Das Gefühl einer zunehmenden Jugendgewalt, sowohl in der Presse als auch in Gesprächen unter Fachleuten aus Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, Ordnungsämtern und Polizei, war Anlass für eine Fachveranstaltung im Landratsamt Göppingen. „Wir sind überzeugt, dass die Zusammenarbeit verschiedener Fachbereiche, die mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen arbeiten – von der Prävention in der Jugendhilfe über Interventionen der Ordnungsämter bis zur Repression durch die Polizei – große Wirkung entfalten kann“, sagte Volker Landskron, Beauftragter für Jugendarbeit des Landkreises.
Rund 80 Fachkräfte folgten der Einladung. Dr. Rüdiger Schilling, Kriminologe, hob in seinem Einführungsreferat hervor, dass zwischen der durch soziale Medien erzeugten Scheinrealität und den tatsächlichen Statistiken ein deutlicher Unterschied besteht. Der Anteil jugendlicher Täter und Tatverdächtiger liegt im einstelligen Bereich.
Ein Modell zur Identifikation der Ursachen von Radikalisierung und Gewalt sowie zur Entwicklung gezielter Präventionsmaßnahmen wurde vom zweiten Referenten vorgestellt. „Radikalisierungsprozesse können als Reaktion auf das Gefühl verstanden werden, weniger zu haben als erwartet oder verdient. Diese Erfahrungen können kognitive Öffnungen gegenüber gewaltförmigen Ideologien fördern“, erläuterte Mathieu Coquelin, Geschäftsführer der Fachstelle für Extremismusdistanzierung.
Ziel der Veranstaltung war es, eine Vernetzung der Akteure im Sinne einer Kriminal- und Gewaltprävention zu erreichen. „Wir wollen Prävention nicht nur projekthaft betrachten“, sagte Harald Maas von der BruderhausDiakonie“. Es geht darum, dass langfristige Entwicklungen auch langfristige Gegenmaßnahmen erfordern. In einer immer diverseren Gesellschaft ist hierzu eine differenzierte Betrachtung notwendig.“
In einer Arbeitsphase konnten die Teilnehmenden zentrale Themen herausarbeiten. Im Fokus standen notwendige Vernetzungsstrukturen, weiterführende Themenfelder und fachliche Inputs. Insbesondere die Kommunale Kriminalprävention und gemeinwesenorientierte Runde Tische wurden als nötig erachtet. „Wir haben in einigen Bereichen schon sehr gute Ansätze“, betonte Sarah Aslan von den SOS Jugendhilfen, die im Jugendhaus Uhingen regelmäßige Polizeisprechstunden anbietet.“ Eine Möglichkeit zu schaffen, das Sicherheitsgefühl individuell und in Gruppen zu thematisieren, ist ungemein wertvoll. Wenn dabei Vertrauen gegenüber der Polizei aufgebaut wird, erreichen wir auch für Jugendliche etwas!“
Volker Landskron machte abschließend deutlich: „Wir werden an diesem Thema nur zusammen weiterarbeiten können. Dies wird im Rahmen der jeweils zur Verfügung stehenden Ressourcen, personell und finanziell, etwas langwierig sein, aber zielgerichtet geschehen.“ Die Veranstaltung war von Beginn an als Auftakt einer möglichen Vernetzung geplant, und viele Teilnehmende sagten ihre Mitarbeit an nötigen Strukturen zu, um eine effektive Prävention und Intervention zu erreichen. Auch bislang nicht vertretene Akteure wie Schulen, Vereine, die Agentur für Arbeit und die Justiz sollen in die Weiterarbeit einbezogen werden. „In der Stadt Göppingen sind wir mit dem ‚Netzwerk Jugend‘ schon gut aufgestellt“, sagte Alexander Sasse, Leiter des Referats Kinder und Jugend. „Hier wird es wichtig sein, die Informationen und Themen dieser Veranstaltung in das Netzwerk zu transferieren, um gemeinsam in der Kommune eine praktische Umsetzung zu ermöglichen.“
In welcher Weise es möglich ist, durch das Landratsamt ein Angebot aufzubauen, von dem die Kommunen direkt profitieren können wird in den nächsten Monaten bearbeitet. Ziel ist vor Ort dem Sicherheitsgefühl und auch einer vernetzten Prävention gerecht zu werden
Die multiprofessionelle Fachveranstaltung wurde vom Landratsamt Göppingen, der Stadt Göppingen, der BruderhausDiakonie und den SOS Kinder- und Jugendhilfen Göppingen vorbereitet und durchgeführt. Unterstützt wurde sie von der Initiative Sicherer Landkreis Göppingen e.V. und der Fachstelle für Extremismusdistanzierung Baden-Württemberg.
PM Landratsamt Göppingen Kreisjugendamt