Vertrauen in Städte und Beamte auf dem gerichtlichen Prüfstand – Göppingen verklagt Augsburg

Wie ehrlich und vertrauensvoll müssen deutsche Städte miteinander umgehen? Und wie schnell muss eine Stadt handeln, wenn das besondere Vertrauensverhältnis eines Beamten missbraucht wird? Diese Fragen lässt die Stadt Göppingen in einem Verfahren gegen die Stadt Augsburg vor dem Landgericht Augsburg klären.

Vordergründig geht es um die Erstattung von über 150.000 Euro Personalkosten, die die Hohenstaufenstadt von der Fuggerstadt ersetzt bekommen möchte. Dahinter stehen aber die Fragen nach den besonderen Vertrauensverhältnissen zwischen den Kommunen in Deutschland und zwischen dem öffentlichen Dienstherrn und seinen Beamten. Deshalb strebt Göppingens Oberbürgermeister Guido Till auch eine gerichtliche Klärung an. Für ihn geht es vor allem um die Frage, wie Städte untereinander verkehren und zusammenarbeiten – oder ob eine Kommune die andere über so wesentliche Ereignisse bewusst im Unklaren lassen darf.

Zum Hintergrund: Am 1. März 2015 trat der vom Gemeinderat der Stadt Göppingen gewählte hauptamtliche Feuerwehr-Kommandant seinen Dienst in der Hohenstaufenstadt an. Dieser war vorher als Feuerwehr-Beamter bei der Stadt Augsburg beschäftigt. Doch obwohl die Stadt Augsburg bereits am 30. Oktober 2014 umfangreiche Unterlagen vorliegen hatte, die später zur Verurteilung des Beamten führten, wurde die Einleitung eines Disziplinarverfahrens über Monate unterlassen. Erst im März 2015, nach Dienstantritt in Göppingen, stellte die Stadt Augsburg eine Strafanzeige gegen ihren ehemaligen Mitarbeiter. Die Stadt Göppingen wirft der Stadt Augsburg nun vor, dass sie es unterlassen hat, ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten einzuleiten und die Stadt Göppingen zu informieren. Gemäß Art. 19 Abs. 1 Bayrisches Disziplinargesetz ist ein Disziplinarverfahren einzuleiten, wenn der Verdacht eines Dienstvergehens besteht – und dieses war spätestens am 30. Oktober 2014 der Fall. Gegen diese Pflicht hat die Stadt Augsburg verstoßen. Und das mit gravierenden nachteiligen Folgen für die Stadt Göppingen. Denn wäre ein Disziplinarverfahren zeitnah gegen den Beamten eingeleitet worden, hätte dieser dies im Personalfragebogen am 10. Januar 2015 angeben müssen. Beamte werden vom öffentlichen Dienstherrn (Bund, Land oder Kommune) alimentiert und genießen dienstrechtlich eine Sonderposition. Dies ist mit einem besonderen Vertrauensverhältnis des Beamten gegenüber seinem Dienstherrn verbunden. Dieses Vertrauensverhältnis hatte der betreffende Beamte in Augsburg missbraucht, ohne dass das vom Gesetz geforderte Disziplinarverfahren durch die Stadt Augsburg eingeleitet wurde. Erst später wurde er rechtskräftig zu einer Gefängnisstrafe von über einem Jahr verurteilt.

Die Kernvorwürfe der Stadt Göppingen liegen in der Nichteinleitung des Disziplinarverfahrens und im Nichtnachkommen der Informationspflicht. Beides sind Amtspflichten der Stadt Augsburg, die auch zu Gunsten anderer Kommunen wirken. Wäre ein Disziplinarverfahren rechtzeitig eingeleitet worden, dann hätte die Stadt rechtzeitig davon Kenntnis bekommen, die Einstellung des Beamten wäre nicht erfolgt und die Personalkosten wären nicht angefallen. Für Göppingens Oberbürgermeister Guido Till ist es nicht nachvollziehbar, dass sein Augsburger Kollege jegliche Information gegenüber der Hohenstaufenstadt unterlassen hat. Ein juristisch gebotenes Disziplinarverfahren solange zu verzögern, bis der Beamte den Dienstherrn gewechselt hat, widerspricht nicht nur der gesetzlichen Verpflichtung. Dies ist, so OB Till, auch kein politisch korrekter Umgang zweier Städte untereinander.

Der Gemeinderat der Stadt Göppingen hat mit Beschluss vom 17. Mai 2018 die Klage gegen die Stadt Augsburg wegen Staatshaftung beschlossen; sie wurde mit Schriftsatz vom 31. Juli 2018 erhoben. Für die Klage ist das Landgericht Augsburg zuständig. Am Montag 29. April 2019, fand im Landgericht Augsburg der öffentliche Termin zur mündlichen Verhandlung statt. Als Termin zur Verkündung einer Entscheidung ist der 29. Juli 2019 angestrebt.

 

PM Stadtverwaltung Göppingen

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