Erfolgversprechende Wasserstoff-Projekte im Landkreis Göppingen – nur Wirtschaft zieht noch nicht mit

Wasserstoff kann eine wichtige Rolle bei der Energie- und Verkehrswende einnehmen und somit dazu beitragen, unabhängiger von fossilen Energieträgern zu werden und die ambitionierten Klimaschutzziele zu erreichen. Darüber ist sich das Akteursnetzwerk des HyStarter-Projektes Landkreis Göppingen einig. Nach über 18 Monaten schloss der Landkreis Göppingen gestern als erste der bundesweit 15 HyStarter-Regionen das Projekt ab und präsentierte die Ergebnisse der Öffentlichkeit. Neben der Kommunalpolitik, regionalen Unternehmen und Vertretern der Industrie, nutzten auch interessierte Bürger*innen die Möglichkeit sich über die Wasserstoff-Potenziale und die geplanten Aktivitäten im Landkreis zu informieren und die innovative Technologie unmittelbar zu erleben.

In den vergangenen Monaten diskutierten die Akteure aus Industrie, Energieversorgung, Wissenschaft, Bildung, Kommunalpolitik und Landkreisverwaltung, über die Vorteile von Wasserstoff, regionale Erzeugungs-Potenziale, mögliche Einsatzfelder und notwendige Infrastrukturentwicklungen, aber auch über die Grenzen der Technologie. Dabei spielten neben den Aspekten des Klima- und Umweltschutzes auch die Sicherung des Wirtschafts- und Innovationsstandortes eine wesentliche Rolle. Wasserstoff kann einen wichtigen Beitrag zur zukünftigen Energieversorgung leisten, da er aus überschüssigen erneuerbaren Energien gewonnen werden und gut gespeichert und transportiert werden kann. Der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft im Landkreis Göppingen soll dabei ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltig gestaltet werden. Darauf basierend wurde eine Roadmap mit unterschiedlichen Handlungsfeldern für den Landkreis Göppingen entwickelt, die Timm Engelhardt, Geschäftsführer der Energieagentur Landkreis Göppingen, am Abend erstmals öffentlich vorstellte.

Neben der Ermittlung von Potenzialen zur Wasserstofferzeugung und -speicherung wurden auch Bedarfe und Anforderungen identifiziert, beispielsweise im Logistikbereich aufgrund der Anforderungen einer klimaneutralen Lieferkette und im ÖPNV aufgrund der Anforderungen der Clean Vehicles Directive. Danach sollen im Landkreis Göppingen bis 2026 mindestens zehn Busse mit alternativen Antrieben, möglicherweise auf Brennstoffzellenbetrieb umgestellt werden. Der Einsatz von Wasserstoff in der Gebäudeenergieversorgung wurde vom Akteurskreis kontrovers diskutiert. Hier sollen weitere Untersuchungen folgen.

Henne oder Ei

Soll zuerst die Nachfrage generiert werden oder zuerst der Wasserstoff zur Verfügung stehen? Der Akeurskreis will beides zusammenbringen. Aber wie soll dies funktionieren? Am Rande der Veranstaltung wurde deutlich: Ohne eine kontinuierliche und ausreichende Wasserstoffversorgung über eine Pipeline vom Norden her wird es auch kein großes Bestreben beim z.B. Transportgewerbe im Landkreis geben, LKW mit Wasserstoffantrieb anzuschaffen. Die Möglichkeiten, im Landkreis selber Wasserstoff zu erzeugen, sind dageben begrenzt.

Auch wenn hier also noch einige Rahmenbedingungen und Voraussetzungen geschaffen werden müssen, so sprechen sich die Akteure des HyStarter-Projektes in ihrem Abschlussbericht deutlich für eine Weiterentwicklung und zukünftige Nutzung der identifizierten Potenziale aus. Timm Engelhardt ist überzeugt: „Grüner Wasserstoff wird auch durch den weiteren Ausbau von erneuerbarer Energie zunehmend an Bedeutung gewinnen. Für die Sicherung des Wirtschaftsstandortes und um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen, ist es wichtig, dass der Landkreis Göppingen hier nicht den Anschluss verliert.“ Um die erarbeiteten Projektideen weiter voranzutreiben, möchten die HyStarter-Akteure ihren Austausch fortführen und das Netzwerk erweitern. Auch sollen weitere Voraussetzungen zum Aufbau einer regionalen Wasserstoffwirtschaft im Landkreis geschaffen werden.

Für die notwendige Unterstützung und um eine zentrale Anlauf- und Beratungsstelle zu bieten, empfiehlt das Akteursnetzwerk die Schaffung von Personalkapazitäten. Landrat Edgar Wolff sagt die weitere Unterstützung der Landkreisverwaltung zu und spricht sich ebenfalls für die Weiterführung des Wasserstoff-Vorhabens aus: „Chancen, die sich für die Wirtschaft, Energieversorgung, Mobilität und andere im Landkreis Göppingen ergeben könnten, sollten nicht verpasst werden.“ Bereits im Februar hatte er zu einem ersten Wasserstoffgipfel mit unterschiedlichen Akteuren wie Energieversorgungsunternehmen, Stadtverwaltung, Wirtschaftsförderung sowie Vertreter*innen der Fraktionen geladen, um über den Fortgang der Wasserstoffthematik nach Abschluss des HyStarter-Projektes zu sprechen. Eine Bewerbung für die Folgeförderung „HyExperts“ ist aktuell noch nicht möglich, wird aber angestrebt.

Koordinierungsstelle

Landrat Wolff stellte einen 50%igen Anteil des Landkreises (vorbehaltlich der Zustimmung des Kreistages) in Aussicht. Förderungsmöglichkeiten gibt es für diese Stelle zurzeit nicht, sollen aber geschaffen werden. Eine größere Summe muss also von den Akteuren bereitgestelt werden. Hierzu sind, auch das wurde am Rande der Veranstaltung deutlich, nicht alle Beteiligte bereit. Es bleibt also abzuwarten, inwieweit das ansich tolle Projekt weitergeführt werden kann. Dringend sollten weitere Akteure gesucht werden, die sich dem Projekt anschließen um „gemeinsam aus der Region für die Region einen Mehrwert zu schaffen“. Zurzeit sind nur drei Firmen als „Akteur“ dabei, die selbst im größeren Stil Wasserstoff einsetzen könnten, die Firmen Fischer in Weilheim, Haller in Ebersbach und Leonhard Weiss in Göppingen.

Wasserstoffregionen HyStarter:

„HyLand – Wasserstoffregionen in Deutschland“ ist ein 2019 vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) ausgerufener Wettbewerb. HyLand motiviert Akteur*innen in allen Regionen Deutschlands Konzepte mit Wasserstoffbezug zu initiieren, zu planen und umzusetzen. Ziel des Wettbewerbs ist es, die innovativsten und erfolgversprechendsten regionalen Konzepte zu identifizieren und zu fördern. Das HyStarter-Projekt im Landkreis Göppingen wird von der Energieagentur des Landkreises Göppingen sowie der Nuts One GmbH in Kooperation mit weiteren Fachpartner*innen begleitet.

Über die Energieagentur Landkreis Göppingen gGmbH:

Die Energieagentur Landkreis Göppingen ist die neutrale und unabhängige Anlaufstelle für sämtliche Energiefragen im Landkreis Göppingen. Sie arbeitet nicht gewinnorientiert und unterstützt, berät und begleitet seit 2010 Bürger*innen, Unternehmen, Kommunen, Schulen und Kindertageseinrichtungen bei der Umsetzung von Energie- und Klimaschutzmaßnahmen. Ihre Leistungen reichen von der kostenlosen Energieberatung für die Bürgerschaft bis hin zu kommunalen Klimaschutzprojekten, wie der Erstellung von Quartierskonzepten.

HyStarter_Ergebnisbericht_Göppingen_2023

 

Joachim Abel

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