In Hattenhofen kein Fremdwort: Nachhaltigkeit – Hochschule legt aktuellen Bericht vor
Der Nachhaltigkeitsgedanke durchdringe inzwischen alle Felder kommunalen Handels in den Kommunen, so Bürgermeister Jochen Reutter in seinem Vorwort zum aktuellen Nachhaltigkeitsbericht. Jedoch könne die Gemeindeverwaltung die Aufgaben hin zu einer nachhaltigen Entwicklung nicht alleine stemmen. Dies könne nur gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern und allen kommunalen Akteuren gelingen. Beim Klimaschutz sei die Gemeinde auf einem guten Weg, dies zeige unter anderem der Erfolg beim European Energy Award. In anderen Bereichen, beispielsweise der „Einen Welt“, bestehe noch Handlungsbedarf, so Reutter.
Nicht auf Kosten anderer Menschen leben
Der Nachhaltigkeitsbericht bildet drei Bereiche der Kommunalentwicklung ab: Die ökologische Tragfähigkeit, Wirtschaft und Soziales („Gutes Leben in Kommunen“) und Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Kommunalentwicklung. Nachhaltig handeln heißt, nicht auf Kosten von Menschen in anderen Regionen der Erde zu leben oder die Erfüllung der Bedürfnisse zukünftiger Generationen zu gefährden („Von den Zinsen leben, nicht vom Ertrag“). Dabei bilden die Belastbarkeit der Erde und der Natur die absolute Grenze. Ein Rückgang an natürlichen Ressourcen und Rohstoffen kann nicht nur zusätzliche Aktivitäten in anderen Bereichen ausgeglichen werden. Der Nachhaltigkeitsbericht fußt auf einer Initiative der letzten Landesregierung und soll eine Vernetzung mit der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes erreichen. Erstellt hat ihn für Hattenhofen die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Geislingen/Steige. Dabei wurde der Bericht aus dem Jahr 2014 fortgeschrieben.
Teil A: Ökologische Tragfähigkeit
Hattenhofen treibt den Klimaschutz und die Energiewende voran. Beispiele und Handlungsfelder sind der European Energy Award, die Mitgliedschaft im Klimabündnis, das laufende Quartierskonzept für das Wohngebiet Bruckwiesen, diverse energetische Sanierungen für Gemeindegebäude, Energieprojekte in der Schule und die geplante Umstellung auf Ökostrom. Auch die Förderung des Radverkehrs und die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Lampen gehören dazu. 90 Prozent der Gemarkung Hattenhofen sind als Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Der Erhalt der Streuobstwiesen wird durch unterschiedliche Maßnahmen gefördert. Hattenhofen wächst sehr langsam, der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsflächen an der Gesamtfläche ist von 18 Prozent im Jahr 2005 auf rund 19 Prozent angestiegen.
Teil B: Wirtschaft und Soziales
Das interkommunale Gewerbegebiet auf Markung Zell u. A. stärkt die Wirtschaft und schafft neue Arbeitsplätze. Die Zahl der Arbeitslosen in den letzten zehn Jahren ist in Hattenhofen rückläufig. Dafür hat die Anzahl der Ausbildungsverhältnisse im Verhältnis zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zugenommen. Die Zahl der Empfänger von sozialen und staatlichen Leistungen sinkt seit dem Jahr 2009 kontinuierlich und ist erst im letzten Jahr wieder leicht angestiegen.
Hattenhofen fördert, so die Autoren des Nachhaltigkeitsberichts, eine soziale, gesunde und sichere Kommune. Beispiele sind das Mehrfamilienhaus Ledergasse 3 mit einem hohen Ökostandard, der zweijährlich stattfindende Gesundheitstag mit Nachbarkommunen, das geplante E-Bürgerauto und die Umrüstung von Bushaltestellen auf Barrierefreiheit.
Die medizinische Versorgung der Bevölkerung ist sichergestellt, im Ort gibt es zwei Allgemeinärzte, einen Zahnarzt und eine Apotheke. Hattenhofen ist eine sichere Gemeinde, dies belegt die jährlich ermittelte Kriminalstatistik der Polizei: Mit 11 bis 14 Straftaten je 1.000 Einwohner (Durchschnitt der letzten Jahre) liegt die Anzahl der bekannt gewordenen Taten weit unter dem Landeswert von rund 56 Straftaten je 1.000 Einwohner und auch unter dem Landkreisdurchschnitt mit 38 Straftaten.
Hattenhofen unterstützt Kultur und Bildung, unter anderem durch eine Schülerbücherei, durch Bildungspatenschaften und durch die Volkshochschule im Raum Bad Boll. Der Anteil der Übergänge von der Grundschule an weiterführende Schulen steigt kontinuierlich. Für die Belange von Senioren und Kindern stehen unter anderem das Seniorenzentrum in der Ortsmitte und zahlreiche Kinderspielplätze. Der Anteil der kommunalen Ausgaben für die Kinder- und Jugendarbeit stieg in den letzten sieben Jahren kontinuierlich an.
Bei der Bevölkerung allerdings, wo der so genannte „Wanderungssaldo“ jährlich schwankt, ziehen unterm Strich mehr Bürger aus Hattenhofen fort als zuziehen. Daran ändert auch nichts der Bevölkerungszuwachs von etwa 50 Asylbewerbern, die derzeit in Hattenhofen untergebracht sind.
In der Kommunalpolitik, zumindest was den Anteil der Frauen im Gemeinderat anbelangt, besteht zahlenmäßig keine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am öffentlichen Leben. Der Frauenanteil in den letzten drei Gemeinderäten betrug 14 Prozent und 25 Prozent, aktuell 17 Prozent.
Teil C: Rahmenbedingungen einer nachhaltigen Kommunalentwicklung
Hattenhofen betreibt seit Jahren ein Energiemanagement für seine Gebäude. Seit 2008 sinkt der durchschnittliche Wärmeverbrauch konstant, auch der Stromverbrauch lässt nach. Der jährliche Verbrauch von Recyclingpapier ist allerdings leicht angestiegen, auf sechs Tonnen im Jahr 2015, obwohl zwischenzeitlich viel mit E-Medien gearbeitet wird.
Zu verschiedenen Themen beteiligt die Gemeinde ihre Bürger, im Jahr 2010 die komplette Bürgerschaft, im Herbst 2013 eine Online-Umfrage zum Straßenfest und aktuell eine Bürgerbefragung im Wohngebiet Bruckwiesen zu regenerativen Energien.
Leider ist auch in Hattenhofen der allgemeine Trend zur 50 Prozent-Marke bei Kommunalwahlen zu erkennen. Bei der letzten Kommunalwahl lag die Wahlbeteiligung bei 59 Prozent und damit niedriger als in den Vorjahren.
Mit der Hermann und Hilde Walter-Stiftung fördert die Gemeinde soziale und kulturelle Projekte in der Gemeinde. Das Ehrenamt unterstützt und würdigt sie in verschiedenen Projekten. Derzeit gibt es 5,4 Vereine pro 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner, dieser Wert liegt leicht über den Vorjahren.
Die Grundschule unterstützt seit vielen Jahren mit Erlösen von Schulfesten den Aufbau und die Unterhaltung einer Grundschule in Bangladore/Indien.
Gemeinderat genehmigt Planung für Neubauprojekt in der Ledergasse – Bauzeit mindestens ein Jahr
Die beiden geplanten Sechs-Familienhäuser in der Ledergasse 2 und 4 werden zweieinhalb, dreieinhalb und viereinhalb Zimmer sowie große Maisonettenwohnungen anbieten. Die Wohnfläche beträgt zwischen 62 Quadratmetern und 124 Quadratmetern. Das Ziel, so Bürgermeister Jochen Reutter, sei eine relativ breite Streuung von Wohnungen, um unterschiedliche Familientypen zu berücksichtigen. Ein Aufzug wird bis ins zweite Obergeschoss fahren, in die Maisonettenwohnungen im Dachgeschoss führt eine Wendeltreppe. In diesen Dachgeschosswohnungen könnte beispielsweise eine Pflegekraft wohnen, falls der Pflegefall eintritt, so Reutter über Gedanken der künftigen Nutzung. Die Häuser haben eine gemeinsame Tiefgarage.
Bei einer längeren Diskussion über Schiebeläden oder Rollläden an den Giebelseiten entschied sich der Gemeinderat aus Verkaufsgründen für letztere, was auch die geplante Fassade leicht ändern wird (siehe beiliegende Ansicht der Mehrfamilienhäuser). Ein Anschluss an die Nahwärmezentrale Schule-Sillerhalle-Seniorenzentrum und eine Wärmedämmung von knapp 37 Zentimeter sorgen für einen hochwertigen Wärmestandard entsprechend KfW 75 wie schon beim „Besonderen Haus“ in der Ledergasse 3. Mangels detaillierter Planung kann die Kommunale Wohnbau GmbH, die als Bauherrin auftritt, den Interessenten derzeit noch keine genauen Verkaufspreise nennen. Dies ist frühestens nach Ausarbeitung der Bauanträge möglich. Die Innenplanung ist noch in manchen Punkten flexibel und richtet sich nach den Wünschen der künftigen Käufer. Der Bauantrag soll vor den Sommerferien gestellt werden, die Ausschreibungen sind für den Herbst geplant. Darüber informierten Franziska und Bernd Liebrich vom gleichnamigen Architekturbüro. Bei einem Baubeginn Anfang 2017 könnten die beiden Häuser im Frühjahr 2018 bezugsfertig sein.
Anwohnervorschläge im Bruckwiesen werden teilweise umgesetzt
Über 14 Verbesserungsvorschläge von Anwohnern der Wohnsiedlung Bruckwiesen, die im Rahmen der Umfrage zum Quartierskonzept bei der Verwaltung eingingen, informierte Bürgermeister Jochen Reutter den Gemeinderat. Bis auf einen Punkt stimmte der Gemeinderat den Stellungnahmen der Verwaltung zu: Abweichend vom Verwaltungsvorschlag sollen keine Geschwindigkeitsüberwachungen durch die Polizei in der Bruckwiesenstraße beantragt werden. Anwohner hatten dies beantragt. Ein Gemeinderat empfand dies als zu starke staatliche Überwachung, zumal im Bruckwiesen überwiegend nur die Anwohner fahren. Es reiche, wenn man regelmäßig den gemeindlichen „Tempomat mit Smiley“ aufstelle. Diese Haltung hat der Gemeinderat übernommen.
Die Bäume entlang der Bruckwiesenstraße werden nicht – wie von manchen gewünscht – ausgetauscht, allerdings werden bei Neupflanzungen nur noch kleinkronige Bäume nachgepflanzt und, wen möglich, der Pflanzabstand erhöht. Für ein beantragtes Verbot der LKW-Durchfahrt in der Bruckwiesenstraße sieht die Verwaltung keinen Grund und auch keine Rechtsgrundlage. Die Straßenbeleuchtung wird verbessert, indem auf LED umgerüstet wird. Beim Winterdienst und Kehrdienst wird sich in den Stichstraßen nichts ändern: Die Gemeinde räumt hier nur in Extremfällen. Weitere Hundetoiletten im Bereich des Bruckwiesen werden nicht aufgestellt, auf der Markung stehen schon 13 Stück. Das Problem der Hundetoiletten, so BM Reutter, sei nicht fehlende Standorte, sondern die Nichtbenutzung der vorhandenen Toiletten. Pauschal wurde beantragt, den Spielplatz am Bruckwiesen sicherer zu machen. Die Verwaltung hält den aktuellen Zustand für ausreichend. Dafür wird der Straßenbelag erneuert. Für eine bessere Busverbindung, die auch durch den Bruckwiesen führt, ist der Nahverkehrsplan abzuwarten. Letztlich, so Reutter, lebe der ÖPNV aber von der Nutzerfrequenz. Parkprobleme, wie manche Einwohner, sieht die Verwaltung im Bruckwiesen nicht. In der gesamten Bruckwiesenstraße kann geparkt werden. Zur Not muss man nach dem Parken ein paar Meter zu Fuß gehen. Eine bessere Internetverbindung ist nur möglich durch einen Wechsel zu Unitymedia. Die Telekom wird sich in Hattenhofen nicht engagieren. Aussagen zur Nutzung von Geothermie sind erst möglich, wenn die im Winter durchgeführten Probebohrungen zum Einzugsbereich des Sauerbrunnens ausgewertet sind.
PM