Wohnen für Generationen, eine Hochgarage als terrassenartiger Aussichtspunkt und vieles mehr: Was auf dem Spinnweberei-Areal in Uhingen entstehen könnte, darüber haben sich Studierende der Technischen Universität im österreichischen Graz Gedanken gemacht. Bei ihren Entwürfen lagen der Rohstoff Holz und nachhaltiges Bauen im Vordergrund. Die Ergebnisse präsentieren die Studierenden am Montag, 8. Mai, im Uditorium. Beginn ist um 18 Uhr, dazu ist jeder eingeladen.
Welches Potenzial hat das sogenannte Spinnweberei-Areal an der Ulmer Straße in Uhingen? Dieser Frage sind Studierende der Technischen Universität (TU) Graz nachgegangen. Die Studierenden haben mit der IBA’27 und der Stadt Uhingen die mögliche Entwicklung des Areals weitergesponnen. Sie machten sich Gedanken hinsichtlich neuer Wohn- und Arbeitswelten, eines ressourcenschonenden Holzbau und der Rolle des öffentlichen Raums.
Bisher befindet sich auf dem Spinnweberei-Areal nicht viel, was Rückschlüsse auf das für die Stadt Uhingen wichtige Entwicklungspotenzial erahnen lässt: Schotter, Bauzäune, parkende Autos und in Richtung Bahngleise etwas Gestrüpp. Doch dieses etwa 1,25 Hektar große Areal birgt gewaltiges Potenzial für die innerstädtische Entwicklung – eine Chance, die sich nicht jeder Gemeinde bietet. „Zwar wünschen sich eigentlich alle Kommunen die Chance, innerstädtische Quartiere vergleichbarer Qualität entwickeln zu können, aber tatsächlich stehen bei weitem nicht so viele Flächen dieser Größe und Lage zur Verfügung, welche sich zudem in kommunaler Hand befinden und dadurch eine einheitliche und zielgerichtete Entwicklung erfahren können“, bilanziert von der Stadtentwicklung GmbH aus Stuttgart (STEG), die an der Ulmer Straße mit der Stadt Uhingen und der IBA’27 ein zukunftsfähiges, gemischt genutztes, urbanes Gebiet plant.
Doch wie kommen 15 Studierende aus Österreich dazu, sich mit dem Projekt in Uhingen zu befassen? Das hängt mit der Internationalen Bauausstellung 2027 zusammen, die bis 2027 in der baden-württembergischen Hauptstadt Stuttgart unter dem Titel „StadtRegion Stuttgart“ stattfindet, heißt es von Seiten von Baunetz CAMPUS. Dabei handelt es sich um eine Informations- und Inspirationsplattform, die Studierenden und Lehrenden eigenen Angaben zufolge umfangreiche Informationen und täglich aktuelle Themen aus dem gesamten Hochschulkontext rund um die Themen Architektur, Stadt und Landschaft bietet. „Die städtebauliche Planungs- und Entwicklungsinitiative zielt darauf ab, innovative und nachhaltige Konzepte für die Zukunft der Stadtentwicklung zu entwerfen und umzusetzen“, informiert Baunetz Campus weiter. Zusammen mit der IBA-School sei ein Angebot für Studierende entstanden, damit diese sich mit den Projekten und Themen der Bauausstellung auseinandersetzen könnten. Die Plattform präsentiere Arbeiten von Studierenden unterschiedlicher Fachrichtungen, die den Weg der Ausstellung bis zum Jahr 2027 begleiten und somit dazu beitragen wollen, den Aufbruch in der Stadtregion Stuttgart anschaulich und erfahrbar zu machen.
Architekturstudierende der Professur für Architektur und Holzbau (am Institut für Architekturtechnologie der TU Graz) haben sich im Rahmen einer Entwurfsübung im Wintersemester 22/23 IAT Holz;) der Vertiefung der Quartiersentwicklung angenommen. In enger Zusammenarbeit mit Vertretern der IBA’27 und der Stadt Uhingen entwickelte die Gruppe den städtebaulichen Entwurf des Studios CROSS SCALE aus Stuttgart und von Planstatt Senner aus Überlingen weiter, die den internationalen Städtebauwettbewerb gewonnen hatten.
Unter der Leitung von Professor Tom Kaden und Stephan Brugger haben die Studierenden auch analysiert, welches Recyclingpotential vorhanden ist, und welche Herausforderungen der hybride Holzbau in Bezug auf die geplante Nutzung und die zu hinterfragenden Standards mit sich bringt.
Aufgeteilt in Gruppen widmeten sich die Studenten einem vorgegebenen Bereich des Spinnweberei-Areals. Entstanden sind sieben unterschiedliche Projekte. Das Baumaterial Holz, die Gemeinschaft und soziale sowie nutzungsorientierte Durchmischung spielen in den Entwürfen ebenfalls eine Rolle. Als Beispiel nennt Stephan Brugger beispielsweise im Entwurf „Vier Giebel ein Turm“ die Idee des „Miteinanders“ in den Vordergrund gestellt und Generationenwohnen und Galeriewohnen miteinander kombiniert. „In dem Skelettbau aus Holz sollen hier maximal flexible Grundrisse erzielt werden können“, heißt es weiter. „Die Studierenden zweier weiterer Projekte setzen ebenfalls den Fokus darauf, Heterogenität in den Grundrisstypen zu erzeugen und wollen es den Bewohnern möglich machen, im Maisonette, in der Doppelhaushälfte oder gar im Gewächshaus zu wohnen.“ Auch das mögliche Parkhaus, das in erster Linie als Lärmschutzbarriere dienen sollte, wurde von den Studierenden der TU Graz weitergesponnen. Herausgekommen ist ein terrassenartiges Gebäude, das Parken, Wohn- und Bürofläche sowie einen Aussichtspunkt vereint.
Die studentischen Entwürfe dienen lediglich als eine Grundlage für weitere Gespräche. Es bedeutet nicht, dass diese Entwürfe auch umgesetzt werden. Sie können als Inspiration für die künftige Bebauung dienen. „Es ist noch keine Aussage über die künftige Optik der Gebäude zu treffen“, informiert das Studio CROSS SCALE. „Es kann sein, dass Aspekte eines dieser Entwürfe aufgegriffen werden – oder nicht.“
Bei der Informationsveranstaltung am Montagabend, 8. Mai, die um 18 Uhr im Uhinger Uditorium beginnt, können sich Interessierte über die Entwürfe der Studierenden informieren. Sieben Studierende präsentieren ihre Projekte. Außerdem besteht die Möglichkeit, weitere Anregungen für die Gestaltung des Areals anzumerken.
Hintergrund: Die Geschichte des Spinnweberei-Areals geht auf das Jahr 1894 zurück, als mit dem Bau der „Mechanischen Weberei Rothschild“ in der Nähe des Bahnhofs begonnen wurde. Gründer waren Moritz Rothschild und sein Sohn Harry aus Nordstetten bei Horb. Schnell wuchs das Unternehmen auf bis zu 400 Beschäftigte. Noch bis ins Jahr 2017 produzierte das Unternehmen Spinnweberei Uhingen (SWU) seine präzisen Trägergewebe auf technisch hochspezialisierten Luftdüsen-Webmaschinen und musste dann den Betrieb nach mehr als hundertjähriger Produktionszeit einstellen.
Die Stadt Uhingen erwarb das 1,25 Hektar große Areal für 2,3 Millionen Euro. Der Gemeinderat beschloss den Abriss aller Gebäude auf der Fläche. Die Kosten lagen, zusätzlich zu Gutachten über die Altlastenerkundung sowie für die beauftragten Architekten und Geologen bei etwa 591.000 Euro. Von 2019 und 2021 gab es außerdem für die Bürger der Stadt die Möglichkeit, sich in die künftige Nutzung samt Bebauungsformen einzubringen. Begleitet wird der Gestaltungsprozess von Mitgliedern des Gemeinderats in einer Arbeitsgruppe.
PM Stadt Uhingen