Stellen Sie sich vor, jemand würde Europa als ein Land bezeichnen. Absurd, nicht wahr? Genauso absurd wäre es, Afrika als ein einziges Land zu betrachten. Warum wird dieser Kontinent als ein Land gesehen und gelesen? Afrika ist ein riesiger Kontinent, bestehend aus 55 souveränen Staaten, jeder mit seiner eigenen Kultur, Geschichte, Sprache, Religion und Identität. Um es in Zahlen auszudrücken: Der Kontinent Afrika erstreckt sich über mehr als 30 Millionen Quadratkilometer – das ist etwa 80-mal die Fläche Deutschlands!
Von den endlosen Weiten der Sahara bis zu den üppigen Regenwäldern des Kongobeckens, von den majestätischen Gipfeln des Atlasgebirges bis zu den malerischen Küsten des Indischen Ozeans – Afrika bietet eine beeindruckende Vielfalt an Landschaften und Ökosystemen. Jeder dieser Orte hat seine eigene Geschichte zu erzählen, seine eigenen Traditionen und seinen eigenen einzigartigen Reiz.
So vielfältig wie die Landschaften ist auch die Geschichte Afrikas. Man denke nur an die alten Zivilisationen Ägyptens und Nubiens, die Reiche Malis und Songhais, die Königreiche Simbabwes und die blühenden Swahili-Städte an der Ostküste. Und doch wurde diese reiche Geschichte oft vom Schatten der Kolonialisierung überlagert. Kolonialmächte zogen künstliche Grenzen und unterdrückten die einheimische Bevölkerung. Doch der afrikanische Kontinent hat sich erhoben! Seit der Dekolonisation Mitte des 20. Jahrhunderts haben viele afrikanische Länder große Anstrengungen unternommen, ihre Unabhängigkeit zu festigen und ihre Identität neu zu definieren.
Von Kamerun nach Deutschland: Eine neue Identität
In Kamerun war ich nur Vera Sompon. Eine Frau, die studiert hat, engagiert ist und gerne Verantwortung übernimmt, um Menschen in Not zu helfen. Doch als ich nach Deutschland kam, merkte ich, dass ich plötzlich viele neue Identitäten hatte: Afrikanerin, schwarze Frau, Migrantin. Plötzlich wurde ich – unabhängig von meinen Qualifikationen oder meinem Engagement – auf meine Hautfarbe, Sprache, Herkunft und Religion reduziert.
Ein schwarzer Mensch wird oft automatisch als „Afrikaner“ gesehen und gelesen und in eine Schublade gesteckt. Diese Zuschreibungen basieren häufig auf Vorurteilen und spiegeln oft Unwissenheit und Unkenntnis des Gegenübers wider. Die afroamerikanische Dichterin Pat Parker hat dieses Thema treffend beschrieben: „Vergesst, dass ich schwarz bin. Und zweitens, vergesst nie, dass ich schwarz bin“. Ein Paradoxon, das Verwirrung stiftet und uns zwingt, unsere eigenen Denkmuster zu hinterfragen.
Was hat Afrikanischsein mit Zuschreibung zu tun? Eine ganze Menge! Es beginnt mit den Bildern, die wir im Kopf haben, den Erfahrungen, die wir gemacht haben, den Geschichten, die wir gehört haben, den Liedern, die wir gesungen haben, den Spielen, die wir gespielt haben. Die Literatur und die Medien, die wir konsumieren, prägen unser Denken und Handeln.
Afrika ist kein Land!
Von den arabischen Staaten im Norden bis zu den Ländern südlich der Sahara umfasst der Kontinent 55 Länder. Manchmal wünscht man sich, Ägypten wäre kein afrikanisches Land. Schade nur, dass sich die geografische Lage nicht ändern lässt – dort hat die Zivilisation der Welt begonnen. Wissenschaft, Medizin, Kultur auf höchstem Niveau.
Neben Ägypten gibt es viele weitere wunderschöne Länder, aus denen unsere Bürger:innen des Kontinents in Göppingen leben: Kamerun, Nigeria, Togo, Namibia, Mali, Ghana, Gambia, Senegal, Angola, Eritrea, Benin, Guinea Conakry, Elfenbeinküste und Burkina Faso, um nur einige zu nennen. In Afrika werden mehr als 2000 Sprachen gesprochen, darunter auch die Sprachen der ehemaligen Kolonialherren wie Deutsch, Spanisch, Englisch und Französisch.
Nicht alle Schwarzen sind Afrikaner – viele sind Amerikaner, Deutsche oder Jamaikaner, aber auch sie haben eine afrikanische Geschichte. Was ich damit sagen will: Afrika ist kein Land, und Menschen mit viel Melanin kommen nicht unbedingt alle vom afrikanischen Kontinent.
Haben Sie gewusst, dass in Deutschland rund eine Million Menschen afrikanischer Herkunft leben? Im Landkreis Göppingen leben schätzungsweise rund 2.000 Menschen afrikanischer Abstammung. Diese Zahl umfasst sowohl die afrikanischen Einwanderer als auch deren Nachkommen, die die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben. Aus diesem Grund feiern wir jedes Jahr am 25. Mai das PANAFEST – Afrikatag in Göppingen zur Würdigung des Engagements von Menschen afrikanischer Herkunft. In Göppingen fördern wir das Miteinander auch mit der Ubuntu AfrikaFiesta im Juni, die Begegnung und Austausch ermöglicht. Denn nur durch Begegnung und intensiven Austausch lernt man sich wirklich kennen und viele Vorurteile werden abgebaut!
Ich lade Sie herzlich ein, die VHS-Themenreihe „Afrika ist kein Land“ zu besuchen, wenn Sie mehr über den Kontinent Afrika erfahren möchten. Dort finden Sie spannende Vorträge, Workshops und Seminare zu verschiedenen Themen rund um Afrika.
Afrika als ein Land zu betrachten, wird der Komplexität und Vielfalt des Kontinents nicht gerecht. Es ist wichtig, Afrika in seiner ganzen Breite und Tiefe zu verstehen und anzuerkennen. Nur so können wir die Herausforderungen und Potenziale dieses faszinierenden Kontinents wirklich wertschätzen und unterstützen. Afrika ist kein Land – es ist ein Kontinent der Vielfalt, des Reichtums und der unermesslichen Möglichkeiten.
Ein kleines Quiz:
- Wie viele Länder hat Afrika? nennen sie sie!
- Woher kommt die Zivilisation?
- Aus welchem Land kommt Vera Sompon?
- Wie viele Menschen mit afrikanischen Wurzeln leben in Göppingen?
Haben Sie sich schon alle Termine vorgemerkt? Denn der Kontinent feiert jedes Jahr seine Kinder und Jugendlichen! Sei dabei!
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Vera Sompon
Geschäftsführerin Sompon Socialservices Baden-Württemberg e.V.