Offener Brief: Neues Müllkonzept 2022 geht an der Lebenswirklichkeit von Familien vorbei

Offener Brief: Neues Müllkonzept 2022 geht an der Lebenswirklichkeit von Familien vorbei

Sehr geehrter Herr Landrat Wolff, sehr geehrter Herr Kurzschenkel,

als Stadträtin in Göppingen, aber vor allem auch als Landtagskandidatin, bin ich derzeit in einem sehr engen Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern im Landkreis. Dabei zeigt sich in zahlreichen Gesprächen und E-Mails, die mich erreicht haben, großes Unverständnis und Ärger in der Bürgerschaft zum neuen Müllkonzept des Abfallwirtschaftsbetriebs des Landkreises Göppingen. Einige der vorgetragenen Bedenken teile ich und möchte Sie um eine Berücksichtigung bei der Festlegung der Müllgebühren im Herbst bitten. Das neue Müllkonzept ab dem Jahr 2022 soll Anreize zu einen nachhaltigeren Verhalten schaffen. Dieser Ansatz ist zu unterstützen und wird auch von mir begrüßt. Was allerdings in meinen Augen nicht dazu passt, ist, dass die gewünschte stärkere Mülltrennung der Bürger mit einer erheblichen Erhöhung der Müllgebühreneinhergehen soll, die zudem in erster Linie Familien massiv trifft. Zumal den Bürgern auf den ersten Blick sogar noch suggeriert wird, dass die Müllgebühr gegenüber 2021 sinken werden. Wahr ist jedoch, dass der AWB seine Leistungen gegenüber dem Ist-Stand deutlich reduziert. Künftig soll der Standardfall für die Müllgebühr eine 60 Liter Tonne mit zehn Leerungen im Jahr sein. Für jede weitere wird eine zusätzliche Gebühr erhoben. Bislang umfasste die Müllgebühr (bei 14-tägiger Leerung) 26 Leerungen im Jahr. Im Vergleich: Die Gebühr für die 60-Liter-Tonne würde für einen Zwei-bis Drei-Personen-Haushalt 2022 bei einer 14-tägigen Leerung 276,20 Euro ausmachen, gegenüber jetzt 190,20 Euro. Bei einem Vier-und Mehrpersonenhaushalt steigt die Gebühr bei einem 120-Liter-Eimer von 202,20 auf 288,20 Euro.

Das sind Erhöhungen um bis zu 45 Prozent, die vor allem Familien treffen. Denn trotz Mülltrennung sind gerade Familien auf eine 14-tägige Leerung auch aus hygienischen Gründen angewiesen. Hier würde ich mir eine engere Orientierung an der Lebenswirklichkeit von Familienwünschen und weniger eine Müllpolitik, die sich an Single-Haushalten ausrichtet. Auch erscheint mir das Vorgehen für einen Austausch der Restmülltonnen, wie es im Rundschreiben des AWB dargestellt wird, als äußerst grenzwertig. So ist von einer „Empfehlung des AWB“ im Hinblick auf eine kleinere Tonne die Rede. Tatsächlich ist es aber keine Empfehlung, sondern ein Automatismus: Wer nicht schnell genug reagiert, dem wird kurzerhand seine Tonne ausgetauscht. Transparentes Verwaltungshandeln sieht aus meiner Sicht anders aus. Ärger ist hier jedenfalls vorprogrammiert. Gerade Familien bekommen täglich sehr viel Post, da ist so etwas schnell überlesen. Hier würde ich mir künftig eine klarere Sprache auf Augenhöhewünschen und eine echte Wahlfreiheit der Bürger, statt einer „Zwangsbeglückung“. Das neue Müllkonzept wurde vom Kreistag mehrheitlich so beschlossen. Trotzdem appelliere ich an Sie, bei der geplanten Abstimmung im Herbst über die tatsächliche Höhe der Müllgebühren einen die Gebühr deutlich reduzierenden Familienbonuseinzuführen und über eine Erhöhung der Zahl der Leerungennachzudenken, die in der Müllgebühr enthalten sind. Dass sich Mülltrennung und Müllvermeidung lohnen, müssen die Bürger im Geldbeuel spüren können. Erst dann wird dieses umweltpolitische Ziel auch erreicht. Gebührenerhöhungen im geplanten Ausmaß, die zudem einseitig Familien erheblich mehrbelasten, werden jedoch das Gegenteil bewirken.

Freundliche Grüße Sarah Schweizer

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