Radschnellwege finden landesweit wachsenden Zuspruch. Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte am Dienstag (17. September 2019) in Stuttgart: „Das Interesse an einer solchen attraktiven und klimafreundlichen Alternative zum Autoverkehr nimmt stetig zu. Zahlreiche Regionen, Landkreise und Kommunen haben inzwischen den Wunsch nach Radschnellverbindungen bekundet. Das Land wird diesen Trend tatkräftig unterstützen.“ Verkehrsminister Winfried Hermann, der zuvor in der Kabinettssitzung über neue Entwicklungen bei den Radschnellverbindungen berichtet hatte, sagte: „Mit dem Bau von Radschnellwegen bekommen Alltagsradler die Möglichkeit, direkt und schnell, umwelt- und gesundheitsfördernd zur Arbeit, zum Einkaufen, zur Schule, zur Hochschule oder zur Ausbildung zu kommen. Sie können zugleich den Stau auf überlasteten Straßen überholen und überdies die öffentlichen Verkehrsmittel entlasten.“
Radschnellverbindungen stellen einen neuen Qualitätsstandard für Radverkehrsanlagen dar. Durch ausreichende Breiten (4m und auf einer Mindestlänge 5 km) wird das Nebeneinanderfahren und das Überholen problemlos möglich. Zeitverluste an Kreuzungen werden durch Bevorrechtigungen oder durch Unter- bzw. Überführungen minimiert. Eine direkte Linienführung möglichst ohne Umwege und mit nur geringen Steigungen sowie ein hochwertiger Belag machen vorrangig an Pendlerachsen gelegene Radschnellwege attraktiv.
Drei Pilotprojekte des Landes
Mit der Planung und Umsetzung dreier Pilotprojekte möchte das Land Erfahrungen und Erkenntnisse für künftige Radschnellverbindungen gewinnen und die Umsetzbarkeit von Qualitätsstandards darstellen.
Als Pilotprojekte des Landes werden geplant: Heidelberg – Mannheim sowie Heilbronn – Neckarsulm – Bad Wimpfen als Teil von Mobilitätspakten mit namhaften Unternehmen in den Regionen und Stuttgart – Esslingen – Plochingen (Radschnellweg Neckartal). Für die Planung des Pilotvorhabens Heidelberg – Mannheim erhält das Land eine Förderung des Bundes (75 Prozent). Damit hat das Verkehrsministerium Baden-Württemberg bundesweit den ersten Förderantrag beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) für Radschnellwege eingereicht und auch bewilligt bekommen. Für die Planung der Radschnellverbindung Bad Wimpfen – Neckarsulm – Heilbronn wurde ebenfalls ein Förderantrag beim BMVI gestellt.
Novellierung des Straßengesetzes
Mit der Novellierung des Straßengesetzes hat der Landtag Ende Januar 2019 einen wichtigen Impuls für den weiteren Ausbau der Radschnellverbindungen im Südwesten gegeben. Radschnellverbindungen sind damit als Straßen kategorisiert, die je nach Verbindungsfunktion und Verkehrsbedeutung in der Baulast des Landes, der Kreise oder der Kommunen stehen. Im Straßengesetz sind nun die Kriterien festgelegt, nach denen die Baulastträgerschaft für eine Radschnellverbindung entschieden wird. Die Baulast liegt beim Land, wenn der Radschnellweg regionale oder überregionale Verbindungsfunktion besitzt und in der Regel mit einem Verkehrspotenzial von 2.500 Radfahrern pro Tag außerhalb der Ortsdurchfahrten gerechnet werden kann. Für Radschnellverbindungen ist eine Baulast der Kreise dann gegeben, wenn eine nahräumige und gemeindeübergreifende Verbindungsfunktion vorliegt und eine Verkehrsbelastung von in der Regel mindestens 2.000 Fahrradfahrten pro Tag außerhalb der Ortsdurchfahrten prognostiziert werden kann.
Für Gemeinden mit mehr als 30.000 Einwohnern liegt die Baulast innerhalb der Ortsdurchfahrten grundsätzlich bei der jeweiligen Gemeinde.
Weitere Korridore in voraussichtlicher Baulast des Landes
Auf Basis der Machbarkeitsstudien und der landesweiten Potenzialanalyse wurden 15 neue Korridore identifiziert, die voraussichtlich in der Baulast des Landes liegen. Dabei dürfte bei sieben Korridoren ein überwiegend kommunales Planungsinteresse bestehen, da die Strecken außerhalb der Ortsdurchfahrten nur sehr kurz sind.
Für folgende vier neue Korridore wird das Land in Abhängigkeit der zur Verfügung stehenden Ressourcen als erstes die Planung aufnehmen:
- Freiburg – Waldkirch
- Freiburg – Emmendingen
- Karlsruhe – Ettlingen
- Karlsruhe – Rastatt
Wobei die letzten beiden Korridore auch als ein Korridor Karlsruhe – Ettlingen – Rastatt denkbar wären.
Die weiteren Korridore in Baulast des Landes sind:
- Heidelberg – Schwetzingen
- Karlsruhe – Stutensee
- Heidelberg – Leimen
- Viernheim – Weinheim *
- Mannheim – Ludwigshafen *
- Mannheim (Hbf) – Schwetzingen
- Walldorf – Wiesloch *
- Stuttgart – Kornwestheim – Ludwigsburg – Bietigheim-Bissingen (Stuttgart – Ludwigsburg *)
- Stuttgart – Ostfildern *
- Fellbach – Waiblingen – Weinstadt (Fellbach – Waiblingen *)
- Ravensburg – Weingarten *
* überwiegend kommunales Planungsinteresse/Flächen innerorts)
Wenn weitere Machbarkeitsstudien vorliegen oder weitere Kenntnisse im Rahmen der Planungsverfahren gewonnen werden, kann sich die Baulastträgerschaft ändern.
Kommunale Radschnellverbindungen
Um beim Thema Radschnellverbindungen schnell voranzukommen, ist neben dem Engagement des Landes auch das der kommunalen Akteure gefragt. Mit Änderung des Straßengesetzes wurde daher auch eine Baulastträgerschaft der Kreise geregelt. Für Radschnellverbindungen in kommunaler Baulast ist eine hohe Förderung für die Planung und für den Bau möglich. Die sehr guten Fördermöglichkeiten bestehen für Radschnellverbindungen, die aufgrund des zu geringeren Potenzials oder der nahräumigen Verbindungsfunktion nicht in Baulast des Landes sind sowie für Abschnitte einer Radschnellverbindung des Landes, die innerhalb von Ortsdurchfahrten bei Städten über 30.000 Einwohnern in deren Baulast liegen. Im Idealfall – bei Erfüllung der Kriterien des Bundes – können kommunale Akteure dabei von Bund und Land mit einer Förderquote von bis zu 87,5 % für Planung und Bau einer Radschnellverbindung (davon 75 % Finanzhilfen des Bundes) erhalten.
Pionierprojekt: Radschnellweg Böblingen/Sindelfingen – Stuttgart
Als erste Radschnellverbindung in Baden-Württemberg wurde am 31. Mai 2019 das kommunale Pioniervorhaben des Landkreises Böblingen, Böblingen/Sindelfingen – Stuttgart, feierlich eröffnet. Anfang September war bereits der Spatenstich für den zweiten Bauabschnitt von Böblingen nach Ehningen. Weitere kommunale Radschnellverbindungen sind möglich und sinnvoll, wie beispielsweise folgende Verbindungen:
- Freiburg – Umkirch – March
- Lörrach – Schopfheim – Zell
- Offenburg – Appenweier/Wilstätt (– Kehl – Straßburg)
- Offenburg – Gengenbach
- Ravensburg – Friedrichshafen
- (Plochingen –) Göppingen – Geislingen.
Für die Planung des kommunalen Abschnitts Weinstadt – Schorndorf im Zuge der Radschnellverbindung Stuttgart – Waiblingen – Schorndorf hat der Rems-Murr-Kreis über das Verkehrsministerium bereits einen Förderantrag beim Bundesverkehrsministerium eingereicht.
Strecken mit geringerem Potenzial
Auf Strecken mit einem geringeren Potenzial (weniger als 2.000 Radfahrten pro Tag) können in Abhängigkeit des zu erwartenden Potenzials auch Radwege, die eine schnelle Verbindung ermöglichen, geplant und umgesetzt werden. Eine Förderung des Bundes (75 %) ist dann in der Regel nicht möglich. Hier kann aber das Land grundsätzlich nach dem Landesverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG) fördern. Im ländlichen Raum auf Strecken mit geringem Potenzial ist der Standard des RadNETZ Baden-Württemberg in der Regel ausreichend. Auch damit können schnelle, sichere und attraktive Radwege geplant und gebaut werden. Die Landesregierung hat hierzu bereits 2016 das baulastträgerübergreifende RadNETZ als Hauptradrouten im Land gemeinsam mit den Stadt- und Landkreisen definiert. Seither unterstützt das Ministerium für Verkehr die Landkreise, Städte und Gemeinden vielfältig beim Ausbau des Rad-NETZ. Mit dem RadNETZ wird ein flächendeckender Ansatz verfolgt, der insbesondere auch im ländlichen Raum wichtige Effekte zur Förderung des Radverkehrs auslöst.
PM Staatsministerium Baden-Württemberg