leisten.
Im Rahmen der Vorabbekanntmachungen sind Qualität und Umfang des Verkehrsangebots für jedes Linienbündel detailliert zu beschreiben, was vorherige Gespräche mit Kommunen und angrenzenden Landkreisen voraussetzt. Aufgrund des engen zeitlichen Rahmens ist eine Verabschiedung des Nahverkehrsplans notwendig. Wird diese nicht eingehalten, so sind direkte Auswirkungen auf die erfolgreiche Betriebsaufnahme der ersten Linienbündel im Dezember 2025 nicht mehr auszuschließen.
In den kommenden Jahren gilt es vorrangig, das bestehende Verkehrsangebot zu erhalten und mit Blick auf die Verkehrs– und Klimawende aktiv, aber maßvoll weiterzuentwickeln. Die eingangs beschriebenen Entwicklungen im Bereich der Tarife und der emissionsfreien Antriebe können so sinnvoll ergänzt werden, um den Busverkehr im Landkreis gesamtheitlich auf ein neues, zukunftsfähiges Niveau zu
heben.
– ÖPNV-Finanzierungsgrundsätze –
1. Der Landkreis Göppingen als ÖPNV-Aufgabenträger für den Busverkehr finanziert Busverkehrsleistungen und flexible Bedienungsformen nach den nachfolgenden Grundsätzen. Diese Finanzierungsgrundsätze gelten für die jeweilige Verkehrsleistung sukzessive ab dem Abschluss neuer Verkehrsverträge entsprechend der neuen EU-Verordnung 1370/2007.
2. Der Landkreis als ÖPNV-Aufgabenträger finanziert Verkehrsleistungen im Kreisgebietim Bereich des Buslinienverkehrs und flexibler Bedienungsformen nach den Grundsätzen seines Nahverkehrsplans im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. Alle Einnahmen, Einnahmeersatzleistungen und
Ausgleichsleistungen werden dabei rechnerisch dem Landkreis zugeordnet.
3. Der Landkreis finanziert Verkehrsleistungen des sogenannten verkehrlichen Mindestniveaus, das im Nahverkehrsplan festgelegt ist, zu 100 %. Mit jeder Fortschreibung des Nahverkehrsplans wird das verkehrlichen Mindestniveau jeweils überprüft und ggfs. neu festgelegt.
4. Der Landkreis finanziert darüber hinaus Verkehrsleistungen bis zum sogenannten Status Quo-Angebot ebenfalls zu 100 %. Status Quo-Angebot ist maximal das zum Fahrplanwechsel 2022/2023 vorhandene Angebot. Sofern danach Verkehrsleistungen ohne Veränderung des Leistungsumfangs angepasst wurden oder werden, zählen diese ebenfalls zum Status Quo-Angebot.
5. Der Landkreis finanziert neue, über das Status Quo-Angebot hinausgehende, verkehrliche Leistungen mit 50 % der ungedeckten Kosten. Dabei werden abweichend von Ziffer 3 der Richtlinien die Einnahmen, Einnahmeersatzleistungen und Ausgleichsleistungen vorab den Kosten gegengerechnet. Neue verkehrliche
Leistungen sind vor deren Umsetzung zwischen dem Landkreis als ÖPNV-Aufgabenträger und den Kommunen konzeptionell abzustimmen. Sie sind grundsätzlich nach einer dreijährigen Einführungsphase auf ihre verkehrliche Wirkung und ihre Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen. Danach wird geprüft, ob und inwieweit solche Verkehre dem verkehrlichen Mindestniveau zugerechnet oder als Status Quo-Angebot bewertet werden können.
6. Die abschließende Entscheidung über die Förderung nach diesen Finanzierungsgrundsätzen trifft im Einzelfall der Kreistag oder der Ausschuss für Umwelt und Verkehr.
I. Beschlussantrag
Der Ausschuss für Umwelt und Verkehr empfiehlt dem Kreistag wie folgt zu beschließen:
1. Die Ausführungen der Verwaltung zur Beschluss–/Sachstandslage und zum weiteren Vorgehen werden zur Kenntnis genommen. Eine Gegenstimme 4 Enthaltungen!
2. Der Nahverkehrsplan wird in der aktuell vorliegenden Fassung beschlossen. 22 ja, 10 nein, 10 Enthaltungen
3. Die Verwaltung wird beauftragt, vor der Veröffentlichung von Vorabbekanntmachungen, basierend auf dem Nahverkehrsplan, Gespräche mit den jeweils betroffenen Kommunen zu führen. Gegenstand sind insb. die unter II. 3. skizzierten Maßgaben für die Vorabbekanntmachung. Dies betrifft zunächst die neuen Linienbündel 5 und 6. 28 ja, 5 nein, 9 Enthaltungen
4. Bei Gesprächen mit den Kommunen sind auch mögliche Zubestellungen oberhalb der ausreichenden Verkehrsbedienung zu behandeln. Hierzu werden die als Anlage 3 im Entwurf beigefügten ÖPNV–Finanzierungsgrundsätze zugrunde gelegt. 32 ja, 5 nein, 5 Enthaltungen
1. Einführung
Spätestens seit dem 9–Euro–Ticket wird die Berichterstattung zum öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) immer wieder von großen Tarifmaßnahmen bestimmt.
Das 9–Euro–Ticket hat im vergangenen Sommer deutschlandweit für volle Züge gesorgt. Seit März 2023 gibt es das Landesjugendticket BW, mit dem Schüler, Auszubildende und Studenten günstig durch ganz Baden–Württemberg fahren können. Und schließlich wird seit dem 01. Mai das bundesweit gültige Deutschland–
Ticket mit seinem attraktiven Startpreis von nur 49 Euro im Monat angeboten. In den Verwaltungen, Gremien und bei den Verkehrsunternehmen dagegen spielen auch viele andere Fragen aktuell eine wichtige Rolle.
Wie kann der ÖPNV seinen Beitrag zu den Klimaschutzzielen leisten?
Wie können angesichts von teils enormen Preissteigerungen infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine und der weiterhin vorhandenen Folgewirkungen der Corona–Pandemie die bestehenden Verkehre gesichert werden?
Wie gelingt der anspruchsvolle Übergang zu emissionsfreien Antrieben?
Und wie können diese multiplen Herausforderungen gleichzeitig finanziert werden?
Den Landkreis als Aufgabenträger für den Busverkehr und seine Verwaltung, sowie den Kreistag und seine Ausschüsse haben diese Fragen in den vergangenen Monaten immer wieder stark beschäftigt. Folgerichtig fanden die geschilderten Themen alle auch in der seit Anfang 2022 laufenden Aufstellung des neuen
Nahverkehrsplans (NVP) ihren Eingang – auf die eine oder andere Weise. Dabei blieb allerdings für die Verwaltung und den mit der Erarbeitung beauftragten VVS für den Nahverkehrsplan immer das klare Ziel im Fokus:
Die Aufstellung eines Rahmenplans, der unter den gegebenen Voraussetzungen die Ziele für die weitere Entwicklung des Busverkehrs im Landkreis definiert.
Kern des Nahverkehrsplans ist es, eine „ausreichende Verkehrsbedienung“ für den ganzen Landkreis zu definieren, welche durch den Aufgabenträger vollumfänglich sichergestellt wird.
2. Beschluss– und Rechtslage sowie Haushaltsanträge
Am 11.12.15 wurde vom Kreistag der aktuell gültige Nahverkehrsplan für den Landkreis Göppingen beschlossen (BU 2015/56). Dieser regelt die Ausgestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im Kreisgebiet und gehört gemäß dem Gesetz über die Planung, Organisation und Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNVG) zu den Pflichtaufgaben des Landkreises. Nach § 12 (6) ÖPNVG sind Nahverkehrspläne „spätestens nach Ablauf von fünf Jahren“ zu überprüfen und „bei Bedarf“ fortzuschreiben. Zuletzt wurde am 15.12.21 vom Kreistag eine Teilfortschreibung des Nahverkehrsplans von 2015 beschlossen (BU 2021/203), die sich mit den Themen Barrierefreiheit, VVS–Tarif und den geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen auseinandergesetzt hat. Die Teilfortschreibung wurde in Form von zusätzlichen Kapiteln zum bestehenden Nahverkehrsplan umgesetzt, welche bestehende Abschnitte ersetzten.
Mit dem NVP 2015 wurden erstmals folgende Gestaltungskriterien definiert:
Grundlegende Vertaktung des Regelangebots
Ausweitung der Bedienzeiten mit letzten Abfahrten nach 23 Uhr
Erhebliche Aufwertung der Wochenendbedienung
Bei der Aufstellung des NVP 2015 war die Frage des Vollbeitritts in den VVS noch nicht abschließend geklärt. Mit der Vollintegration zum 01.01.21 wurde ein weiterer wesentlicher Schritt hin zu einem vereinheitlichten ÖPNV–Angebot in der Region Stuttgart vollzogen. Der tariflichen Vollintegration soll im Zuge der Neuvergabe der Linienbündel (Betriebsaufnahme 2025–27) eine Annäherung an die Bedienungsstandards in den Verbundlandkreisen folgen.
Im September 2021 wurde schließlich vom Ausschuss für Umwelt und Verkehr (UVA) beschlossen, eine Gesamtfortschreibung des Nahverkehrsplans durchzuführen und die VVS GmbH damit zu beauftragen (BU 2021/151 vom 27.09.21). Ziel der Gesamtfortschreibung ist es, die genannte Neuvergabe der Linienbündel gemäß der EU–Verordnung (EG) 1370/2007 durchzuführen. Die Betriebsaufnahme soll dabei stufenweise vom 01.12.25 bis zum 01.12.27 erfolgen.
Die entsprechenden Vergabeverfahren sollen ab Herbst 2023 mit der Veröffentlichung von Vorabbekanntmachungen für die ersten neuen Linienbündel 5 und 6 eingeleitet werden.
Nach Abschluss der Erarbeitung des Entwurfs für den Nahverkehrsplan wurde, nach Vorberatung im UVA, vom Kreistag am 14.10.22 die Einleitung eines Anhörungs– und Beteiligungsverfahrens beschlossen. Dabei konnten zahlreiche Träger öffentlicher Belange sowie Bürgerinnen und Bürger zum Entwurf Stellung nehmen.
Die Ergebnisse dieses Verfahrens wiederum wurden von Verwaltung und VVS in Form von Synopsen aufgearbeitet. Die vorgeschlagenen Empfehlungen zur Berücksichtigung der Stellungnahmen im Nahverkehrsplan wurden am 21.03.23 (vgl. BU 2023/038) vom UVA einstimmig beschlossen und dementsprechend vom VVS in den Nahverkehrsplan eingearbeitet.
Die so entstandenen Änderungen im Vergleich zum Entwurfsstand aus dem September 2022 wurden übersichtlich in einer so genannten Textänderungsdatei zusammengefasst. Diese ist als Anlage 2 dieser Beratungsunterlage beigefügt.
Zusätzlich erfolgten verschiedene redaktionelle Änderungen im Nahverkehrsplan und seinen Anlagedokumenten.
Im Rahmen der Bearbeitung des Nahverkehrsplans erfolgte unter anderem die Auseinandersetzung mit den Inhalten der folgenden Haushaltsanträge aus den Jahren 2022 und 2023, welche mit der Verabschiedung des Nahverkehrsplans teilweise als beantwortet betrachtet werden.
„Evaluierung Nahverkehrsplan“ – lfd. Nr. 59 Haushaltsjahr 2022 (SPD)
Im Rahmen der Erarbeitung des Nahverkehrsplans wurde eine Erhebung von Erschließungsdefiziten für alle bebauten Gebiete, somit auch Industrie– und Gewerbegebiete durchgeführt. Die entsprechenden Ergebnisse sind dem Kapitel 5.2.1 des NVP sowie den zugehörigen Anlagen 2.8 und 2.9 zu entnehmen. Darin
werden festgestellte Defizite bei der Erschließung beschrieben und die Möglichkeiten zur Behebung eingeordnet. Zudem fand auch im Rahmen des Anhörungsverfahrens eine Auseinandersetzung mit von Kommunen vorgeschlagenen Verbesserungen in Industrie– und Gewerbegebieten statt. Die
entsprechende Bewertung der Vorschläge kann der Anlage 1 zur BU 2023/038 („Synopse Stellungnahmen Städte & Gemeinden“) entnommen werden. Zu behebende Defizite wurden dabei nur vereinzelt festgestellt.
Der NVP hat die Aufgabe eine flächenhafte Erschließung des Landkreises durch den ÖPNV zu sichern. Dabei erfolgt im Hauptnetz jeweils der Anschluss an einen Schienenverkehrspunkt. Ergänzend bestehen natürlich auch heute bereits zahlreiche Verbindungen in Orte außerhalb des Landkreises:
Landkreis Esslingen (Ohmden, Weilheim a.d.T., Kirchheim u.T.)
Rems–Murr–Kreis (Schorndorf, Winterbach)
Ostalbkreis (Lorch, Schwäbisch Gmünd, Wißgoldingen, Degenfeld)
Alb–Donau–Kreis (Schalkstetten, Merklingen, Amstetten)
Landkreis Heidenheim (Gerstetten, Heidenheim)
Die genannten Verbindungen befinden sich unter unterschiedlicher Aufgabenträgerschaft und werden nur teilweise vom Landkreis Göppingen beauftragt. Abschnitte von landkreisübergreifenden Linien außerhalb des Landkreises sind mit den entsprechenden Aufgabenträgern abzustimmen und
werden im Nahverkehrsplan nicht näher behandelt.
Die Aufnahme einer neuen Busverbindung zwischen Deggingen und Schlat wurde im Rahmen des Anhörungsverfahrens zum Nahverkehrsplan mehrfach gefordert und von der Verwaltung mit Unterstützung des VVS eingeordnet. Ergebnis war dabei, dass diese dem Ergänzungsnetz zuzuordnen wäre, allerdings aufgrund von ungeeigneter Straßeninfrastruktur nicht umsetzbar ist. Ausführungen dazu können
der Anlage 1 zur BU 2023/038 („Synopse Stellungnahmen Städte & Gemeinden“) entnommen werden.
Eine umfassende Evaluation des gültigen Nahverkehrsplans resp. der Zubestellungen im Rahmen des Konzepts Bus19+ war bisher aufgrund der Pandemie leider nicht seriös möglich. Ende 2022 fand jedoch eine
Verkehrsstromerhebung des VVS statt, über deren Ergebnisse die Gremien nach erfolgter Auswertung informiert werden. Die Ergebnisse sollen auch bei den jeweiligen Vorabbekanntmachungen berücksichtigt werden. Der Haushaltsantrag wird als beantwortet erachtet.
„Nahverkehrsplan“ – lfd. Nr. 50 Haushaltsjahr 2023 (FDP)
Trotz des Namens beziehen sich die Inhalte des Haushaltsantrages ausschließlich auf die anstehenden Vergabeverfahren. Eine finale Beantwortung kann daher nur im
Rahmen der Festlegung von Inhalten für die Vorabbekanntmachungen der zehn Linienbündel erfolgen, auch wenn vereinzelt bereits Inhalte im Nahverkehrsplan festgehalten werden (z.B. Fahrgastzählsysteme). Eine Befassung der Gremien mit den ersten Vorabbekanntmachungen ist aktuell nach der Sommer–Sitzungspause
vorgesehen.
3. Zukünftiges Angebotsniveau
Gemäß § 8 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert der Aufgabenträger „[…] die Anforderungen an Umfang und Qualität des Verkehrsangebotes, […] in der Regel in einem Nahverkehrsplan“. Nach § 13 PBefG ist zur Beurteilung von Anträgen im Vergabeprozess die Festlegung einer ausreichenden
Verkehrsbedienung im Nahverkehrsplan notwendig. Den Umfang der ausreichenden Verkehrsbedienung kann der Landkreis als Aufgabenträger nach eigenem Ermessen festlegen. Dabei bewegt sich der Landkreis im Spannungsfeld zwischen einer „Fokussierung auf das Machbare“ und dem „Aufzeigen des
Wünschenswerten“. Die Machbarkeit hängt dabei insbesondere von der Verfügbarkeit finanzieller, personeller und organisatorischer Kapazitäten ab.
Der vorliegende Entwurf für den NVP 2023 wurde in Zusammenarbeit mit der VVS GmbH erstellt. Das Angebotsniveau in den Liniensteckbriefen ist in drei Szenarien, u.a. abgeleitet von den beschriebenen Definitionen im PBefG aufgeschlüsselt:
Status Quo
o aktuelle Fahrplankilometer inkl. kürzlicher Zubestellungen auf den Linien 902 und 967/968 (Klinik–Linie und Bahnhof Merklingen)
o ohne Verkehre die vorrangig der Schülerbeförderung dienen (A–Linien und Verstärkerfahrten an Schultagen)
Verkehrliches Mindestniveau
o Basisangebot auf Grundlage einheitlicher VVS–Standards (u.a. Strukturdaten, Nachfragekomponente)
o Verlässliche MEX–Zubringerlinien im 30–Minuten Takt
o ohne Verkehre die vorrangig der Schülerbeförderung dienen (A–Linien und Verstärkerfahrten an Schultagen)
Ausreichende Verkehrsbedienung
o in der vorgelegten Beschlussfassung des NVP stellt die ausreichende Verkehrsbedienung das Optimum aus Status Quo und verkehrlichem Mindestniveau dar
o kann vom Landkreis im NVP nach eigenem Ermessen definiert werden (siehe oben)
Diese drei Szenarien können mit folgenden Fahrplankilometern hinterlegt werden: Status quo Verkehrliches
Mindestniveau Ausreichende
Verkehrsbedienung 6,6 Mio. Km 7,3 Mio. Km 8,1 Mio. Km
Das verkehrliche Mindestniveau umfasst beispielsweise nicht die neuen Verkehrsverbesserungen auf den Linien 902 (rd. 32.000 km) sowie landkreisüberschreitende Verkehre (rd. 235.000 km), weil hier zunächst über eine Mitfinanzierung der Nachbarlandkreise verhandelt werden soll. Teilweise sind hier
jedoch bereits Finanzierungsvereinbarungen getroffen worden. Zudem gibt es einzelne Abschnitte, auf welchen derzeit die Verkehrsbedienung höher liegt als sie gemäß dem VVS–Standard liegen sollte. Aus diesem Grund liegt die Differenz zwischen der ausreichenden Verkehrsbedienung und dem
verkehrlichen Mindestniveau bei rd. 0,8 Mio. Kilometern pro Jahr. Auch bei der Umsetzung des verkehrlichen Mindestniveaus käme es auf dem weit überwiegenden Teil der Buslinien zu Ausweitungen des Fahrplans von insgesamt rd. 0,7 Mio. Kilometern im Vergleich zum Status quo.
Nicht enthalten sind in allen drei Szenarien die „A–Linien“ und weitere Verstärker im Schülerverkehr von derzeit rd. 1,1 Mio. Kilometern im Jahr. Es ist jedoch davon auszugehen, dass aufgrund einer Ausweitung des gesamten Fahrplanangebotes der Bedarf an zusätzlichen Verstärkern im Schülerverkehr abnehmen wird. Die Rahmenbedingungen für den Einsatz von A–Linien und Verstärkerfahrten regelt die Schülerbeförderungskostensatzung (SBKS).
Das von Seiten des VVS definierte verkehrliche Mindestniveau stellt aus Sicht der Verwaltung ein absolutes Minimum der zukünftigen Verkehrsleistung im Landkreis Göppingen dar. Dieses sollte im Rahmen der Vergabeverfahren keinesfalls unterschritten werden. Zu beachten ist jedoch, dass bei einer Definition des
verkehrlichen Mindestniveaus als ausreichende Verkehrsbedienung einzelne Abschnitte im Vergleich zum Status Quo eine geringere Fahrtenanzahl vorweisen würden.
Die Verwaltung hat sich daher dazu entschieden, ein Optimum aus dem Status Quo und dem verkehrlichen Mindestniveau als ausreichende Verkehrsbedienung zu definieren, sodass grundsätzlich jeder Abschnitt zukünftig mindestens den heutigen Bedienungsstandard erhält. Denkbar wäre jedoch auch die Übernahme des verkehrlichen Mindestniveaus als ausreichende Verkehrsbedienung (Handlungsalternative).
Zusammengefasst obliegt es dem Landkreis, welches Verkehrsniveau er als ausreichend – und damit vollständig durch den Kreis zu finanzierend – definieren möchte.
Unabhängig von der erfolgten Definition der ausreichenden Verkehrsbedienung wurden im Rahmen des Anhörungsverfahrens insb. von Seiten der Kommunen weitergehende Forderungen zur Bedienungshäufigkeit und neuen Linien/Linienwegen gestellt. Analog zum Landkreis Esslingen schlägt die Verwaltung daher vor, ein Finanzierungsmodell von Verkehrsleistungen, die über die ausreichende Verkehrsbedienung hinausgehen, zu etablieren. Hierfür werden folgende Rahmenparameter vorgeschlagen:
Verkehrlich sinnvolle Erweiterungen der ausreichenden Verkehrsbedienung können sowohl im Vorfeld der jeweiligen Vorabbekanntmachung, als auch während der Laufzeit des Verkehrsvertrages (Bündel) erfolgen
Die Erweiterung wird jeweils hälftig durch den Landkreis und die profitierenden Kommunen finanziert
Bei Landkreisübergreifenden Verkehren ist dies analog anzuwenden
Die weiteren Grundsätze zur künftigen Finanzierung des ÖPNV–Angebots können der Anlage 3 entnommen werden.
4. Weiteres Verfahren
Erstmalig werden im Landkreis Göppingen die Linienbündel im Busverkehr zum Ende der aktuellen Genehmigungslaufzeit europaweit ausgeschrieben. Dieses Vergabeverfahren ist in der EU–Verordnung 1370/2007 geregelt und aus Sicht der Kreisverwaltung unumgänglich. Am Beispiel des heutigen Linienbündels 3, zukünftig Bündel 5 und 6, wird nachfolgend der weitere Zeitplan erläutert. Die Laufzeit des heutigen Linienbündels 3 (OVG) endet am 30.11.2025. Um eine rechtzeitige Neuvergabe durchführen zu können, ist ein enger Zeitplan einzuhalten. Dazu gehören gesetzliche Fristen zur Vergabe, ausreichende Zeiten zur Erstellung und Überprüfung der Vergabeunterlagen und eine angemessene Rüstzeit für die zukünftig beauftragten Busunternehmen.
Rückgerechnet vom Zeitpunkt X (Betriebsbeginn 01.12.25) ergibt sich abzüglich von 27 Monaten eine Veröffentlichung der Vorabbekanntmachung (VAB) zum 01.09.23. Der Inhalt einer Vorabbekanntmachung beruht grundsätzlich auf dem aktuell gültigen Nahverkehrsplan.
Zusammenfassend ergibt sich damit für die Vergabe der neuen Linienbündel 5 und 6 ein Zeitplan, der die Verabschiedung der Vorabbekanntmachung am 9. Oktober 2023 im UVA bzw. am 13. Oktober im Kreistag dringend notwendig macht. Wird dies nicht eingehalten, ist eine Verzögerung im weiteren Vergabeprozess zu befürchten, welche sich auch auf das Datum der Betriebsaufnahme auswirken kann. Vor der
Veröffentlichung der Vorabbekanntmachung ist diese noch mit den jeweils betroffenen Kommunen abzustimmen. Demzufolge ist bis zur Sommerpause eine Einigung über die Inhalte der beiden anstehenden Vorabbekanntmachungen zu erzielen. Dies kann nur auf Basis eines verabschiedeten Nahverkehrsplans
geschehen.
Eingegangene Vorschläge der Kommunen und aus der Bürgerschaft sind im Zuge der Erarbeitung der Vorabbekanntmachungen erneut zu prüfen. Sollte mit der Landkreisverwaltung Konsens darüber erzielt werden, dass vorgeschlagene Maßnahmen verkehrlich sinnvoll sind, sollen diese der Mitfinanzierung der
Kommunen unterworfen werden. Auf diesem Wege können auch zunächst abgelehnte und seitens des Gutachters und der Verwaltung nicht für notwendig erachtete Vorschläge Eingang in die Vorabbekanntmachung finden.
5. Neue Kostenwelt und Finanzierung
Die Vergabeverfahren umfassen in verschiedener Hinsicht finanzielle Risiken für den Landkreis als Aufgabenträger für den ÖPNV (Busverkehr):
Im Landkreis Göppingen gibt es bisher keine Erfahrungen mit Ausschreibungen im Bereich der Linienbusverkehre. Die Ausschreibung der Freigestellten Schülerverkehre unterliegt abweichenden Rahmenbedingungen und kann daher nur begrenzt Hinweise geben.
Durch die Pandemie und die Energie–Krise können auch die Erfahrungen der anderen Verbundlandkreise aus deren erster Ausschreibungswelle der zurückliegenden Jahre nur begrenzt herangezogen werden.
Durch die erheblich gestiegenen Lohn– und Werkstattkosten ist tendenziell von einer Erhöhung der Kosten auszugehen.
Derzeit noch ungeklärt sind die Folgekosten der Umsetzung der Clean Vehicles Directive (CVD) der Europäischen Union und des nationalen Saubere–Fahrzeuge–Beschaffungsgesetzes. Die angekündigte Landesregelung steht bisher noch aus. Offen ist bislang auch die Frage, mit welcher Technologie (E–
Busse oder Brennstoffzelle) die Fahrzeuge künftig die Normen für emissionsfreie Antriebe in geeigneter Weise erfüllen können. In jedem Fall werden durch diese Vorgaben höhere Kosten erwartet, die auf die km–Sätze durchschlagen werden.
Der Entwurf des NVP durch den VVS zeigt auf, dass zur Umsetzung des Optimums von verkehrlichem Mindestniveau und dem Status Quo im Landkreis Göppingen eine Mehrung des Leistungsangebots in Höhe von rd. 1,5 Mio. Kilometer p.a. erforderlich wird. Mit veränderten Taktdichten müssen die Umläufe und damit der Personaleinsatz völlig neu kalkuliert werden, u.U. auch mit Synergieeffekten. Es ist daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar, in welchem Umfang die Mehrkosten für dieses erhöhe Bedienungsangebot ausfallen werden.
Aufgrund der beschriebenen Unwägbarkeiten wird, unter Berücksichtigung der finanziellen Situation des Landkreises empfohlen, eine Kombination aus Status Quo und verkehrlichem Mindestniveau als ausreichende Verkehrsbedienung festzulegen.
Darüber hinaus gehende Wünsche der Städte und Gemeinden sind daher nicht vollumfänglich durch den Landkreis zu finanzieren. Analog zum Landkreis Esslingen schlägt die Verwaltung daher vor zeitgleich mit der Verabschiedung des Nahverkehrsplans ÖPNV–Finanzierungsgrundsätze zu beschließen. Diese sollen sukzessive nach Vergabe der zehn Linienbündel greifen (siehe Anlage 3).
6. Fazit
Mit der Verabschiedung des Nahverkehrsplans hat der Landkreis entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung des zukünftigen Verkehrsangebots. Dabei spielt insbesondere der Umfang des Angebots (Taktdichte etc.) eine wichtige Rolle. Der Nahverkehrsplan kann, je nach festgelegtem Angebot, einen wesentlichen Beitrag zu den Kreisentwicklungszielen „nachhaltige Mobilität“ und „Klimaschutz“
leisten.
Im Rahmen der Vorabbekanntmachungen sind Qualität und Umfang des Verkehrsangebots für jedes Linienbündel detailliert zu beschreiben, was vorherige Gespräche mit Kommunen und angrenzenden Landkreisen voraussetzt. Aufgrund des engen zeitlichen Rahmens ist eine Verabschiedung des Nahverkehrsplans notwendig. Wird diese nicht eingehalten, so sind direkte Auswirkungen auf die erfolgreiche Betriebsaufnahme der ersten Linienbündel im Dezember 2025 nicht mehr auszuschließen.
In den kommenden Jahren gilt es vorrangig, das bestehende Verkehrsangebot zu erhalten und mit Blick auf die Verkehrs– und Klimawende aktiv, aber maßvoll weiterzuentwickeln. Die eingangs beschriebenen Entwicklungen im Bereich der Tarife und der emissionsfreien Antriebe können so sinnvoll ergänzt werden, um den Busverkehr im Landkreis gesamtheitlich auf ein neues, zukunftsfähiges Niveau zu
heben.
III. Handlungsalternative
Als Handlungsalternativen werden die nachfolgend benannten Szenarien gesehen:
Festlegung des verkehrlichen Mindestniveaus als ausreichende Verkehrsbedienung
Festlegung des verkehrlichen Mindestniveaus zzgl. kürzlich erfolgter Zubestellungen von kreisweiter Bedeutung (Klinik am Eichert) als ausreichende Verkehrsbedienung
Übernahme von kommunalen Forderungen in die ausreichende Verkehrsbedienung
Aufgrund der vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten wird an dieser Stelle auf eine detaillierte Ausführung verzichtet. Insbesondere das verkehrliche Mindestniveau wurde unter II. näher beschrieben.
IV. Finanzielle Auswirkungen / Folgekosten
Das ÖPNV–Angebot im Landkreis (ausgenommen die Pflichtbedienung im Schülerverkehr) stellt nach wie vor eine freiwillige Aufgabe der Daseinsvorsorge und somit in den wesentlichen Bereichen eine finanzielle Freiwilligkeitsleistung dar.
Das Finanzkonzept 2030 berücksichtigt für die Umsetzung des NVP 2015 („Bus19plus“) aktuell den Finanzierungsaufwand auf Basis des Vor–Pandemie–Jahres 2019 mit jährlicher Indexfortschreibung (3%). Diese muss aus heutiger Sicht als überholt gelten.
Der zum 01.01.23 angewandte BW–Index liegt für das Jahr 2022 bei 11,55%. Mehrleistungen gegenüber dem Status quo, wie sie der NVP 2023 perspektivisch entwickelt, sind Finanzkonzept 2030 noch nicht berücksichtigt. Aufgrund der stark veränderten Rahmenbedingungen im ÖPNV ist generell auch bei Bestandsleistungen in den kommenden Jahren von einem stark erhöhten Finanzbedarf auszugehen.
Wie unter II. 5. beschrieben, kann erst im Rahmen der Ausschreibungen eine verlässliche Kostenangabe für alle Bündel gemacht werden. Der Nahverkehrsplan legt dennoch ein Ziel für das Verkehrsangebot fest, welches durch den Landkreis zu finanzieren ist. Grundsätzlich gilt weiterhin, dass der Umfang der Verkehrsleistung im jeweiligen Linienbündel erst mit den Vorabbekanntmachungen konkretisiert wird.
Joachim Abel