Wir fordern die Landesregierung auf: Stimmen Sie der Klinik-Reform der Bundesregierung in der jetzigen Fassung nicht zu!
Die Landesregierung wird aufgefordert, bei der Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die Inflationslücke 2022 bis 2024 geschlossen und die Finanzierung der Krankenhäuser in Baden-Württemberg gesichert wird.
KHVVG: Der Vermittlungsausschuss muss angerufen werden!
Der Kreistag des Landkreises Göppingen fordert die Landesregierung auf, dem Entwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG)im Bundesrat nicht zuzustimmen.
In einem Vermittlungsverfahren muss ein vollständiger Ausgleich der Inflationslücken 2022 bis 2024 durch eine entsprechende Anhebung des Landesbasisfallwertes (mindestens 4 %) sowie Verbesserungen bei der geplanten Vorhaltefinanzierung erfolgen. Zudem müssen die wesentlichen Forderungen der Länder im KHVVG berücksichtigt werden. Außerdem muss die zugesagte Auswirkungsanalyse der Krankenhausreform auf Landkreisebene unverzüglich durchgeführt und transparent gemacht werden. Für die besondere Situation der stationären Krankenhausversorgung in Baden-Württemberg mit
– bereits erfolgter Reduktion der Planbetten auf die niedrigste Bettenzahl pro 100.000 Einwohner bundesweit
– niedrigster Krankenhaushäufigkeit (stationäre Behandlungen/100.000 Einwohner p.a.)
– höchstem Lohnniveau im Bundesvergleich
ist ein adäquater finanzieller Ausgleich für Baden-Württemberg sicherzustellen.
Landkreise können die Kosten nicht stemmen
Die Landkreise in Baden-Württemberg befinden sich in einer äußerst angespannten Haushaltslage. Besonders belastend wirkt sich in vielen Kreishaushalten der Defizitausgleich für den laufenden Betrieb der kreiseigenen Krankenhäuser aus.
Hierfür sind die Landkreise bei aktueller Gesetzeslage der sog. „Dualen Finanzierung“ nicht zuständig, dies obliegt den Krankenkassen. Die Rahmenbedingungen setzt dabei der Bundesgesetzgeber. Die Finanzierungsmechanismen tragen der tatsächlichen Kostenentwicklung der vergangenen Jahre in den Kliniken in keinster Weise Rechnung. Trotz vielfältiger Bemühungen der Länder, der Krankenhausgesellschaften und der kommunalen Spitzenverbände in Bund und Ländern weigert sich die Bundesregierung bis heute, die notwendigen Inflationsausgleiche der Jahre 2022 bis 2024 vorzunehmen. Wird diese Lücke nicht geschlossen, wird es weitere Krankenhäuser geben, die von Insolvenz bedroht sind bzw. insolvent werden. Und die Defizite steigen weiter. 2020 betrug das Defizit des ALB FILS KLINIKUMs – 5,3 Mio. €.
Für das Jahr 2024 wird ein Defizit von voraussichtlich rd. – 17 Mio. € erwartet. Allein durch die Finanzierungslücken der Jahre 2022 bis 2024 aufgrund nicht gedeckter Kostensteigerungen (unzureichende Erhöhung der Landesbasisfallwerte) startet das ALB FILS KLINIKUM in das Jahr 2025 bereits am ersten Tag des Jahres mit einem Defizit von – 15 Mio. €. Die Gesundheitsversorgung für die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises genießt höchste Priorität. Allerdings können solche Lasten nicht auf Dauer durch den Landkreis gestemmt werden. Erneut werden die Landkreise zu Ausfallbürgen, weil sie Verantwortung für die Sicherstellung der hochwertigen und ortsnahen stationären Versorgung übernehmen. Dies gefährdet jedoch jegliche finanziellen Spielräume der kommunalen Selbstverwaltung der Landkreise, ihrer Städte und Gemeinden. Ausgangspunkt für die Krankenhausreform war die klare Erkenntnis, dass die Krankenhausvergütung neu und sachgerecht ausgestaltet wird und daher eine Krankenhausreform unerlässlich ist. Insofern ist anzuerkennen, dass das KHVVG notwendige Elemente für eine Neuausrichtung der Krankenhausstrukturen enthält.
Besondere Lage in Baden-Württemberg
Herr Bundesminister Lauterbach hat bereits mehrfach betont, dass Baden-Württemberg in Sachen stationäre Krankenhausversorgung das Vorzeigeland ist und schon jetzt weitgehend effiziente Versorgungsstrukturen vorhält. Gleichzeitig haben die Krankenhäuser in Baden-Württemberg bundesweit die höchsten Defizite. Für das laufende Jahr 2024 geht die baden-württembergische Krankenhausgesellschaft von einem landesweiten Defizit i.H.v. 900 Millionen Euro aus. Der aktuelle Entwurf des Reformgesetzes führt allerdings dazu, dass insbesondere Baden-Württemberg für seine in der Vergangenheit bereits erbrachten Leistungen und Anstrengungen um eine bedarfsgerechte Krankenhauslandschaft eine wesentliche Schlechterstellung erfährt.
In Baden-Württemberg sind nur noch in geringem Maße Strukturveränderungen in der Krankenhauslandschaft notwendig. Im Landkreis Göppingen wurde mit dem
umstrittenen Kreistagsbeschluss zur Beendigung der stationären Versorgung an der
Helfenstein Klinik in Geislingen bereits eine wesentliche strukturelle Änderung
vorgenommen.
Überdies ist durch die Krankenhausreform weder eine echte Entökonomisierung noch eine spürbare Deregulierung und Entbürokratisierung erkennbar. Dies widerspricht der Vereinbarung im Eckpunktepapier zwischen Bund und Ländern vom 10. Juli 2023.
Wir fordern daher die Bundes- und Landesregierung jetzt dringend zum Handeln auf und bitten, dem Gesetz in seiner vorliegenden Form nicht zuzustimmen!
Mehrheitlich vom Kreistag am 8.11.2024 verabschiedet.
Joachim Abel