Deutschlandticket – Auswirkungen im VVS

Zum Deutschlandticket liegen bisher mehrere Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz sowie der Verkehrsministerkonferenz vor. Der vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) zunächst vorgesehene Einführungstermin (1. Januar 2023) musste mehrfach verschoben werden.

Mit Beschluss durch das Bundeskabinett wurde der Gesetzgebungsprozess Anfang Februar gestartet, er soll am 31. März 2023 mit einem Beschluss des Bundesrates über die Änderung des Regionalisierungsgesetzes beendet werden. Das Deutschlandticket kann damit frühestens am 1. Mai 2023 starten. Dieser Einführungstermin wird vom BMDV, den Ländern und der ÖPNV-Branche fest eingeplant. Mit der EU-Kommission erfolgt derzeit noch eine Abstimmung über die notwendigen Ausgleichsleistungen, um Rechtssicherheit für die ÖPNV-Branche in Bezug auf die Beihilfen zu erhalten.

Merkmale des Deutschlandtickets
 Ausgabe nur im Abonnement
 Monatliche Kündigungsmöglichkeit ohne Bearbeitungsgebühr, keine Nachberechnung
 Ticket ist personenbezogen, nicht übertragbar
 Ticket beinhaltet keine Mitnahmemöglichkeit von Personen ab 6 Jahre
 Ticket gilt im Regionalverkehr in der 2. Wagenklasse (Übergang in die 1. Klasse ist nach den örtlichen Bestimmungen möglich)
 Ticket wird „papierlos“, d. h. digital als Chipkarte oder auf Smartphone mit Barcode ausgegeben und elektronisch kontrolliert
 Gültigkeit im gesamten ÖPNV im Bundesgebiet einschließlich des Geltungsbereiches von Verbundtickets im Ausland, keine Gültigkeit im Schienen-Fernverkehr und im Bus-Fernverkehr (die Gültigkeit im IC bei so genannten Integrationskonzepten wie der Gäubahn wird zwischen den jeweiligen Ländern und DB Fernverkehr abgestimmt)
 Beginn jeweils zum Monatsersten („Abo sofort“ wie im VVS ist weiterhin bei anderen Tickets möglich)

Zu den weiteren Tarifbestimmungen hat eine Arbeitsgruppe des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) unter Federführung des VVS einen Entwurf vorgelegt, der inzwischen mit Bund und Ländern weitgehend abgestimmt wurde. So kann aller Wahrscheinlichkeit nach das im VVS sehr erfolgreiche Jobticket-Modell, das einen Rabatt bei einem Arbeitgeber-Zuschuss vorsieht, beibehalten werden. Geplant ist, einen Rabatt von fünf Prozent zu gewähren, wenn der Arbeitgeber einen Zuschuss von mindestens 12,25 Euro (= 25 Prozent des Preises für das Deutschlandticket) leistet. Im Landkreis Göppingen wird der Zuschuss durch eine Dienstvereinbarung geregelt.

Umsetzung im VVS

Die Verbundpartner, insbesondere die Abo-Center der Verkehrsunternehmen, und der VVS bereiten sich seit einiger Zeit intensiv auf die Einführung des Deutschlandtickets vor. Auf der VVS-Homepage wird seit einigen Wochen jeweils aktuell über die wichtigsten Fragen und Antworten (FAQ) informiert
(https://www.vvs.de/deutschlandticket). Eine regionale Werbekampagne des VVS ist in Vorbereitung. Ein bundesweit einheitlicher Verkaufsstart soll einen Monat vor der Einführung, ab 3. April 2023, erfolgen. Da viele Interessierte bereits jetzt nach dem Deutschlandticket fragen, gibt es seit Anfang Februar die Möglichkeit einer Vorbestellung, um den Besuch in den Kundenzentren und die Bearbeitung im Back- Office zu entzerren.

Alle Bestandsabonnenten wurden von den Abo-Centern bereits angeschrieben und über das neue Angebot unterrichtet. Die Umstellung der bestehenden Abos auf das Deutschlandticket soll weitgehend automatisch erfolgen. Allen Kunden wird eine Umstellung auf das preislich günstigere und das deutschlandweit gültige Abo angeboten. Die Kunden können allerdings widersprechen und haben auch ein Sonderkündigungsrecht. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die allermeisten Kunden wegen des Preises und des erweiterten Gültigkeitsgebiets auf das neue Deutschlandticket umsteigen wollen.

Das Deutschlandticket soll ausschließlich im Abo ausgegeben werden, 49 Euro im Monat kosten und monatlich kündbar sein. Daher hat das Angebot unmittelbare Auswirkungen auf die VVS-Abos und JahresTickets, mittelbare Auswirkungen aber auch auf die Wochen- und MonatsTickets sowie die Tickets des Gelegenheitsverkehrs.
Alle Jedermann-Abos, Firmen-Abos und 9-Uhr-Abos sind bereits in der Preisstufe 1 teurer als 49 Euro. Lediglich das 9-Uhr-Firmen-Abo ist mit 44,10 Euro (mit Arbeitgeberzuschuss) bzw. 46,55 Euro (ohne Arbeitgeberzuschuss) in der ersten Preisstufe günstiger als 49 Euro. Hierbei ist die Nachfrage allerdings relativ gering.
Auch das Senioren-Abo ist mit monatlich 51,90 Euro etwas teurer als das künftige Deutschlandticket. Somit kann davon ausgegangen werden, dass praktisch alle VVS-Abonnenten zum neuen Deutschlandticket wechseln. Da die bestehenden Tarifangebote vom VVS beantragt, von den Genehmigungsbehörden genehmigt und von den Kunden auch so bestellt wurden, sollen sie zunächst parallel weiterbestehen. Außerdem werden sie voraussichtlich auch als Verrechnungsgröße (Referenzwert) im Rahmen der Berechnung der Ausgleichsleistungen entsprechend der Musterförderrichtlinie benötigt. Jedem Kunden wird eine automatische Umstellung auf das Deutschlandticket angeboten. Auf Wunsch kann er allerdings im
bestehenden Abo bleiben. Mittelfristig wird davon ausgegangen, dass die VVS-Abos komplett wegfallen können, wenn das Deutschlandticket dauerhaft angeboten wird.
Für einen Zusatzbetrag von 9,90 Euro im Monat ist heute ein Upgrade des Abos zum „Ticket-Plus“ möglich. Darin enthalten sind unter anderem die Übertragbarkeit, erweiterte Mitnahmeregelungen sowie eine bessere Mobilitätsgarantie. Dieses Angebot soll auch für VVS-Kunden mit Deutschlandticket nach Möglichkeit weiterhin angeboten werden, die Gültigkeit der Zusatzleistungen bleibt selbstverständlich auf
das Verbundgebiet des VVS beschränkt. In den Gesprächen zwischen Bund, Ländern und der ÖPNV-Branche wird diskutiert, zu einem späteren Zeitpunkt ein bundesweites Upgrade-Angebot zum Deutschlandticket zu ermöglichen.
Das Deutschlandticket wird monatlich kündbar sein. Es wird keine Bearbeitungsgebühr anfallen oder Nachberechnung erfolgen. Daher ist damit zu rechnen, dass auch viele Fahrgäste, die sich heute immer wieder einzelne MonatsTickets kaufen, auf das Deutschlandticket umsteigen werden. In welchem Umfang die bestehenden Monats-, aber auch WochenTickets des VVS nach Einführung des Deutschlandtickets noch genutzt werden, bleibt abzuwarten. Die Preise für das MonatsTicket liegen im VVS derzeit bei 75,70 Euro (eine Zone) bis 247,00 Euro (Gesamtnetz). Hier wird man sicherlich nach einiger Zeit Anpassungen
im Angebot und gegebenenfalls am Preis vornehmen müssen.
Die Tickets des Ausbildungsverkehrs werden im Wesentlichen durch das neue JugendTicketBW (LWJT), das zum 1. März 2023 eingeführt wurde, „kannibalisiert“. Als Auffangtickets für Schüler und Azubis ab einem Alter von 27 Jahren sowie für diejenigen, die sich nicht langfristig binden wollen, wurden die Angebote
AusbildungsTicket 27 und AusbildungsTicket U 27 geschaffen. Auch das StudiTicket steht für Studierende ab 27 Jahren zumindest im Sommersemester 2023 noch zur Verfügung. Auch hier wird es voraussichtlich Anpassungen geben müssen, da die Preise recht nahe am Tarif des Deutschlandtickets liegen. Der VVS ist auch mit den Studierendenwerken über die Frage im Gespräch, ob der bisherige Solidarbeitrag aller Studierenden noch eine Berechtigung hat. Auf Bundesebene wird über ein bundesweites Semesterticket auf Basis des Deutschlandtickets nachgedacht, das allerdings mit Sicherheit nicht gleich zum Start des Deutschlandtickets umgesetzt werden kann. Stattdessen soll es übergangsweise die Möglichkeit eines „Upgrades“ geben. Wer bisher beim StudiTicket einen Solidarbeitrag geleistet hat, soll nur den Differenzbetrag zu den 49 Euro entrichten, um nicht doppelt zu bezahlen. Es ist ein Ziel des Deutschlandtickets, Fahrgäste, die heute nur gelegentlich den öffentlichen Nahverkehr nutzen, zu Stammkunden zu machen. Die Nutzenschwelle zwischen den Tickets des Gelegenheitsverkehrs und den Zeittickets sinkt deutlich, daher ist mit einer spürbaren Überwanderung vom Gelegenheitsverkehr zum
Deutschlandticket zu rechnen. Auch Geschäftsreisende und Touristen brauchen künftig an ihrem Zielort kein weiteres Ticket, wenn sie an ihrem Heimatort das Deutschlandticket gekauft haben und dort für ihre täglichen Bedürfnisse einsetzen.
Unterm Strich ist mit Rückgängen im Gelegenheitsverkehr zu rechnen. In welchem Umfang dies passiert, ist allerdings schwer zu prognostizieren. Daher ist es sinnvoll, zunächst das konkrete Nachfrageverhalten zu beobachten und zu analysieren.

Die Nachfrageentwicklung bei den einzelnen Ticketangeboten – sowohl des Deutschlandtickets und des JugendTicketsBW als auch des verbleibenden VVS- Tarifangebotes – wird intensiv beobachtet. Spätestens im Herbst 2023 soll ein VVS- Tarifsymposium durchgeführt werden, auf dem die aktuellen Nachfragedaten sowie erste Ideen für eine Straffung des Angebotes vorgestellt werden. Das Deutschlandticket bietet auch die Chance, die unterschiedlichen Tarifbestimmungen im Bund bzw. im Land zu vereinheitlichen.

Bund und Länder stellen 2023 und 2024 zusammen jeweils drei Milliarden Euro zum Ausgleich der Mindereinnahmen (inklusive Evaluation, Marketing und zentrale Abrechnungssysteme) pro Jahr zur Verfügung. Falls die Mittel nicht ausreichen, wurde in der Besprechung der Regierungschefinnen und -chefs der Länder mit dem Bundeskanzler am 8. Dezember 2022 vereinbart, etwaige Mehrkosten in 2023 zu
übernehmen („Nachschusspflicht“). Für 2024 wurde vereinbart, die Finanzierung aus den Mitteln von Bund und Ländern und den möglichst steigenden Ticketeinnahmen zu bestreiten. Eine Mitfinanzierung durch die kommunalen Gebietskörperschaften oder eine Mehrbelastung der Verkehrsunternehmen ist nicht vorgesehen.
Sollten Finanzmittel des Bundes und des Landes aber nicht zeitnah fließen, ist die Notwendigkeit einer Vorfinanzierung durch die Aufgabenträger nicht auszuschließen. Über die Modalitäten wird aktuell noch verhandelt.

Joachim Abel

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