Fledermäuse faszinieren die Menschen seit jeher. So auch die Stuttgarter Regierungspräsidentin Susanne Bay: „Die Fähigkeit sich mit Hilfe von Ultraschall zu orientieren und so im Dunkeln fliegen zu können, finde ich sehr beeindruckend“. Doch den nützlichen Insektenfressern drohen vielfältige Gefahren – etwa durch Lebensraumverlust, ein verringertes Nahrungsangebot, der Einsatz von Pestiziden und Holzschutzmitteln, der Ausbau der Windkraft und Quartierzerstörungen. Aus diesem Grund hat sich das Regierungspräsidium Stuttgart entschlossen, die Fledermäuse in das Artenschutzprogramm (ASP) für hochgradig gefährdete Arten aufzunehmen.
Von einigen der im ASP umgesetzten Maßnahmen konnte sich Regierungspräsidentin Bay gestern (1. August 2024) in Bad Ditzenbach ein Bild machen.
Die Alte Dorfkirche beherbergt eine sogenannte Wochenstube von Großen Mausohren mit rund 300 Weibchen und ihren Jungtieren. In diesen Quartieren ziehen die Weibchen gemeinsam ihre Jungen auf. Ihnen kommt damit eine zentrale Bedeutung beim Erhalt der Arten zu.
Regierungspräsidentin Susanne Bay erklärte: „Ich freue mich, das Artenschutz-Quartier in Bad Ditzenbach zu besuchen und mir vor Ort ein Bild von der bedeutsamen Arbeit aller Engagierten machen zu können. Fledermäuse sind von großer Bedeutung für das Gleichgewicht in unserem Ökosystem, jedoch sind viele Fledermausarten besonders gefährdet, was unser Handeln notwendig macht. Mit dem Artenschutzprogramm sollen die bedrohten Tiere im Bestand stabilisiert und gestärkt werden. Mein Dank gilt auch den Ehrenamtlichen, die mit ihrem Engagement einen großen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt leisten.“
Seit April 2022 werden im Rahmen des ASP Wochenstuben der vom Aussterben bedrohten Arten Graues Langohr, Mops – und Brandtfledermaus sowie die Quartiere des stark gefährdeten Großen Mausohrs betreut.
Einen wesentlichen Teil der Betreuung vor Ort übernehmen Ehrenamtliche. Sie dienen als Ansprechpartner bei Fragen rund um die Quartiere und führen regelmäßige Kontrollen der Bestände durch. Das ASP unterstützt die Ehrenamtlichen bei schwierigen Problemstellungen zum Beispiel bei anstehenden Sanierungen und setzt konkrete Hilfsmaßnahmen wie Verdunkelungen, taubensichere Einflugöffnungen, Säuberung der Quartiere oder Quartieroptimierungen um.
Doch auch jeder Einzelne von uns kann mit einfachen Maßnahmen den Fledermäusen helfen und ihre Nahrung fördern oder Quartiere erhalten.
So können Sie helfen:
- Im Garten eine blütenreiche Wiese mit heimischen Pflanzen entwickeln oder eine „wilde“ Ecke belassen, wo sich Insekten entwickeln können, die Fledermäusen als Nahrung dienen
- Bestehende Quartiere an Gebäuden (zum Beispiel in Rolladenkästen, hinter Fensterläden oder Holzverschalungen) erhalten und bei Sanierungen oder Umbauten berücksichtigen
- Höhlenreiche Bäume als Quartiere erhalten und fördern
- Lichtverschmutzung reduzieren: Lampen mit einem geringen UV/Blau-Anteil verwenden, den Abstrahlwinkel des Lichtkegels minimieren, nur die zu beleuchtende Fläche anstrahlen und nicht den Nachthimmel oder die Umgebung, Streulicht mit Hilfe von Reflektoren oder Blenden reduzieren
- Wenn Sie eine Fledermaus finden, informieren Sie die untere Naturschutzbehörde oder die Ehrenamtlichen der Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz (agf-bw.de)
Fünf interessante Fakten zu Fledermäusen:
- Als Insektenfresser sind Fledermäuse sehr hilfreich: Eine Zwergfledermaus kann in einer Nacht bis zu 1.000 Mücken vertilgen.
- In der Ruheposition hängen Fledermäuse Kopf über – ohne, dass sie dafür Kraft aufwenden müssen oder ihnen das Blut in den Kopf läuft.
- Während des Winterschlafs senken sie ihre Körpertemperatur auf bis zu 3 °C ab und verlangsamen Herzschlag und Atmung dabei um das 40-fache.
- Fledermäuse sind die einzigen Säugetiere, die fliegen können.
- Obwohl sie nur wenige Gramm schwer sind, wandern manche Arten wie zum Beispiel die Rauhhautfledermaus bis zu 1.900 Kilometer weit zwischen ihrem Sommerlebensraum und dem Winterquartier.
Hintergrundinformation zum Artenschutzprogramm:
Das Arten- und Biotopschutzprogramm Baden-Württembergs, verankert in § 39 NatSchG, ist ein wichtiges und besonders reaktionsschnelles Instrument des Landes zum Schutz und Erhalt stark bedrohter Tier- und Pflanzenarten sowie ihrer Lebensräume. Es ist damit von zentraler Bedeutung für die biologische Vielfalt im Land.
Ziel des Arten- und Biotopschutzprogramms ist es, vom Aussterben bedrohte und hochgradig gefährdete Tier- und Pflanzenarten, sowie solche Arten, für die das Land eine besondere Verantwortung hat, im Bestand zu stabilisieren und zu fördern. Durch intensive Betreuung, Absprache mit Grundstückseignern und -bewirtschaftern, spezielle Pflege der Standorte etc. konnte und kann das Überleben zahlreicher vom Aussterben bedrohter Populationen gewährleistet werden.
Foto: Regierungspräsidentin Bay bei ihrem Besuch des Fledermausquartiers in Bad Ditzenbach, Quelle: RPS
PM Regierungspräsidium Stuttgart