Die Durchbindung der Regionalbahn von Göppingen nach Kirchheim/Teck wird vertiefend untersucht. Damit soll vor allem auch festgestellt werden, wie die bestehenden Teilstrecken von Bad Boll nach Weilheim verbunden werden kann. Die Durchbindung wird favorisiert gegenüber der Reaktivierung der beiden Stichstrecken.
Die Freien Wähler befürworten dies, vermissen aber auch die Unterstützung von Oberbürgermeister Alex Meier, der dem Vorhaben als ehemaliger Landtagsabgeordneter sehr viel positiver gegenüberstand. Die Revitalisierung ist ein langfristiges Projekt, welches noch viel Abstimmungenzwischen den beteiligten Kreisen und der Städte und Gemeinden bedarf. Noch nicht alle Kommunen und Bürger an der Strecke sind von der Notwendigkeit der Strecke überzeugt, so die CDU, hier muss noch Aufklärungsarbeit geleistet werden. Die Freien Wähler forderten zudem die Verlängerung der Strecke bis nach Rechberghausen oder Wäschenbeuren nicht gleich gänzlich außen vor zu lassen.
Hintergründe, Beschlusslage
In der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Verkehr vom 21. März 2023 wurden durch das Verkehrswissenschaftliche Institut Stuttgart GmbH (VWI) und die Verwaltung die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung der stillgelegten Nebenbahnen im Landkreis Göppingen vorgestellt (sie BU 2023/038 + Anlage vom 21.03.23). Diese Untersuchung wurde federführend durch das Amt für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur koordiniert und gemeinsam mit den Landkreisen Esslingen und Ostalb, sowie dem Verband Region Stuttgart finanziert (siehe BU 2020/248). Fachlich begleitet wurde die vom Land Baden-Württemberg zu 75% finanzierte Untersuchung außerdem durch den Regionalverband Ostwürttemberg.
Infolge der Ergebnisvorstellung wurde die Landkreisverwaltung durch den Ausschuss beauftragt, „[…] mit den Projektpartnern zu klären, ob die Wirtschaftlichkeit der durchgebundenen Variante Göppingen – Bad Boll – Weilheim – Kirchheim (BOStrab/Mehrsystem) durch vertiefende Untersuchungen und ggf. veränderte Parameter noch erreicht werden kann.“
Sachstand
Entsprechend der Beauftragung durch das Gremium wurden im Nachgang der Sitzung durch die Verwaltung folgende Schritte eingeleitet:
a) Aufnahme von Gesprächen mit dem Verkehrsministerium Baden- Württemberg, dem Verband Region Stuttgart sowie dem Landkreis Esslingen zu Zusammenhängen zwischen einer durchgebundenen Schienenvariante von Göppingen bis Kirchheim u.T. und der Einführung einer Schnellbusverbindung zwischen den beiden Städten.
b) Gespräche mit dem VWI über mögliche Inhalte einer weitergehenden Vertiefung der Machbarkeitsstudie, welche potenziell einen maßgeblichen Effekt auf die Förderfähigkeit (Nutzen-Kosten-Verhältnis) einer Durchbindung Göppingen – Kirchheim u.T. haben könnten.
c) Gespräche mit dem Landkreis Esslingen und dem Verband Region Stuttgart über die Inhalte, Finanzierung und Organisation von vertiefenden Betrachtungen durch das VWI im Rahmen der beauftragten Machbarkeitsstudie.
Als Ergebnis des Austauschs mit dem Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg (vgl. a)) und dem Verband Region Stuttgart kann festgehalten werden:
vertiefende Untersuchungen zu einer durchgebundenen Schienenvariante Göppingen – Kirchheim u.T. sowie die sich daraus ggf. ableitende Durchführung einer Standardisierten Bewertung (Förderverfahren) wirken sich nicht schädlich auf die zeitnahe Einführung einer Schnellbusverbindung auf der gleichen Relation aus. Eine entsprechende schriftliche Zusage des Ministeriums wird ergänzend noch eingeholt.
Diese Überlegungen betreffen die nun zunächst durchzuführende Vertiefung der Machbarkeitsstudie zur Durchbindung Göppingen-Kirchheim nicht unmittelbar.
Auf Grundlage eines Fachaustauschs mit dem VWI (vgl. b)) wurden unterschiedliche Bausteine für eine vertiefende Untersuchung identifiziert. Zugleich wurde der finanzielle und zeitliche Mehraufwand zur Bearbeitung und Berücksichtigung der Ergebnisse im Rahmen des Abschlussberichts zur Machbarkeitsstudie abgesteckt.
Mit dem Landkreis Esslingen und dem Verband Region Stuttgart konnte Einigkeit zum finanziellen Rahmen und den Inhalten einer vertiefenden Betrachtung innerhalb der Machbarkeitsstudie erzielt werden (siehe c). Folgende Bausteine sollen nun durch das VWI vertiefend betrachtet werden:
Aufstellung einer verbesserten Infrastrukturvariante durch vertiefende Betrachtung der Ortslage Bad Boll (z.B. mögliche oberirdische Linienführung und/oder Optimierung von Tunnelbauwerken). Hierzu sind Gespräche mit der kommunalen Seite und weiteren Behörden zu führen, welche anschließend ggf. in eine kosteneffizientere Infrastrukturvariante münden.
Reduzierung der anzurechnenden Baukosten auf dem Abschnitt Kirchheim u.T. – Weilheim a.d.T. durch eine mögliche Anschlussförderung für das Gewerbegebiet Weilheim Rosenloh, unabhängig von einer Reaktivierung für den Personenverkehr.
Auslegung eines gegenüber den bisherigen Annahmen gesteigerten Fahrgastpotenzials im der Untersuchung zugrundeliegenden Verkehrsmodell des Verbands Region Stuttgart. Der Effekt kann dabei aus verschiedenen Faktoren abgeleitet werden, z.B. Einführung des Deutschland-Tickets („49 €- Ticket) oder Annahme einer gesteigerten Siedlungsentwicklung (Wohn- und Arbeitsplätze) entlang der Schienenverbindung.
Unter den Projektpartnern wurde grundsätzlich vereinbart, zu diesen drei vertiefenden Aspekten jeweils eine schriftliche Ausarbeitung des Gutachters, dargelegt in einem eigenen Kapitel innerhalb des Abschlussberichts zur Machbarkeitsstudie, zu beauftragen. Dabei soll jeweils Folgendes berücksichtigt werden:
Schriftliche Ausführung zum jeweiligen Vertiefungsaspekt inkl. einer quantifizierten Aussage über den möglichen Effekt auf das Nutzen-Kosten- Verhältnis einer durchgebundenen Verbindung Kirchheim u.T. – Göppingen. Die Änderung am Nutzen-Kosten-Verhältnis soll für jeden Faktor separat, aber auch für mögliche Kombinationen bewertet werden.
Sensitive Bewertung des jeweiligen Vertiefungsaspekts hinsichtlich seiner Eintrittswahrscheinlichkeit und möglicher Risiken bei Nichteintreten bzw. fehlender Anerkennung im späteren Förderverfahren.
Das VWI hat zugesagt, die Nacharbeiten zeitnah zu erbringen und diese im Rahmen des Anschlussberichts zur Machbarkeitsstudie zu dokumentieren.
Kosten der vertiefenden Untersuchungen
Das VWI bietet die nachgeforderten Leistungen mit einem zusätzlichen finanziellen Aufwand von maximal 25.000 EUR an. Dieser kann noch in dem für die Machbarkeitsstudie gesamtheitlich mit den Partnern fixierten Kostenrahmen untergebracht werden. Damit ist auch die bestätigte Förderung durch das Land in Höhe von 75% weiterhin gewährleistet (vgl. IV).
Einbindung der Kommunen
Hinsichtlich der Kommunikation mit den von der Planung betroffenen Kommunen und den Gremien der Auftraggeber (hier Landkreise Göppingen, Esslingen und Verband Region Stuttgart) wurde ebenfalls ein abgestimmtes Vorgehen besprochen. Die Information über die Durchführung der Vertiefung ist in allen drei betroffenen Gremien noch vor der Sommerpause vorgesehen (Ausschuss Esslingen 06.07., Ausschuss Verband Region Stuttgart 19.07.). Die betroffenen Kommunen entlang der Strecken sollen die Möglichkeit bekommen im Rahmen einer Stellungnahme die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie aus Ihrer Sichtweise zu bewerten. Mit der Stadt Weilheim a.d.T. und der Gemeinde Bad Boll sind zudem vertiefende Gespräche vorgesehen, da hier bzgl. der Realisierung der Infrastruktur die weitreichendsten Veränderungen zu erwarten sind. Die Ergebnisse der Gespräche und Stellungnahmen dienen dazu die Belastbarkeit der Annahmen in den Planungen besser einordnen zu können und so eine bessere Grundlage für eine spätere Entscheidung über den Einstieg in vertiefende Planungen zu der einen oder anderen Reaktivierungsvariante vorliegen zu haben.
Joachim Abel