Der Gemeinderat der Stadt Geislingen an der Steige hat gestern nachfolgende Resolution zum Bahnhalt Laichinger Alb beschlossen. Diese wird noch zur Unterzeichnung an die Umlandgemeinden und an die MdLs des Landkreises Göppingen zur Unterzeichnung weitergeleitet.
Der Geislinger Gemeinderat und die weiteren Unterzeichner dieser Resolution können die Weiterverfolgung der Pläne für einen „Bahnhalt Laichinger Alb“ nach der Nutzen-Kosten-Untersuchung nicht nachvollziehen und appellieren an den Landesverkehrsminister die Planungen dazu einzustellen.
Wir haben vollstes Verständnis, wenn die Kommunen um Merklingen herum sich für diesen Bahnhalt einsetzen. Eine gute Verkehrsanbindung ist, wie wir alle wissen, für die Entwicklung einer Raumschaft von immenser Bedeutung. Bereits seit Jahrzehnten sind wir hier im Filstal im Verkehrsschatten der Region Stuttgart und staugeplagt durch die Ortsdurchfahrten der B10 und den Stauumgehungsverkehr auf der B10 und der B466 im Filstal. Im Gegensatz dazu hat sich die Raumschaft um Merklingen, profitierend von der guten Anbindung an die Bundesautobahn, in den letzten Jahren (wirtschaftlich) äußerst stark entwickelt.
Im Zuge der Planungen zum Schienenpersonennahverkehr zeichnen sich nun weitere negative Auswirkungen für Geislingen an der Steige und die umliegenden Kommunen ab, nachdem geplant ist den Metropolexpress nur bis Süßen fahren zu lassen. Begründungen dafür, den Metropolexpress nicht bis Geislingen oder darüber hinaus weiterfahren zu lassen, waren unter anderem zu geringe Fahrgastzahlen am Bahnhof in Geislingen und die Gleichbehandlung der baden-württembergischen Bahnhöfe, ausgerichtet an Fahrgastzahlen.
Durch einen Regionalbahnhalt in Merklingen werden sich die Fahrgastzahlen in Geislingen mit Sicherheit nicht verbessern. Fahrgäste der Bahn, die bisher aus Nellingen, Hohenstadt oder auch Merklingen nach Geislingen kamen, um von dort aus mit dem Zug in Richtung Ulm oder Stuttgart zu reisen, werden dies zukünftig nicht mehr tun. Es wird durch einen zusätzlichen Bahnhalt in Merklingen zu Abwanderungen von Fahrgästen kommen. Betrachtet man die Region und den Einzugsbereich rund um Merklingen herum, so kann man mit den Einwohnerzahlen nicht davon ausgehen, dass dieser Bahnhalt Fahrgastzahlen erreichen wird, die es vertretbar erscheinen lassen, dort einen neuen Bahnhof zu bauen und zu betreiben.
Besonders kritisch finden wir, dass trotz des negativen Nutzenkostenfaktors von -0,3 das Projekt weiterverfolgt werden soll, obwohl nach dem GVFG erst ab 1,0 eine Finanzierung hierüber möglich wäre. Der Nutzen-Kosten-Faktor ist also nicht nur leicht unter dem geforderten Wert, sondern weicht drastisch von dem geforderten Wert ab.
Die Idee, die Finanzierung der benötigten Regionalzüge in Höhe von 30 Mio. Euro über den Betreiber finanzieren zu lassen, wirft ebenfalls Fragen auf. Andernorts sollen für zusätzlich benötigte Züge die Landkreise oder Kommunen aufkommen.
Die angebotene Kostenbeteiligung des Alb-Donau-Kreises und der betroffenen Kommunen ist mit Sicherheit zunächst ein Argument für den Bau des dortigen Bahnhalts. Allerdings würde mit der jetzt angedachten Vorgehensweise aus unserer Sicht auch ein Präzedenzfall geschaffen: Wohlhabende Landkreise oder Kommunen können sich durch entsprechend hohe eigene finanzielle Beteiligung eine noch bessere Verkehrsinfrastruktur unter Mitfinanzierung durch das Land erkaufen. Wir denken, dies ist nicht im Sinne des Landesentwicklungsplans, der im Übrigen auch bestimmte Entwicklungsachsen und Raumschaften definiert.
Zudem verweisen wir auf den im November 2014 geschlossenen ÖPNV-Pakt für die Region Stuttgart. Dort wurde – in ausdrücklicher Verantwortung des Landes – ein durch den Metropolexpress weiter auszugestaltendes Verkehrsnetz vereinbart, welches analog den Pendlerströmen über die S-Bahn-Endpunkte hinaus bis in die benachbarten Oberzentren bzw. Mittelzentren reicht. Im weiteren Vertragstext wird dabei ausdrücklich auch die Stadt Geislingen als Teil dieses S-Bahn-ähnlichen Verkehrs angeführt. Wir gehen daher weiter davon aus, dass die im ÖPNV-Pakt definierten Grundsätze weiterhin gelten und verwirklicht werden.
Wir fordern aus diesem Grund die Gleichbehandlung der Landkreise und Kommunen durch den Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg bei Entscheidungen für oder gegen Baumaßnahmen der Verkehrsinfrastruktur im Land, damit den Raumschaften gleiche Chancen auf entsprechende Entwicklung eingeräumt werden.
Es darf keine Ungleichbehandlung der baden-württembergischen Kommunen durch Missachtung von selbst gesetzten Regelungen geben.
- September 2015