Wie ticken Jugendliche in Uhingen, was wünschen sie sich? Um diesen und weiteren Fragen auf den Grund zu gehen, wurde die Bürgermeistersprechstunde im Bürger- und Jugendhaus an der Kirchstraße 1 ins Leben gerufen. Nach der Premiere im Januar setzt Bürgermeister Matthias Wittlinger bei seinem zweiten Besuch Anfang April ein Versprechen um, weshalb ihn Jugendliche nahezu belagern.
„Wann kommt Internet?“ Das ist an einem frühen Abend Anfang April zunächst die wichtigste Frage, die sich die jugendlichen Besucher des Bürger- und Jugendhauses an der Kirchstraße 1 in Uhingen stellen. „Das wünschen sich die Jugendlichen schon länger“, erklärt Stefanie Gross, die mit Sarah Bretzler und Sarah Aslan im Auftrag der Stadt und des SOS-Kinderdorfs Göppingen die Jugendarbeit in Uhingen stemmt und den Alltag im Jugendhaus koordiniert. Und die Frage nach dem Zugang in die digitale Welt wollten einige der Anwesenden Uhingens Bürgermeister Matthias Wittlinger stellen, der sich zur zweiten Bürgermeistersprechstunde angekündigt hatte.
Als hätte Matthias Wittlinger das geahnt, betrat er mit einer kleinen Schachtel unterm Arm die sanierten Räume im Erdgeschoss, packte ein kleines Gerät aus, steckte dessen Kabel in eine Steckdose – und siehe da, es ward Internet. Wie ein Lauffeuer machte das die Runde unter den Kindern und Jugendlichen im Jugendhaus (JuhU) und Teenager belagerten den Rathauschef, um die Zugangsdaten zu erhalten. Wer meint, die junge Generation interessiert sich nur fürs Internet und will danach nichts vom Rathauschef wissen, wurde binnen der einstündigen Sprechstunde, die erstmals im Januar stattgefunden hat eines besseren belehrt.
Im Aufenthaltsraum tummelten sich zeitweise zwischen drei und knapp zehn Heranwachsende, die nicht nur vom Bürgermeister etwas wissen wollten, sondern auch bereitwillig aus dem Leben eines Jugendlichen in Uhingen berichteten.
So erfuhr Matthias Wittlinger, dass der noch im Januar geplante Mädchentreff nun mittlerweile immer freitags stattfindet und sich großer Beliebtheit erfreut. „Es ist besser, sich mal ohne Jungs zu treffen“, verrät ein weiblicher JuhU-Stammgast. „Dann ist es nicht so wild.“ Allerdings, räumt Stefanie Gross ein, könnten noch mehr Mädchen vorbeikommen. „Es wissen noch nicht so viele Bescheid, dass es den Treff gibt – wir werben aber dafür an den Schulen“, erklärt sie. Bei den regelmäßigen Treffen gebe es ein lockeres Programm, auf das sich die Besucherinnen einigen: Kochen, Fenster mit Malereien wie Blumen, Vögeln oder einem Osterhasenrzieren oder es stand auch schon mal Nägel lackieren auf dem Programm.
Doch der Bürgermeister erfuhr auch, was noch nicht so ideal läuft: Es müssen neue Billardqueues beschafft werden, weil die vorhandenen beschädigt sind. Es ist geplant in Zukunft ein Pfandsystem einzuführen. Dies sollte im Text ersichtlich sein, damit es keine Missverständnisse gibt. Anders als erhofft, erweist sich ein Kinoabend im JuhU schwierig in der Umsetzung, fügt Stefanie Gross hinzu. „Es ist leichter, ins Kino zu gehen als hier einen Film anzuschauen“, erklärt sie und verweist auf die für Filmvorführungen benötigten Lizenzen.
Abgesehen vom Altersdurchschnitt und der Umgebung dürfte sich Matthias Wittlinger bei dem Termin aber vorgekommen sein wie im Rathaus. Zeitweise wirkte die Sprechstunde im Jugendhaus wie der Alltag in der Stadtverwaltung im gegenüberliegenden Rathaus: Immer wieder wird Matthias Wittlinger dort um eine Unterschrift gebeten. Doch anstatt von Amtsleitern oder anderen städtischen Mitarbeitenden um eine Signatur für diverse Formulare gebeten, wollten die Jugendlichen schlichtweg nur ein Autogramm von Uhingens amtierenden Bürgermeister. „Das ist ja wie im Rathaus“, sagte er und ergänzte: „Die Unterschrift wird dann für Entschuldigungsschreiben in der Schule benutzt: ,Der Bürgermeister hat gesagt, dass ich fehlen darf‘, heißt es dann“, scherzte Matthias Wittlinger.
„Ich will wissen, was hier gut läuft und was besser laufen kann“, sagte Matthias Wittlinger und bewies mit ständigem Nachfragen aufrichtiges Interesse an den jungen Besuchern und ihrem Leben. „Was noch? Was wünscht ihr euch?“, fragte er. Und Antworten erhielt er einige. „Eine Bushaltestelle in der Eisenbahnstraße“, schlug ein JuhU-Besucher vor. Hierbei verwies der Bürgermeister an den Bürgerbus der Uhinger Linie (ULi), den Jugendliche mit ihrem VVS-Ticket kostenlos nutzen könnten. Das würden sie auch gerne, erfuhr der Bürgermeister weiter, allerdings fährt der ULi morgens nicht früh genug: „Er muss unter der Woche zeitiger fahren, dann können wir damit zur Schule“, erklärte die junge Besucherin. „Bitte, machen Sie, dass der Fahrplan geändert wird“, flehte sie förmlich den Bürgermeister an. Auch wies sie darauf hin, dass es in Uhingen nicht genügend Mietwohnungen gebe.
Eine weitere Bitte formulierte ein anderer JuhU-Besucher, der sich „ein Plätzchen, an dem man Chillen kann – mit Dach“ wünschte. Denn davon gebe es nicht so viele für Jugendliche. Und beim Uditorium-Parkplatz in der Ortsmitte seien sie nicht gerne gesehen, ergänzte eine Besucherin des Jugendhauses. Immer wieder würden Polizeibeamte sie überprüfen. „Es ist peinlich, wenn Leute sehen, wie die Polizisten uns kontrollieren“, ergänzte sie. Matthias Wittlinger konnte die Sicht der jungen Uhinger nachvollziehen, bat aber auch um Verständnis für die Arbeit der Polizisten.
Weitere Wünsche der jungen Generation waren ein Fastfood-Laden in Uhingen, da man sonst immer mit dem Bus oder Zug nach Göppingen, Faurndau oder Eislingen fahren müsse, um Fritten, Burger, Chicken Wings & Co. zu essen. Außerdem wünschten sich die Mädchen besser ausgeleuchtete Fußwege, um sich nach Einbruch der Dunkelheit sicherer zu fühlen. Und der Bürgermeister? Ging mit vielen Anregungen zurück ins Rathaus. „Die Jugendlichen interessieren sich für mehr als nur W-Lan, sie wollen Uhingen mitgestalten, damit es aus ihrer Sicht lebenswert bleibt“, zieht Matthias Wittlinger Bilanz. Und die regelmäßigen Treffen, die auch die Heranwachsenden als sinnvoll bezeichnet haben, sollen dabei helfen.
Info Das Jugendhaus ist täglich von Montag bis Donnerstag zwischen 16 und 20 Uhr sowie am Freitag von 16 bis 21 Uhr geöffnet. Das Angebot richtet sich an alle Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ab 12 bis zu einem Alter von 27 Jahren, die aus Uhingen und der Umgebung kommen oder hier ihre Freizeit verbringen.
PM Stadt Uhingen