Angesichts der sich häufenden Zugprobleme im Regionalverkehr bei den Unternehmen DB Regio, Go-Ahead und Abellio bringt das Ministerium für Verkehr nun Entschädigungen für Pendlerinnen und Pendler ins Spiel, die von den Problemen betroffen sind. Damit sollen Bahnkunden bei Verspätungen und Zugausfällen einen finanziellen Ausgleich erhalten. Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann betont: „Ich habe Verständnis dafür, dass viele Fahrgäste über die gegenwärtige Situation verärgert sind. Was die Eisenbahnverkehrsunternehmen und die Hersteller der Fahrzeuge Bombardier und Stadler gegenwärtig bieten, ist absolut unzureichend. Nun muss darüber gesprochen werden, welche Möglichkeiten es gibt, dass Fahrgäste eine Entschädigung erhalten können. Ich werde mich dafür einsetzen, dass eine solche Regelung Gestalt annimmt.“
Aus Sicht des Ministeriums für Verkehr haben die Fahrzeughersteller einen Großteil der Probleme im Stuttgarter Netz zu verantworten, da Neufahrzeuge nicht fristgerecht geliefert wurden und störanfällig sind. Das Ministerium lässt sich von den Eisenbahnverkehrsunternehmen wöchentliche Statusberichte geben. Dort finden sich immer Ausfälle wegen nicht ausgereifter Software, wiederkehrender Defekte und nicht termingerecht ausgeführter Instandhaltungen. „Wir sind der Auffassung, dass die Hersteller der Fahrzeuge letztlich für die Folgen ihrer Schlechtleistungen finanziell haften müssen. Wenn Züge in einem störungsanfälligen Zustand geliefert werden und viele Ausfälle die Folge sind, müssen die Fahrgäste von den Eisenbahnverkehrsunternehmen und letztlich von den Fahrzeugherstellern entschädigt werden“, betont Verkehrsminister Hermann. „Hinzu kommt, dass im Fall von Abellio der Hersteller nicht fristgerecht die ausreichende Anzahl von Fahrzeugen geliefert hat, so dass sich das ebenfalls auf die Betriebsqualität und -stabilität erheblich auswirkt“, so Hermann weiter.
Ein weiterer Grund für Zugausfälle und Verspätungen ist aber auch, dass immer wieder zu wenig Lokführerinnen und Lokführer sowie Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter bei den Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Verfügung stehen. David Weltzien, Vorsitzender von DB Regio Baden-Württemberg, erklärt dazu: „Wir hatten von Mitte bis Ende September einen deutlich erhöhten Krankenstand zu verzeichnen. Das führte im Raum Tübingen/Sigmaringen vermehrt zu Zugausfällen. Insbesondere betroffen waren Züge der Ermstalbahn und Zugleistungen zwischen Tübingen und Metzingen sowie im württembergischen Allgäu, beziehungsweise am Bodensee. Zudem gab es Engpässe bei Dieseltriebwagen wegen technischer Störungen. Auf der Brenzbahn und der Donaubahn kamen Einschränkungen durch Langsamfahrstellen hinzu. Ich bedauere die Beeinträchtigungen für die Fahrgäste. Die DB arbeitet mit Hochdruck an der Behebung der Probleme.“
Rolf Schafferath, Vorsitzender der Geschäftsführung der Abellio Rail Baden-Württemberg GmbH, betont: „Die Zufriedenheit unserer Fahrgäste hat für uns den höchsten Stellenwert. Umso mehr bedauern wir die betrieblichen Störungen in den vergangenen Wochen, die dem unzureichenden Zustand der Talent 2-Fahrzeuge geschuldet sind. Der Fahrzeughersteller Bombardier ist hier gefordert, die technischen Probleme an den Neufahrzeugen abzustellen, damit Abellio so schnell wie möglich wieder einen verlässlichen Service leisten kann. Wir unterstützen Bombardier, wo wir nur können, bei der Mängelbeseitigung.“
Hans-Peter Sienknecht, Geschäftsführer von Go-Ahead Baden-Württemberg, sagt dazu: „Nachdem sich unsere Fahrten in den vergangenen Monaten deutlich stabilisiert haben, kam es nun zu einer Reihe von akuten Problemen. Die Ausfallquote lag an einzelnen Tagen bei rund 10 Prozent und die Pünktlichkeitsquote eher bei 80, denn bei 90 Prozent. Das hat verschiedene Gründe: Zum einen fahren wir mit maximaler Auslastung auf einer kaum mehr hinreichenden Infrastruktur. Es kam zu einigen Störungen, etwa verursacht durch defekte Stellwerkstechnik. Zum anderen gab es zahlreiche Vorrangfahrten des Fernverkehrs, die Verspätungen nach sich gezogen haben. Zudem hatten wir deutlich mehr Probleme an unseren Fahrzeugen. Zu nennen sind Störungen an unseren Türen im Zusammenhang mit dem Ausfahren der Schiebetritte aufgrund unterschiedlicher Bahnsteighöhen. Die endgültige Behebung der Probleme hängt vom Genehmigungsverfahren der neuen Software durch das Eisenbahnbundesamt ab, das seine Zeit braucht. Hinzu kamen Störungen am Schienenleitsystem, der Kommunikation zwischen Netz und Fahrzeug sowie vereinzelt Probleme mit den WC- und Klimaanlagen. Eine für die Jahreszeit unerwartet hohe Krankenquote führte zudem dazu, dass einige Schichten nicht besetzt werden konnten und damit Züge leider ausfallen mussten. Wir arbeiten gemeinsam mit Stadler und anderen Partnern unter Hochdruck daran, die Probleme so schnell wie möglich zu beheben.“
Jure Mikolčić, CEO Stadler Pankow GmbH: „Wir arbeiten in enger Kooperation mit der Go-Ahead an einer schnellen Lösung der fahrzeugseitigen Themen. So konnte die zentrale Ursache für die Störungen in der Leittechnik gefunden und eine schnelle Maßnahme zur Behebung getroffen werden. Stand heute wurde diese Maßnahme auf 29 Fahrzeuge angewendet, zwei weitere Fahrzeuge folgen im Laufe des heutigen Tages. Beim Zulassungsverfahren der angepassten Türrsteuerungssoftware stehen wir in sehr engem und produktivem Austausch mit dem Eisenbahnbundesamt als Zulassungsstelle und gehen auch hier von einer zeitnahen Lösung aus, sodass die Software voraussichtlich noch im Oktober auf allen Fahrzeugen installiert werden kann.“
Für das Ministerium für Verkehr ist es wichtig, dass nichts unversucht bleibt, damit baldige Besserung eintritt. Dazu Verkehrsminister Winfried Hermann: „Jede Woche müssen die Eisenbahnunternehmen dem Ministerialdirektor im Verkehrsministerium Bericht erstatten. Wir fordern im Sinne der Fahrgäste schnellstmögliche Verbesserungen und drängen auf rasches Beheben der Probleme. Wir arbeiten alle an einem Ziel: Die Züge müssen bald wieder verlässlich unterwegs sein.“
PM Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg