Wie bereits am vergangenen Freitag in einer Pressemitteilung (https://swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/krankenhaeuser-kliniken-bw-geld-schulden-hilfe-100.html) von Landkreistag, Städtetag und BWKG veröffentlicht wurde, stehen die Krankenhäuser vor dem Kollaps, die finanzielle Situation der Kliniken im Land ist dramatisch. Der Landkreistag, Städtetag und BWKG appellierten gemeinsam an Bund und Land, schnell und nachhaltig für eine finanzielle Entlastung der Kliniken zu sorgen. Das ALB FILS KLINIKUM und die Christophsbad Klinikgruppe nehmen dies zum Anlass, erneut die eigene prekäre finanzielle Situation im Landkreis Göppingen darzulegen.
„Die Krankenhausdefizite werden so lange ansteigen, bis eine dringend notwendige finanzielle Entlastung der Krankenhäuser umgesetzt wird. Der Krankenhausbereich leidet massiv unter einer drastischen Unterfinanzierung“, betont Wolfgang Schmid, Kaufmännischer Geschäftsführer des ALB FILS KLINIKUMS und setzt einen Appell an die gesetzgebenden Instanzen: „Wir fordern Bund und Länder dringend dazu auf, die finanzielle Situation im Gesundheitswesen schnell und nachhaltig zu verbessern. Denn die Krankenhäuser hängen schon längst am Tropf.“
Zuerst in einem Sommergespräch mit Landtagsabgeordneten und anschließend in einer Pressekonferenz schlossen sich Landrat Edgar Wolff, Dr. med. Ingo Hüttner, Medizinischer Geschäftsführer des ALB FILS KLINIKUMS, Wolfgang Schmid, Kaufmännischer Geschäftsführer des ALB FILS KLINIKUMS und Rudolf Schnauhuber, Geschäftsführer der Christophsbad Klinikgruppe den Appellen von Landkreistag, Städtetag und BWKG an. „Eine gute, qualitative und moderne Gesundheitsversorgung hat seinen Preis. Auch in der Gesundheitsbranche sind die Kosten dramatisch gestiegen im Vergleich zu den letzten Jahren. Die daraus resultierende Unterfinanzierung ist nicht allein durch eine Strukturreform zu lösen. Hier müssen die Verantwortlichen schnell handeln, und die kalte Strukturreform dringend stoppen.“, so Rudolf Schnauhuber, Geschäftsführer der Christophsbad Klinikgruppe.
Leider waren der Einladung an alle Bundes- und Landtagsabgeodneten nur die Landtagsabgeordeneten Sarah Schweizer und Ayla Cataltepe gefolgt. Sie forderten die Kliniken auf „lauter zu werden“. Aber Demos wie bei den Bauern im letzten Winter sehen die Geschäftsführer der Kliniken nicht als gehbaren Weg. Straßensperrungen mit Krankenwagen werden also nicht kommen, schließlich sind die Krankenwagen, anders als die Trecker der Bauern, immer im Einsatz für den Patienten.
Je länger die dringend notwendige finanzielle Entlastung der Krankenhäuser auf sich warten lässt, desto weiter wachsen die Krankenhausdefizite. Allein in den Jahren 2018 bis 2022 haben baden-württembergische Landkreise ihren Kliniken mit insgesamt rund 1,6 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen. „Im Landkreis Göppingen trägt seit Jahren als Alleingesellschafter der Landkreis das komplette jährliche Defizit der AFK GmbH“, so Landrat Edgar Wolff, „der Landkreis befindet sich seit Mitte 2023 in einem schwierigen und intensiven Prozess einer systematischen Haushaltskonsolidierung. Das Ergebnis eines ermittelten strukturellen Defizits spricht eine eindeutige Sprache. Dieses Defizit hat seine Ursache in weiten Teilen in Klinikdefiziten, die sich in den Jahren 2024 bis 2028 auf voraussichtlich mindestens 20 Millionen Euro pro Jahr belaufen werden. Die abzudeckenden Klinikdefizite bringen den Landkreis an die Belastungsgrenze bzw. drücken diesen an die Wand. Das kann so nicht weitergehen.“
Für das Jahr 2024 rechnen die Landkreise mit Unterstützungsbeiträgen in Höhe von 790 Millionen Euro. Auch in Landkreisen, die in den letzten Jahren umfangreiche, für die Bevölkerung schmerzhafte Strukturentscheidungen getroffen und etwa auch Klinikstandorte geschlossen haben, wird mit Defiziten im zweistelligen Millionenbereich gerechnet. Den Landkreisen, die Klinikträger sind, geht damit finanziell schlicht die Luft aus. Und dies trotz der niedrigsten Bettendichte bundesweit. Die von den Landkreisen zur Defizitabdeckung aufgebrachten Mittel stammen dabei systemwidrig aus Kreisumlagen. Systemwidrig deshalb, weil nach der klaren Rechtslage für die Krankenhausfinanzierung allein Bund und Land zuständig sind. Erste Klagen sind angekündigt oder bereits eingereicht – zum einen von Städten und Gemeinden gegen das Bundesgesundheitsministerium wegen der verzögerten Krankenhausstrukturreform zum anderen aber von privaten Klinikträgern gegen Städte und Kommunen wegen des Defizitausgleichs mit Steuermitteln. Es ist nicht tragbar, dass Landkreise und über die Kreisumlage die kreisangehörigen Städte und Gemeinden nun seit Jahren schon mit Hunderten von Millionen Euro als Ausfallbürgen für Bund und Land einstehen müssen. Lange wird dies angesichts der strukturellen Schieflage der kommunalen Haushalte nicht mehr ohne wesentliche Einschnitte in anderen Bereichen möglich sein. Landkreise, Städte und Gemeinden sind absehbar nicht mehr in die Lage, für die säumigen Schuldner Bund und Land einzuspringen. Ohne rasche Finanzhilfen droht die Krankenhausversorgung endgültig auf eine abschüssige Bahn zu geraten – mit erheblichen Risiken und Nebenwirkungen für die Patientinnen und Patienten. Zu berücksichtigen ist dabei, dass das Land und nicht der Bund den Kreisen die Pflicht zur Sicherstellung der Krankenhausversorgung übertragen hat.
Letztendlich sind es alles Steuergelder, denn den Krankenkassen, schon belastet mit vielen artfremden Aufgaben und Ausgaben sind nicht mehr in der Lage höhere Ausgaben zu schultern. Dies würde unweigerlich eine weitere Beitragserhöhung bedeuten. Dies ist angesichts der in Deutschland sowieso schon überdurchschnittlich hohen Sozialabgaben nicht vermittelbar. Anders bei den Steuern. Hier hat der Bund die größten Möglichkeiten, weitere Steuern zu generieren (Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer). Das Geld ist vorhanden, so die Geschäftsführer der Göppinger Kliniken, es muss nur gehoben werden. Die Kreis sind hier das schwächste Glied, sie haben kaum eigene Steuereinnahmen, leben von der Kreisumlage, die für das nächste Jahr erhöht werden muss. Viele Kommunen im Landkreis können sich aber schon die momentae Kreisumlage kaum leisten. Hier wird also der „Schwarze Peter“ vom Bund auf das Land und die Kreise geschoben. Geholfen ist hiermit niemanden.
Es gibt ein breites Einvernehmen, dass eine Krankenhausreform dringend notwendig ist. Mit dem aktuellen Reformvorschlag ist aber weder eine Entökonomisierung, eine Entbürokratisierung noch die Sicherung der flächendeckenden Versorgung hinreichend sicher zu erreichen. Wir haben im Landkreis Göppingen viele Hausaufgaben in der Strukturierung der Kliniken schon gemacht – Voraussetzung für eine geordnete bundesweite Krankenhausreform ist die Stabilisierung der Finanzgrundlagen. Außerdem ist es dringend notwendig, die Reform im Konsens zwischen Bund, Ländern, Krankenhäusern und den Krankenkassen zu verabschieden. Dabei muss die Planungskompetenz der Länder eindeutig verankert und vor Verabschiedung eine aussagekräftige Auswirkungsanalyse vorgelegt werden.
Dabei ist die Rechtsgrundlage eindeutig: die Länder müssen für die Baukosten der Kliniken aufkommen und der Bund für die variablen Kosten. Aber weder Land noch Bund kommen ihren Zahlungen nach. Mit 110 Millionen Euro musste sich der Landkreis Göppingen am Klinikneubau beteiligen, mit 160 Millionen Euro die Klinik-GmbH selber. Diese 260 Millionen Euro müssten eigentlich vom Land kommen. Stattdessen belasten sie den Landkreis und die Klinik mit Tilgungen und Zinsen. Genauso mit den variablen Kosten, die nichtüber die Zahlungen der Krankenkassen abgedeckt sind. Hier ist der Bund zur Zahlung verpflichtet, aber statdessen bleibt der Landkreis wohl auch weiterhin auf jährlich mindestens 15 Millionen Euro sitzen. Würde der Landkreis als Träger der Klinik Am Eichert diesen Verlust nicht übernehmen, die Klinik müsste Insolvenz anmelden.
Einsparungen sind in der Klinik nicht mehr möglich. Weder beim Personal noch bei der Ausstattung kann mehr gesparrt werden. Stattdessen werden Kostensteigerungen, z.B. durch Tarifsteigerungen weder von den Krankenkassen noch vom Bund übernommen.
Die Probleme treffen auch private Klinken, das Christophsbad macht nach Aussagen von Geschäftsführer Rudolf Schnauhuber in diesem Jahr einen Verlust in Höhe von über einer Million Euro. Diesen Verlust müssen die Gesellschafter ausgleichen. Fragt sich, wie lange ein privater Gesundheitsanbieter sich jährliche Verluste leisten kann und ob nicht hier viel schneller eine Klinik zugemacht wird.
Das ALB FILS KLINIKUM ist größter Gesundheitsanbieter zwischen Stuttgart und Ulm und steht den Menschen in der Alb-Fils-Region als starker Gesundheitspartner zur Seite – mit modernster Medizin und erstklassiger Pflege, rund um die Uhr. Das breite Leistungsspektrum mit über 50 Fachkliniken, -zentren, Instituten und 14 Arztpraxen bietet den Patient*innen Spitzenmedizin mit maximalversorgendem Charakter. Als größter Arbeitgeber im Landkreis mit rund 30.000 stationären und rund 125.000 ambulanten Patient*innen im Jahr wird sowohl eine hohe medizinische und pflegerische Kompetenz, Menschlichkeit wie auch ein Höchstmaß an Verantwortung gelebt. Zudem wird als Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Ulm der Wissensaustausch zwischen Forschung, Lehre und Gesundheitsversorgung stets aktualisiert. Mit dem Klinik-Neubau entsteht in Göppingen eine der modernsten und visionärsten Gesundheitseinrichtungen im Land.
Das Christophsbad Göppingen wurde 1852 durch Dr. Heinrich Landerer gegründet. Heute ist das Klinikum ein modernes Akutplankrankenhaus, das seinen Patienten und Rehabilitanden Diagnostik und Behandlung auf hohem Niveau bietet. Die Akutkliniken für Neurologie, Psychiatrie, Gerontopsychiatrie und Psychosomatik sowie eine Klinik für Geriatrische Rehabilitation befinden sich verteilt an den Standorten Göppingen und Geislingen.
www.alb-fils-klinikum.de
Foto (ALB FILS KLINIKUM) v.l.n.r.: H. Schnauhuber, H. Wolff, H. Dr. Hüttner, H. Schmid
Joachim Abel