Die Verkehrsunternehmen im VVS streben für 2022 eine Tarifanpassung von 2,5 Prozent an. Diesem Vorschlag hat der Aufsichtsrat der Stuttgarter Straßenbahnen AG in seiner Sitzung am 25. Juni 2021 zugestimmt. Die endgültige Entscheidung wird in der Gesellschafterversammlung des VVS durch die Gruppe der Verkehrsunternehmen am 20. Juli gefasst. Der VVS ist nun aufgerufen, einen Entwurf für die Umsetzung auf die einzelnen Ticketarten auszuarbeiten.
Die Tarifanpassung soll erst zum 1. April 2022 umgesetzt werden. Um das Fahrgastaufkommen, das durch geschlossene Schulen, Restaurants und Geschäfte, durch Home-Office und die Absage von Veranstaltungen zurückgegangen ist, wieder zu steigern, soll eine „Marktoffensive“ gestartet werden. Dafür wollen die Verkehrsunternehmen in Abstimmung mit der öffentlichen Hand im Sommer ein Aktionspaket festlegen. Die Tarifanpassung wird mit den steigenden Kosten für Personal, Energie, Fahrzeugbeschaffung und Baumaßnahmen begründet. Hinzu kommt ein auch in Folge der Corona-Pandemie noch nicht erwirtschafteter Fehlbetrag von rund elf Millionen Euro aus der Tarifzonenreform, der durch die Zuschüsse der öffentlichen Hand nicht abgedeckt ist. Die Tarifzonenreform im Jahr 2019 hatte für viele Fahrgäste zu teilweise erheblichen Preissenkungen geführt.
Die Anpassung von 2,5 Prozent bewegt sich im Rahmen der aktuellen allgemeinen Inflationsrate in Deutschland. Die Bundesbank geht in ihrer Prognose davon aus, dass die Inflationsrate zum Jahresende sogar auf über drei Prozent steigen wird. Benzin und Diesel sind in den letzten Monaten noch deutlich stärker gestiegen. Durch die CO2-Steuer und deren bereits feststehenden Erhöhungen ist auch künftig mit erheblich höheren Kraftstoffpreisen zu rechnen. Bundesweit haben inzwischen zahlreiche Verkehrsverbünde Tariferhöhungen für dieses und nächstes Jahr angekündigt oder beschlossen.
Angebot wird weiter ausgebaut
Der Aufsichtsratsvorsitzende von SSB und VVS, Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper, und die Landräte der fünf Verbundlandkreise Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Rems-Murr zeigen Verständnis für die Maßnahmen aufgrund der aktuell schwierigen finanziellen Situation der Verkehrsunternehmen. In einer gemeinsamen Stellungnahme heißt es:
„Niemand ist erfreut, wenn der Fahrpreis steigt. Aber der Finanzierungsbedarf für den ÖPNV ist in den nächsten Jahren sehr hoch, einerseits durch die coronabedingten Einnahmenausfälle und die Kostensteigerungen, andererseits aber auch durch die stetigen Verbesserungen des Angebotes. Wir verweisen in diesem Zusammenhang zum Beispiel auf die Verlängerung der Stadtbahnlinie U6 zum Flughafen, die Verbesserungen auf der S-Bahn wie dem 15-Minuten-Takt nach Filderstadt und der Express-S-Bahn auf der S6 sowie zahlreiche Maßnahmen im Busverkehr.
Wir erkennen, dass die Kosten der Verkehrsunternehmen gestiegen sind und sehen den Fehlbetrag aus der Tarifzonenreform, der durch die Corona-Pandemie verschärft wurde. Auf eine Tariferhöhung zu verzichten, würde aber bedeuten, dass wir künftig zusätzliche 14 Millionen Euro jedes Jahr aus kommunalen Kassen übernehmen müssten. Es ist uns gleichwohl wichtig festzuhalten: Wir sind willens, auch in Zukunft viel Geld in den ÖPNV zu investieren. Dabei hat aber der Ausbau des Angebotes Vorrang. Für die Zeit nach der Pandemie schlagen wir vor, Beschlüsse über den VVS-Tarif gleich für mehrere Jahre zu fassen. Dies bedeutet mehr Verlässlichkeit für die Fahrgäste.“
Die Landräte betonen ferner, dass die jeweiligen Kreistage bereits beschlossen haben, den Zuschuss für das Scool-Abo zum Schuljahreswechsel im September 2021 von 11,50 Euro auf 15 Euro im Monat zu erhöhen (im Landkreis Göppingen wurde des schon im vergangenen Jahr vorgenommen). Dadurch wird das Scool-Abo monatlich um gut zwei Euro preiswerter. Die Landeshauptstadt Stuttgart hat den Zuschuss zum Scool-Abo und dem Ausbildungs-Abo erhöht, um den Eigenanteil stabil bei 365 Euro im Jahr zu halten.
Maßnahmenpaket zur Nachfragesteigerung
Nachdem die Schulen, Geschäfte und Restaurants wieder geöffnet wurden, steigt das Fahrgastaufkommen in den Bahnen und Bussen erfreulicherweise an. Dennoch wird es noch einige Zeit dauern, bis das ursprüngliche Nachfrageniveau wieder erreicht ist. „Daher soll ein kurzfristiges Maßnahmenpaket geschnürt werden, um Abonnenten zu halten und ‚verlorene‘ Fahrgäste zurückzugewinnen“, betonen Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper und die Landräte der Verbundlandkreise. Einzelne Maßnahmen sind bereits in Umsetzung wie die landesweite Einsteigeraktion für neue Abonnenten, die auf eine intensive Mitwirkung und Koordination des VVS zurückging. Jeder Fahrgast, der ein neues Abonnement abschließt, erhält einen Freimonat. In den Sommerferien wird die Aktion „bwAboSommer“ wiederholt, die sich im letzten Jahr bei den Stammkunden einer großen Beliebtheit erfreute. Alle VVS-Abonnenten können sechs Wochen lang mit ihrem Ticket den gesamten Nahverkehr in ganz Baden-Württemberg nutzen. Weitere Aktionen sollen in den nächsten Wochen vereinbart werden.
PM VVS