Die schlimmsten Befürchtungen sind eingetreten – Update über die neuesten Entwicklungen am Michelberg-Gymnasium

Unabhängige Fachingenieure haben in den vergangenen Monaten das sanierte Michelberg-Gymnasium (MiGy) in Geislingen an der Steige genau unter die Lupe genommen. „Alle erkennbaren Sanierungsmängel wurden mit der gebotenen Sorgfalt und Tiefe sowie mit Untersuchungen vor Ort von Fachleuten aufgearbeitet, sodass wir jetzt weitreichende Erkenntnisse über den tatsächlichen Sachstand haben“, sagt Joachim Burkert vom Geislinger Stadtbauamt. Jetzt liegen die Ergebnisse auf dem Tisch.

„Das, was wir bislang über die fehlgelaufene Sanierung des MiGy wussten, war schon schockierend. Das, was die Fachleute jetzt aufgedeckt haben, sind die schlimmsten Befürchtungen, die wir hatten, und erfordern eine komplette Neubewertung der Sachlage“, sagt Geislingens Oberbürgermeister Frank Dehmer. „Und hier reden wir gleich Tacheles: Die fehlgeschlagene bauliche Sanierung des MiGy ist für die Stadt ein wirtschaftliches Desaster.“

Die Fachleute haben festgestellt, dass in vielen Bereichen nicht mit der notwendigen fachlichen Sorgfalt gebaut wurde, wie es (nicht nur) ein Sanierungskonzept mit diesem innovativen Anspruch erfordert hätte. Es wurden ungenügende Leistungen bei der Tragwerksplanung, im Bereich der Fassade, beim vorbeugenden Brandschutz und an den technischen Anlagen, was primär die Heizungs- und Lüftungstechnik betrifft, festgestellt. Planungs- und Ausführungsfehler in vielen unterschiedlichen Bereichen tragen nun zu der Wahrnehmung bei, dass nahezu alle Gebäudeteile der Schule betroffen sind. Drei Beispiele:

Bei der Untersuchung der Fassade haben die Fachleute nicht nur die gewählte Ausführungs- und Befestigungsart bemängelt, sondern auch die eingeschränkte Gebrauchstauglichkeit sowie Defizite in der Bauphysik und im vorbeugenden Brandschutz.

Im MiGy befindet sich die Heizung in der Decke – analog zu einer Fußbodenheizung, wie man sie von einem Wohnhaus kennt. Hier ist den Fachleuten nach Öffnung der Decke unter anderem aufgefallen, dass Heizkreise falsch verschaltet wurden und somit die geforderte Heizleistung nicht zur Verfügung gestellt werden kann.

Erhebliche Mängel gibt es beim vorbeugenden Brandschutz. Während der Bauphase wurde abweichend vom genehmigten Brandschutzkonzept gebaut. Die vorhandenen Schwächen der ursprünglichen Brandschutzkonzeption wurden dadurch aber nicht geheilt, auch wenn deutlich mehr Rauchmelder verbaut wurden, als anfangs vorgesehen. Fehlende Notabschaltungen bei den Lüftungsgeräten im bereits aus statischen Gründen seit mehreren Monaten gesperrten NwT-Bereich, Brandschutzklappen und Brandschotts führten bereits im Frühjahr 2018 zu Notmaßnahmen, um für die Interimszeit den Schulbetrieb sicher zu stellen.

Über die neuen Erkenntnisse wurden Oberbürgermeister Frank Dehmer und Joachim Burkert von den Fachingenieuren im Mai 2019 informiert, der Gemeinderat unmittelbar danach in der Sitzung am 29. Mai 2019. Bei dieser Sitzung war auch die Schulleitung des MiGy anwesend und erfuhr erstmals von den Ergebnissen der Untersuchungen.

Wie geht es jetzt weiter?

„Diese neuen Erkenntnisse erfordern eine komplette Neubewertung der Sachlage“, sagt Frank Dehmer. Bislang ging man davon aus, dass man die vorliegenden Mängel zeitnah beseitigen kann – wenn auch mit einem erheblichen finanziellen Mehraufwand und unter Zähneknirschen aller Beteiligten.

„Jetzt aber hat sich herausgestellt, dass nahezu der komplette sanierte Bereich im Prinzip erneut saniert werden muss“, sagt Geislingens Oberbürgermeister. „Das ist für uns alle ein Schlag ins Gesicht. Ursprünglich wollten wir noch in diesem Jahr mit dieser „Sanierung der Sanierung“ starten. Nun brauchen wir einen neuen Masterplan.“

Gerade werden sämtliche mögliche Varianten geprüft – von der Sanierung der Sanierung, über den Rückbau zu einem „veredelten Rohbau“ bis hin zu einem Neubau der Schule. Der Gemeinderat hat die Verwaltung aufgefordert, alle Optionen auf den Prüfstand zu stellen.

„Klar ist neben dieser Fragestellung, dass wir für die betroffenen Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerschaft eine gute Übergangslösung finden müssen, die den laufenden Schulbetrieb garantiert“, sagt Frank Dehmer. „Darüber haben wir mit der Schulleitung bereits zu Beginn der Pfingstferien gesprochen. Voraussichtlich werden die Klassenzimmer übergangsweise in Container ausgelagert werden müssen.“

Bis dahin läuft der Betrieb wie bisher weiter. „Seitens der Stadt haben wir zu keinem Zeitpunkt bewusst Menschen irgendwelchen Risiken ausgesetzt und immer sofort gehandelt, wenn uns entsprechende Missstände bekannt wurden“, betont Frank Dehmer. „Auch jetzt sind die Kinder nicht in Gefahr. Infolge der Mängel beim vorbeugenden Brandschutz wurden in enger Abstimmung mit dem Brandschutzsachverständigen, der Feuerwehr, der Baurechtsbehörde und der Stadtverwaltung zielorientierte Lösungskonzepte zur Sicherstellung eines geordneten Schulbetriebs erarbeitet.“

Die Stadtverwaltung bereitet darüber hinaus derzeit auch einen Klageentwurf vor, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Hierbei handelt es sich im aktuellen Stand um ein schwebendes Verfahren – der Grund dafür, weshalb momentan zu den genauen Erkenntnissen keine weiteren Auskünfte gegeben werden können. „Wir bitten die Bevölkerung in diesem Punkt um großes Verständnis“, sagt Frank Dehmer. „Wir würden gerne noch transparenter informieren, wir wollen aber die Erfolgsaussichten unserer Klage nicht unnötig gefährden. Zum gegebenen Zeitpunkt werden wir weitere Informationen der Öffentlichkeit zugänglich machen können.“

Aufklärung MiGy

Die Öffentlichkeit wurde von unserer Seite darüber informiert, dass neben der Vorbereitung des gerichtlichen Klagewegs die Stadtverwaltung sich in einem internen Aufarbeitungsprozess befindet –  auch eine Forderung des Gemeinderats.

Jeder Oberbürgermeister, wie auch der Gemeinderat sind auf die Informationen der Fachleute angewiesen. Dies betrifft sowohl die Planungsvorbereitung und den getroffenen Baubeschluss als auch die in der Amtszeit des amtierenden Oberbürgermeisters durchgeführte bauliche Abwicklung. Rückblickend sind heute einige getroffene Entscheidungen sicherlich anders zu bewerten, doch der zeitliche Druck – Umbau während des Schulbetriebs – schlossen seinerzeit einen Baustopp oder einen Austausch des Planerteams während der Bauphase aus. Bedacht werden muss, dass dieses innovative Konzept nicht ohne großen Zeitverlust von einem anderen Planungsteam hätte übernommen werden können. Ungeachtet dessen liegt die Verantwortlichkeit für die Erstellung eines fehlerfreien Bauwerks in erster Linie bei den hierfür beauftragten Büros und Firmen.

Aus der Aufarbeitung werden gemeinsam mit dem Gemeinderat Schlüsse gezogen, um die Stadt in Zukunft vor solchen Fehlern zu schützen.

 

PM Stadt Geislingen an der Steige

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