministerpräsident Oettinger war von 1991 bis 1997 Staatssekretär im Sächsischen Innenministerium (v.a. bei Minister Heinz Eggert) und hatte bereits 1990 im Wahlkampf für die „Allianz für Deutschland“ mitgewirkt. Wicker, der zuletzt als Ministerialdirektor im Stuttgarter Wirtschaftsministerium tätig war, berichtete aus dieser hochinteressanten Phase des Aufbaus Ost und bewertete vor diesem Erfahrungshintergrund auch die Wahlen vom September.
Er ordnete Unterschiede bei den Verhältnissen zwischen den Bundesländern in die Zusammenhänge ein und zeigte anhand zahlreicher Beispiele, daß der Einheitsprozeß eine Erfolgsgeschichte ist. So stünden etwa geringeren Löhnen in den neuen Bundesländern auch geringere Lebenshaltungskosten gegenüber. Überraschend für viele war die Tatsache, daß Sachsen mit 1.041 Euro die geringste Pro-Kopf-Verschuldung in Deutschland hat, halb so viel wie Bayern und nur ein Viertel der von Baden-Württemberg.
„Sehr viele blühende Landschaften“
Die Lebenserwartung habe sich angeglichen, auch Bürger der ehemaligen „DDR“ würden nun sechs Jahre länger leben. Der Umweltschutz habe sich ebenso drastisch verbessert wie die ärztliche Versorgung. Wicker: „Mittlerweile gibt es sehr viele blühende Landschaften“.
Alleine daß die Politik vor drei Jahrzehnten den Eindruck vermittelt habe, daß der Einigungsprozeß sehr schnell gehen werde, sei nicht förderlich gewesen, so Wicker. „Damals bestand durchaus eine Opferbereitschaft in der Bevölkerung.“
Die Wahlen in Sachsen vom 1. September wollte Hubert Wicker nicht als Phänomen der neuen Bundesländer verstanden wissen. Auch in vergleichbaren Regionen im Westen gebe es solche Wahlergebnisse. Hinzu komme eine andere politische Sozialisierung während der Zeit der „DDR“ und eine nicht stattgefundene Aufarbeitung der Vergangenheit.
Klare Worte fand Hubert Wicker auch zur Diskussion um den Begriff Unrechtsstaat. Es sei unverständlich, wie man diese Bezeichnung für die „DDR“ in Frage stellen könne, angesichts der Tatsache, daß 17 Millionen in ihrem Land eingesperrt und 1.000 Menschen getötet worden seien. In diesem Zusammenhang betonte Wicker auch den ungeheuren Mut und die Zivilcourage, welche die Menschen vor 30 Jahren aufgebracht hätten um die Mauer zu Fall zu bringen. Das verblasse heute mit der geläufigen Formulierung vom „Mauerfall“ nur allzu leicht. In den neuen Bundesländern gebe es auch mehr Feiern am 3. Oktober als im Westen. „Die meisten sind sehr dankbar“, berichtete Wicker.
Zuvor hatte der Bundestagsabgeordnete Hermann Färber, gesagt, daß angesichts der Inkompatibilität zweier Systeme, die vor knapp dreißig Jahren zusammengeführt werden mussten, schon die Regierung Kohl sehr viel erreicht habe. Er betonte aber auch, daß die Politik nun wieder näher zu den Menschen müsse, sich mit den tatsächlichen Sorgen der Menschen beschäftigen und Lösungen finden sollte. Auch wenn sich in vielen Bereichen sehr viel getan habe, gebe es auch Regionen in den neuen Bundesländern, die für junge Menschen keine Perspektive geboten hätten.
Treue Gäste begleiten traditionelle Feierstunde in Eislingen
Der Vorsitzende der CDU Eislingen, Axel Raisch, hatte in seiner Begrüßung darauf hingewiesen, daß der Tag der Deutschen Einheit nach wie vor aktuell sei. Nicht nur wenn es darum gehe, an die leidvollen Erfahrungen vieler Menschen und Familien zu erinnern, die nicht vergessen werden dürften, sondern auch, um ein nationales Selbstbewußtsein zu fördern und Tendenzen, die Meinungsfreiheit wieder einzuschränken, entgegenzuwirken.
Erfreut waren die Veranstalter, unter den Gästen neben Regionalrat und Ministerialdirektor im Justizministerium Elmar Steinbacher, dem früheren Eislinger Bürgermeister Günther Frank sowie den Stadträten Uwe Reik und Peter Ritz von der Eislinger SPD-Fraktion im Gemeinderat auch in diesem Jahr wieder langjährige Besucher der Feierstunde, wie Konrad Steeb aus Jebenhausen, in der Eislinger Stadthalle begrüßen zu können.
PM CDU OV Eislingen