Das Gesundheitszentrum an der ehemaligen Helfensteinklinik ist voll ausgelastet und arbeitet sehr gut, so Landrat Edgar Wollf anlässlich der Kreistagssitzung am 8. November. Die Nutzung der Altgebäude ist dagegen nicht auskömmlich. Zurzeit sind nur rund ca. 42 % der Gesamtfläche für Gesundheitsnutzungen vermietet und reserviert. Aber mindestens 80 bis 90 % sind für einen rentablen Betrieb nötig. So beträgt das Minus jährlich über 700.000 Euro ohne Investitionen in die Substanz.
Für die aktuellen Interessenten von nennenswerten Flächen besteht allerdings die Notwendigkeit, die aktuellen Räumlichkeiten so umzubauen, dass gesetzliche Rahmenbedingungen (z.B. Heimbauverordnung, Hygienevorschriften) oder praktische Anforderungen an den Betrieb erfüllt werden. Hinzu kommen die im Gutachten von Drees & Sommer veranschlagten ca. 39 Millionen € für Instandhaltung und Sanierung des Bestandes. Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung von Drees & Sommer hat ergeben, dass eine Auslastung im Bereich von 80-90 % notwendig ist (ohne Investitionstätigkeit), um diese Kosten langfristig zu refinanzieren. Unter Berücksichtigung der erforderlichen Investitionstätigkeit wird gegenwärtig kein wirtschaftlicher Betrieb in Aussicht gestellt.
Seit Ende Juli 2024 haben wir Klarheit darüber, dass der Landkreis oder eine kreiseigene GmbH in das Gebäude zum ausschließlichen Zwecke der anschließenden Vermietung aufgrund von kommunalrechtlichen Vorgaben nicht investieren darf. Dies ergab ein Rechtsgutachten einer namhaften Kanzlei aus Stuttgart im Auftrag des Landkreises. Diese Rechtsauffassung wird vom Regierungspräsidium Stuttgart zu 100 % bestätigt. Es wird die Veräußerung an einen neuen Eigentümer empfohlen.
Primäres Ziel des Landkreises, der ALB FILS KLINIKUM GmbH und der Stadt Geislingen bleibt es, das Gebäude in seiner Struktur möglichst zu erhalten und mindestens 50 % gesundheitsbezogene Nutzung vorzugeben. Um aber am Markt Interessenten für den Kauf des Areals zu finden, muss geprüft werden, inwiefern der Gebäudebestand und der Flächennutzungsplan überhaupt attraktive Gestaltungsmöglichkeiten für einen wirtschaftlichen Betrieb bieten. Die Gremien der ALB FILS KLINIKUM GmbH, der Kreistag Göppingen sowie der Gemeinderat Geislingen befassen sich in den nächsten Wochen mit diesen Fragen. Herr Landrat Wolff hat in der Kreistagssitzung am 11.10.2024 im Rahmen seiner Rede zur Haushaltseinbringung hierzu informiert. Am 24.10.2024 wird der Gemeinderat der Stadt Geislingen sowie das Bürgerbündnis informiert. Der Kreistag befasste sich in seiner Sitzung am 08.11.2024 erneut mit dem weiteren Fortgang. Gefunden werden sollen entsprechende Rahmenbedingungen für eine Suche nach einem neuen Eigentümer welche ausreichend attraktiv sind, um einen neuen Eigentümer zu finden.
Wir wollen weiterhin möglichst umfangreiche medizinische Angebote an diesem Standort. Das sind wir der Raumschaft schuldig, so Landrat Wolff, wir wollen das bestmögliche erreichen.
In einer der nächsten Kreistagssitzungen soll die Verwaltung ein „Lastenhelft“ erstellen, in dem festgeschrieben wird, welche Forderungen der Landkreis an einen möglichen Investor stellt.
Albrecht Römpp (OptiMedis AG) erläuterte dem Kreistag nochmals die Rahmenbedingungen. Seit April arbeitet seine Firma an einem Nachnutzungskonzept. Einige Arztpraxen möchten ihre Praxen in das Gebäude verlegen, außerdem wird das Gesundheitsamt sein Angebot ausdehnen. Mit einen Anbieter für die Pflege behinderte Jugendlicher ist man im Gespräch. So könnte eine Auslastung von bis zu 60% realisiert werden. Eine Demenzpflegegruppe hat aber wegen fehlender Finanzierung sein Interesse zurückgezogen.
Für alle Interessenten müsste das Gebäude aber baulich angeglichen werden. Das Alb Fils Klinikum darf hier jedoch aus gesetzliche Vorgaben nicht als Investor auftreten. Da aber dauerhaft ein Defizit erwartet wird, kann auch der Kreis oder eine kreiseigene Gesellschaft nicht als Träger tätig werden. Aber die Frage bleibt, so Römpp, wer investiert in den Bestand und akzeptiert die Vorgabe, nur Gesundheitsanbieter als Mieter zuzulassen.
Es muss deshalb die Nutzung auch für andere Interessenten geöffnet werden um die Umbauten durch entsprechende Mieten refinanzieren zu können. Auch die Möglichkeit eines (Teil-) Abrisses muss diskutiert werden.
Nach Vorliegen des Lastenheftes wird die Suche nach einen neuen Eigentümer 9 bis 12 Monate dauern.
Bei alledem ist das Ärztehaus nicht gefährdet. Diese Mietverhältnisse bleiben bestehen. Die Negativkommunikation in den Tageszeitungen und der Filstalwelle schadet dem Standort insgesamt, so Römpp. Wichtig ist die Verbindung moderner Gesundheitsstandort und öffentlicher Raum, die Aufwertung des Quartiers Seebach/Katzenloch sowie die Weiterentwicklung der Gesundheitsregion Geislingen/Oberes Filstal.
Wolfgang Rapp von der CDU mahnt die Beteiligung der Stadt Geislingen an. Jetzt sollen nur noch die Scherben zusammengekehrt, wir hätten uns von der Firma OptiMedis AG viel mehr erwartet. Sie hatten den Auftrag uns Ideen zu liefern, Jetzt fordern sie uns auf, Ideen beizusteuern. Haben Sie im Vorfeld schon mit Investoren gesprochen? Gibt es überhaupt Interesse? Würden Sie auch Konkurrenten zum ALB FILS KLINIKUM zulassen? Der Name „Gesundheitszentrum“ sorgt in der Bevölkerung für große Erwartungen.
Landrat Wolff zu den Fragen: wir haben immer noch die Chance, aus diesem Standort etwas ganz Besonderes zu machen.
Wolfgang Schmid, Geschäftsführer des ALB FILS KLINIKUMS erklärt zu den Fragen, dass die Klinik nur als Eigentümer in Frage kommt, solange die Nutzung ausschließlich im Gesundheitssektor liegt. Außerdem ist eine Kernsanierung, 40 Millionen spätestens in 10 Jahren, von der Klinik nicht zu finanzieren.
Landrat Wolff: wenn wir keinen Investor finden, müssen wir wieder schauen.
Dr. Vöhringer, CDU: ich bin entsetzt, dass Berater für eine Million Euro Honorar so wenig leisten. Ihre Arbeit muss endlich Hand und Fuss haben. Dem widersprach der Landrat, in den drei Jahren wurde intensiv gearbeitet und es wurden hierzu auch viele Informationen veröffentlicht.
Die OptiMedis AG arbeitet nach eigenen Angaben auch daran, verschiedene Angebote des ALB FILS KLINIKUMS jetzt auch wieder in Geislingen anzubieten.
Maichle, CDU bedauert die Beauftragung der Firma OptiMedis AG.
Christian, SPD: Es entschließt sich uns nicht, warum es erst jetzt aufgefallen ist, dass eine Trägerschaft durch eine kreiseigene Gesellschaft nicht infrage kommt. Gefragt werden muss auch, ob man nicht Verwaltungen des Kreises, die jetzt in angemieteten Räumen in Geislingen residieren, in den Klinikaltbau verlagern kann.
Lehle, Grüne: In Geislingen herrscht ein großes Misstrauen und dies wird eher größer als kleiner. Eine Umsetzung in den nächsten 12 Monaten ist sehr ambitioniert. Es gibt doch auch schon eine Rechtsanwaltskanzlei im Ärztehaus, dies hat doch nicht geschadet. Mann sollte konstant weiter nach Mietern suchen statt alles auf den Verkauf zu setzen. Was passiert eigentlich, wenn kein Investor gefunden wird?
Schmid: Sollte es zu Renovierungen oder Teilabrissen kommen, muss natürlich für die vorhandenen Mieter zu einer Zwischenlösung kommen.
Frank Dehmer, Oberbürgermeister von Geislingen: Wir haben uns immer aktiv und zielstrebig in die Diskussionen und Planungen für eine Nachnutzung des Klinikgebäudes eingebracht. Bisher waren wir mit dem Verlauf auch einverstanden, aber bei einem Verkauf haben wir natürlich auch eigene Interessen. Grundstück ist jetzt im B-Plan ein Grundstück mit Sondernutzung Kliniknutzung. Die Änderung würde dauern.
Zeeb, Grüne: Auf die OptiMedis AG einzuschlagen finde ich unfair (die Grünen waren der größte Befürworter der Klinikschließung). Zeeb war der Stadt Geislingen vor, immer noch der Klinik nachzutrauern und Veränderungen zu verzögern.
Maichle, der komplette 4. Stock ist an eine Fachklinik vermietet, die dort Patienten versorgt, die im Wachkoma liegen. Was wollen wir mit den Patienten machen.
Bührle: Irgendwann muss man auch einen Decken draufmachen, auch wenn es der Abriss ist.
Till, CDU: Es ist mir nicht klar, warum ein so traditioneller und eingespielter Klinikstandort mit einem Einzugsbereich mit bis zu 100.000 Einwohnern nicht zu einem modernen Gesundheitsstandort entwickeln kann. Wir dürfen auch privatwirtschaftliche Angebote, die zu einer Konkurrenz zu Göppingen stehen nicht ausschließen.
Wangenheim, AfD: Für die vorhandenen Mieter ein neues Haus bauen und das alte komplett abreißen. Das würde auch teure Investitionen in den Brandschutz und die Statik vermeiden. Das dies eine sinnvolle Alternative ist, bestätigt auch GF Schmid, aber es muss gewollt werden.
Joachim Abel