Er hatte als CDU-Kreisvorsitzender Franz Josef Strauß ausgeladen, als JU-Vorsitzender über „Papst, Pille und Millionen“ diskutiert und musste während einer kontroversen Podiumsdiskussion schon durch Bergarbeiter vor fliegenden Bierkrügen geschützt werden. Nun ist Hermann Seimetz am vergangenen Mittwoch im Alter von 84 Jahren verstorben.
„Der CDU Kreisverband verliert mit ihm ein politisches Urgestein und einen klugen Ratgeber, wir sind sehr traurig und verneigen uns vor seiner politischen Lebensleistung“, erklären der Vorsitzende und die Ehrenvorsitzende des CDU-Kreisverbandes Göppingen, Kai Steffen Meier und Nicole Razavi MdL.
Nicht wenige verbinden die CDU im Kreis Göppingen als erstes mit dem Namen Seimetz und auch für den Verstorbenen selbst war die CDU bis zum Schluss ein wichtiger Teil seines Lebens – er hat für sie gestritten und mit ihr gelitten. „Seine Meinung hatte bis zuletzt großes Gewicht. Wir werden seine Stimme und auch seinen Humor schmerzlich vermissen“, so Meier weiter. Hermann Seimetz war eine starke Persönlichkeit und tief verwurzelt in der katholischen Soziallehre, der die richtige Mischung aus einer starken Grundüberzeugung und Wertehaltung mit der Liebe zu den Menschen, Überzeugungskraft und Gottvertrauen verband.“
Dass Seimetz und CDU nicht selten in einem Atemzug genannt werden, ist alles andere als selbstverständlich. Denn dieses Parteibuch schien dem Sohn eines Bergmanns nicht in die Wiege gelegt. Kurz nach seiner Geburt in der Nähe von Trier siedelte die neunköpfige Familie in die Geislinger Bergarbeitersiedlung um; „sozialdemokratisch ist noch harmlos ausgedrückt“, erinnerte sich Seimetz einmal an die dort vorherrschende Stimmung. Sich selbst bezeichnete er nicht ohne Stolz als echten „Siedlungsbanditen“. Doch Seimetz war nicht nur Arbeiterkind sondern vor allem auch eins: katholisch. Ministrantendienst, katholische Jugend, Pfarrjugendführertätigkeit waren Wegmarken seiner Prägung in jungen Jahren. Jeden Sonntag sei die Familie einer Prozession gleich in die Kirche gepilgert, wusste der Verstorbene zu späteren Zeiten zu erzählen.
Der Weg zur damals noch stark von einer der Vorläuferparteien, dem katholischen Zentrum, geprägten CDU war also nicht ganz so weit wie es auf den erste Blick erschien. In der Geislinger CDU, die vom damaligen evangelischen Dekan geführt wurde, war Seimetz allerdings nicht nur als Katholik ein Exot, sondern auch als Dreherlehrling (Zitat Seimetz: „Ich hab mal einen g’scheiten Beruf gelernt“), der er damals war. Über den zweiten Bildungsweg wurde er schließlich Lehrer und lebte genau das, was über viele Jahrzehnte die von der CDU geprägte Politik in Baden-Württemberg war: kein Abschluss ohne Anschluss.
Ab 1979 war Seimetz dann Rektor der Donzdorfer Messelbergschule. Bei seinem Abschied von der Schule im Jahre 2001 war sie Haupt- und Werkrealschule. Ein Schultypus, der auf die maßgebliche Initiative von Hermann Seimetz zurückgeht, von dessen Erfolg er bis zuletzt überzeugt war und dies mit zahlreichen Schülerbiographien zu belegen wusste. Zusammen mit dem damaligen Kultusminister Mayer-Vorfelder hatte er sie Anfang der neunziger Jahre auf den Weg gebracht. Denn die CDU-Fraktion war anfangs noch skeptisch und musste erst überzeugt werden. Diese Zusammenarbeit war auch der Beginn der später legendär gewordenen „MV-Wanderungen“, bei denen Seimetz, Mayer-Vorfelder und weitere CDU-Prominenz Jahr für Jahr das Lautertal erwanderten.
In den Jahren 1981 bis 1997 war Hermann Seimetz CDU-Kreisvorsitzender. Bereits zuvor im Jahr 1980 wurde er als Landtagsabgeordneter des Wahlkreises Geislingen gewählt. Das Geislinger Krankenhaus, die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Geislingen, der Bau der Donzdorfer Umgehung, die Ortskernsanierung in Bad Ditzenbach und vieles mehr hat Hermann Seimetz maßgeblich mit auf den Weg gebracht. Manches würde es gar nicht geben ohne seinen Einsatz, sein politisches Geschick, seine gewiefte Schlitzohrigkeit sowie sein umfangreiches Netzwerk und vor allem seine Hartnäckigkeit. „Der Wahlkreis und die CDU haben Hermann Seimetz sehr viel zu verdanken. Er war Parlamentarier und Volksvertreter mit Leib und Seele. Sein Einsatz für Land und Leute sind auch über seinen Tod hinaus Vorbild und Ansporn“, sagt Nicole Razavi MdL.
In den politisch bewegten neunziger Jahre prägte Seimetz als stellvertretender Fraktionsvorsitzender und rechte Hand des Vorsitzenden Günther H. Oettinger die Politik der CDU an entscheidender Stelle mit. Dieses Amt hatte er ab 1992 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Landtag inne. „Hermann Seimetz ist über alle Fraktionsgrenzen hinweg anerkannt und beliebt. Im Übrigen genießt er – das darf man vielleicht sagen – als Witzekenner hohe Reputation“, sagte der damalige Landtagspräsident Peter Straub bei Seimetz‘ Verabschiedung aus dem Parlament. Und in der Tat: Von Helmut Kohl bis Johannes Rau – Hermann Seimetz hat sie alle zum Lachen gebracht.
Immer wieder sorgte der so bodenständige und humorvolle wie streitbare Politiker auch für Kontroversen. Etwa als er in den achtziger Jahren den bayrischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß von einem Besuch in der Göppinger Hohenstaufenhalle auslud. Hintergrund war die Kritik des CSU-Vorsitzenden am damaligen Göppinger Bundestagsabgeordneten, Bundesverteidigungsminister Manfred Wörner im Zuge der Kießling-Affäre gewesen. Denn: Loyalität und Haltung waren ihm genauso wichtig wie streitbare Thesen, die er schon als JU-Kreisvorsitzender pflegte, etwa bei Veranstaltungen mit Titeln wie „Studenten, Staat und Spießer“.
Wichtig war ihm bei seinem politischen Wirken immer der Einsatz für den einzelnen Bürger und seine Nöte. Nicht zuletzt geprägt von seiner christlichen Grundhaltung ließ er für Viele seine Kontakte spielen und die Drähte heiß glühen, wenn es Probleme zu lösen galt. Eine seiner schönsten Auszeichnungen dürfte für den vielfach Dekorierten daher auch das gewesen sein, was man sich bis heute erzählt, wenn man auf den Ämtern nicht mehr weiter wusste: „Geht zum Seimetz, der ist für die Leute da“.
Foto (Raisch): Hermann Seimetz und Lothar Späth
PM CDU Kreisverband Göppingen