Maientagsrede von Oberbürgermeister Alex Maier vom Balkon des Rathauses

Liebe Göppingerinnen und Göppinger,

liebe Gäste aus Nah und Fern,

liebe Kinder,

endlich wieder Maientag. Endlich kommen wir als Stadt wieder zusammen, um zu feiern. Endlich ist wieder der Tag gekommen, an dem es keine Rolle spielt, woher man stammt, wen man liebt oder wen man wählt. Heute steht Göppingen zusammen und setzt ein Zeichen dafür, dass die Mehrheit der Menschen das Miteinander und den Frieden will.

Der Maientag als jahrhundertealte Festtradition steht für Gemeinschaft und Frieden. Am Maientag erinnern wir uns an die Dinge, die uns als Stadtgesellschaft verbinden. Wie wertvoll das für eine Stadt ist, wissen alle, die schon seit frühester Kindheit den Maientag erleben durften. Nicht ohne Grund haben wir erfolgreich die erste Hürde genommen, um den Göppinger Maientag zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO erklären zu lassen. Darüber können wir uns freuen und ja, da darf man auch ein bisschen stolz sein auf seine Stadt!

Gerade in diesen schweren Zeiten ist dieser Maientag ein besonderer Freudentag. Und zur Freude haben wir allen Grund. Erstens wegen des Festprogramms. Vom traditionellen Ansingen in der Stadthalle, über den Festzug durch die Innenstadt, Jung & Sportlich in der EWS Arena, den Festzeltbetrieb bis zum Musikfeuerwerk als Abschluss des Maientags.

Schon jetzt gilt mein großer Dank allen Lehrkräften und Eltern, aber vor allem den Kindern, die ihren Teil dazu beitragen, dass dieser Tag der schönste Tag des Jahres für alle Göppingerinnen und Göppinger ist. Vielen Dank!

Der zweite Grund zur Freude ist, dass wir in einer lebendigen Stadt leben, mit aktiven Ehrenamtlichen, einem vollen Eventkalender, erfolgreichen Unternehmen und einer der schönsten Landschaften, die es in diesem Land gibt. Und wir sind eine erfolgreiche Sportstadt.

Den Beweis haben sowohl die Frisch Auf Frauen mit dem Wiederaufstieg in die erste Bundesliga erbracht als auch die Fußballmänner des 1. Göppinger SV, die den Aufstieg in die Regionalliga geschafft haben. Dazu gratulieren wir alle ganz herzlich, die ganze Stadt freut sich mit Euch!

Der dritte Grund zu feiern ist, dass in den vergangenen Wochen wenig Platz für Feierlichkeiten war und wir gerade deshalb dringend einen Moment des Innehaltens benötigen.

Lassen Sie uns deshalb beim diesjährigen Maientag den Zusammenhalt unserer Stadtgemeinschaft, positive Zukunftsperspektiven, Zuversicht und Hoffnung in den Vordergrund stellen auch, wenn man sich fragt, wie das gehen soll nach den letzten Tagen.

Vor zwei Wochen verwandelte sich unsere Fils in einen reißenden Fluss. Wo der Pegel sonst bei etwa 70 Zentimetern liegt, lag er vor 14 Tagen bei 4,60 Metern. Straßen und Häuser wurden geflutet, Bäume entwurzelt, Menschen eingeschlossen. Dieses Jahrhunderthochwasser hat uns alle schockiert und in Gedanken sind wir bei all unseren Mitmenschen, die ihr Hab und Gut verloren haben und noch mehr bei den sechs Menschen, die aus dem Leben gerissen wurden. Hier in Göppingen haben wir keine Opfer zu beklagen und das war nicht alleine Glück.

Es ist vielen Menschen zu verdanken, die Hilfe angeboten, unermüdlich gearbeitet oder gar ihr eigenes Leben riskiert haben, um andere zu schützen.

Die Feuerwehr, das THW, die Polizei und die Rettungsdienste sind echte Helden in unserer Gesellschaft. Ohne ihren Einsatz wäre womöglich noch Schlimmeres geschehen. Ihre Aufgabe, den Schutz der Mitmenschen unter Einsatz des eigenen Lebens, ist wohl die nobelste Aufgabe, die es überhaupt gibt. Sie erbringen ihren Einsatz nicht nur mit Leidenschaft und Tapferkeit, sondern auch mit großer Freude, und dafür verdienen sie unser aller Dank und Respekt!

Auch die städtischen Dienststellen waren während des Hochwassers teilweise rund um die Uhr unterwegs.

Der Bauhof hat nicht nur den Aufbau des Maientages gemacht und die Wahllokale ausgestattet, sondern war auch tage- und nächtelang im Einsatz, um Sandsäcke an die Hochwasserstellen zu fahren. Unser kommunaler Ordnungsdienst hat Zettel in die Briefkästen Betroffener geworfen, um sie über die Abholung des entstandenen Mülls zu informieren. Die städtische Wohnbaugesellschaft hat schnell und unbürokratisch Menschen ein Dach über dem Kopf besorgt. Das Rechtsamt war im Dauereinsatz, die Pressestelle hat die Bürgerschaft über alle möglichen Kanäle informiert, die IT hat die Schäden an der Technik behoben, das Hochbauamt Keller von Schulen und Stadtbibliothek ausgepumpt, das Tiefbauamt Schäden an der Infrastruktur begutachtet und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung haben Lagebesprechungen und Beantwortung von Anfragen koordiniert. Sie alle leisten hervorragende Arbeit und sind in Notsituationen auch im Einsatz, auch wenn sie nicht immer Dank dafür ernten, sondern oft genug Anfeindungen und Beleidigungen. Deshalb finde ich, dass auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörden einmal einen ordentlichen Applaus verdienen.

Schließlich haben auch die Göppinger Bürgerinnen und Bürger einen großen Anteil an der Bewältigung des Jahrhunderthochwassers. Die große Bereitschaft, den vom Hochwasser betroffenen Mitbürgerinnen und Mitbürgern Unterstützung zukommen zu lassen, macht mir Mut. In schweren Zeiten zeigt sich der wahre Geist unserer Stadtgemeinschaft, dann stehen wir in Göppingen zusammen.

Deshalb verdienen Sie alle Anerkennung. Der selbstlose Einsatz vieler Göppingerinnen und Göppinger für unsere Stadt zeigt, dass wir nach wie vor unseren Mitmenschen, unserer Stadtgemeinschaft und dem Staat vertrauen.

Und die Grundlage dieses Vertrauens in den Staat ist unser Grundgesetz, das in diesem Jahr 75 Jahre alt wird. In einer Zeit, in der viele Menschen weltweit um ihre demokratischen Rechte kämpfen müssen, können wir uns glücklich schätzen, in einem Land zu leben, das seit 75 Jahren von den Grundwerten einer solchen Verfassung getragen wird.

Das Grundgesetz ist mehr als nur ein Dokument. Es ist das Fundament unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der Garant für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit. Es ist der Rahmen, in dem wir unsere Meinungen frei äußern, unsere Religion frei ausüben und unsere Lebensweisen frei gestalten können. Dieses 75-jährige Jubiläum ist eine gute Gelegenheit, uns daran zu erinnern, welche Errungenschaften wir gemeinsam erzielt haben und wie wichtig es ist, diese Werte zu verteidigen.

Als Oberbürgermeister bin ich zu einer gewissen Neutralität verpflichtet. Doch als Diener des Staates, der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger bin ich auch verpflichtet, diese Werte zu schützen. Bei meiner Wahl habe ich ein Versprechen abgegeben. Ich habe gesagt, dass der erste Bürger der Stadt auch der erste sein muss, der sich gegen die Feinde der Demokratie stellt. Deshalb sichere ich Ihnen allen zu, solange ich Oberbürgermeister bin, werde ich mich mit allem, was ich habe, für die Demokratie einsetzen.

Und die Mehrheit in unserer Stadt will Freiheit und Demokratie. Das haben Sie auch am vergangenen Sonntag bei den Europa- und Kommunalwahlen bewiesen.

Vor allem die Wahl des Gemeinderates treibt mich um, deshalb will ich dazu noch etwas mehr sagen. Zuerst gilt es, auch hier Danke zu sagen. An die zahlreichen Wahlhelferinnen und Wahlhelfer sowie die Organisatorinnen und Organisatoren der Wahlen im Hintergrund. Das ist eine Mammutaufgabe, die eine riesige Verantwortung mit sich bringt und sie wurde von allen Beteiligten mit Bravour gemeistert.

Auch ein großer Dank geht an die bisherigen Mitglieder des Gemeinderates und Gratulation an die neuen Mitglieder des Gemeinderates. Es ist ein zeitaufwendiges und oftmals undankbares Ehrenamt. Wenn man mit Engagement und Herzblut für die Stadt dabei ist, ist es gleichzeitig aber auch eines der schönsten und erfüllendsten Ehrenämter die es gibt.

Zu den Ergebnissen der Wahl hat jeder eine andere Meinung. Doch eines ist mir wichtig: Bei allen Unterschieden zwischen den Parteien und Gruppierungen sind alle Gewählten unserer Verfassung verpflichtet. Und die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler hat ein Zeichen gesetzt, dass sie für den Schutz der Verfassung und der Demokratie sind, auch gegenüber denen, die vielleicht erst durch Wahlen in die Lage kommen diese anzugreifen.

Ich werde heute keine Namen oder Parteien nennen, deshalb spreche ich nun alle an, deren Verfassungstreue in Frage steht: Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie unfair behandelt werden und dass Sie auf dem Boden der Verfassung stehen, dann beweisen Sie es uns! Zeigen Sie, dass Sie das Beste für unsere Stadt wollen, denn darum geht es im Gemeinderat. Es geht um das Wohl unserer Stadt, nicht um das Ego Einzelner oder von Parteien. Es geht nicht darum, den politischen Gegner zu schwächen oder sich selbst in eine bessere Position für die nächste Wahl zu bringen. Und es geht auch nicht darum, andere abzustrafen, weil sie nach Meinung mancher das „falsche“ Parteibuch haben.

Kommunalpolitik darf nicht durch zu viel Parteipolitik gelähmt werden. Es geht darum, gemeinsam Lösungen zu finden, die Göppingen voranbringen und das Leben der Bürgerinnen und Bürger verbessern.

Ich reiche dem neuen Gemeinderat die Hand zum Miteinander. Doch zum Miteinander gehören immer zwei. Wir müssen uns alle klar zu den Werten der Verfassung bekennen und manchmal müssen wir dazu auch unser Ego hintenanstellen, um die Stadt voranzubringen. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, die Herausforderungen, vor denen wir stehen, anzugehen. Wir müssen verstärkte Maßnahmen im Bereich Klimaschutz und Klimafolgenanpassung ergreifen. Hier gilt es auch, die Mobilitätswende durch eine zukunftsfähige Infrastruktur voranzutreiben. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, die Bildungsgerechtigkeit in Göppingen sicherzustellen.

Mit der Weiterentwicklung des Boehringer Areals tragen wir dazu bei, dass wir die wirtschaftliche Transformation voranbringen und sich zukunftsfähige Firmen in Göppingen ansiedeln. Dies sind gemeinsame Zukunftsaufgaben von Verwaltung, Gemeinderat und Ihnen, liebe Bürgerinnen und Bürger.

Göppingen hat eine reiche Geschichte und eine vielversprechende Zukunft. Doch wir müssen uns ständig bemühen, unsere Stadt zu einem noch besseren Ort zum Leben und Arbeiten zu machen. Es gibt viel zu tun, und ich bin überzeugt, dass wir es schaffen können, wenn wir zusammenarbeiten.

Das waren ernste Worte für einen solchen Freudentag, doch umso mehr freue ich mich, mit Ihnen gemeinsam nun den Maientag zu feiern. Ein Tag, der seit jeher ein Symbol für Gemeinschaft und Zusammenhalt in unserer wunderschönen Stadt ist. Ein Tag der Freude, des Feierns und des Rückblickens auf unsere Tradition.

Der Maientag ist ein Symbol der Hoffnung und in diesem Jahr auch des Neubeginns. Lassen Sie uns weiterhin ein starkes, solidarisches und engagiertes Göppingen aufbauen. Eine Stadt, in der jeder Mensch zählt und in der jeder Mensch seinen Beitrag leistet. Möge dieser Tag uns daran erinnern, wie stark wir gemeinsam sind und wie viel wir gemeinsam erreichen können.

Und jetzt möchte ich noch ein Wort an die Kinder richten, die jetzt lange warten mussten, bevor es endlich losgeht. Liebe Göppinger Kinder, denkt daran: Egal was passiert, wenn wir zusammenhalten und freundlich zueinander sind, können wir alles schaffen. Ich bin stolz auf Euch und wir alle sind stolz auf unsere Stadt. Lasst uns jetzt gemeinsam feiern und gemeinsam einen wunderschönen Maientag erleben!

PM Stadtverwaltung Göppingen

 

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