Mit der jüngst vorgelegten Landesstudie zu den Reaktivierungschancen ehemaliger Nebenbahnen wurden große Hoffnungen in der Öffentlichkeit geweckt. In der Raumschaft betroffen sind die frühere Hohenstaufenbahn von Göppingen nach Schwäbisch Gmünd (“Klepperle/Josefle”), die vormalige Stichbahn von Kirchheim u.T. nach Weilheim a.d.T. und die Voralbbahn (“Boller Mariele”). Damit sind insgesamt drei Landkreise betroffen. Mit den neuen Förderbedingungen durch Bund und Land winken Zuschüsse für eine künftige Wiederaufnahme des Bahnbetriebs bis zu 96% für Planung und Baumaßnahmen. Auch der Betrieb wird zu großen Teilen durch das Land übernommen – vorausgesetzt die Nutzerzahlen stimmen.
Um die Rahmenbedingungen für die genannten Strecken genauer unter die Lupe zu nehmen und damit rechtzeitig die Weichen für eine mögliche Reaktivierung einzelner Strecken zu stellen, sind zunächst vertiefende Untersuchungen auf den Weg zu bringen. Um die Interessenlage in den Landkreisen sowie den betroffenen Städten und Gemeinden abzufragen und die weiteren Schritte abzustimmen, hatte Landrat Edgar Wolff am Mittwoch zu einer Web-Konferenz eingeladen. Die zahlreichen Teilnehmer, darunter Landtagsabgeordnete, Landräte, Oberbürgermeister, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Dezernenten, Amtsleiter und Vertreter der Planungsverbände, diskutierten über das Pro und Contra der Überlegungen, die genannten Bahnstrecken nach eingehender Prüfung wieder in Betrieb zu nehmen. Dabei wurde sowohl über die große Chance für die Förderung nachhaltiger Mobilität durch mehr Schienenverkehr, aber auch mögliche Nutzungskonflikte und Hindernisse an den Trassen gesprochen, an denen die Zeit in den Jahrzehnten seit der Stilllegung nicht spurlos vorbeigegangen ist.
Man war sich schnell einig, dass vor einer endgültigen Entscheidung mehr Fakten auf den Tisch müssen. Erst wenn Kosten und Nutzen zumindest überschlägig geprüft wurden, könnten weitere Entscheidungen getroffen werden. Vor allem sollen in diesem Zusammenhang auch die Fragen des künftigen Betriebs, ob als klassische Eisenbahn oder Stadtbahn sowie des Einsatzes attraktiver Fahrzeuge mit klimaneutraler Antriebstechnik geklärt werden. Man stimmte darin überein, dass nur durch attraktive Taktverkehre entsprechende Effekte bei der Nachfrage zu erwarten sind.
Um dies sicherzustellen, soll zunächst eine vertiefende Machbarkeitsstudie auf den Weg gebracht werden. Dabei sollen nicht in erster Linie die Einzelstrecken, sondern vor allem der Ringschluss der Voralbbahn über Bad Boll und Weilheim a.d.T. nach Kirchheim u.T. näher unter die Lupe genommen werden. Im Idealfall wäre diese sogar im Kontext mit der Hohenstaufenbahn im Netzzusammenhang zu sehen. Um alle Ansprüche aus den Raumschaften abzustimmen und die auszuschreibende Expertise, die vom Land mit 75% gefördert wird, zu präzisieren, wollen sich zunächst die drei Landkreise und die Planungsverbände unter Federführung des Göppinger Landratsamts ins Benehmen setzen. Gemeinsam möchte man mit dem Verkehrsministerium Umfang und Tiefe der zu vergebenden Expertise klären. Allgemein wurde der Wunsch geäußert, Chancen und Risiken rechtzeitig offenzulegen und die Machbarkeitsstudie so auszugestalten, dass die wesentlichen Fragen abschließend aufgearbeitet werden. Dabei soll auch die Öffentlichkeit rechtzeitig beteiligt werden. Vor allem müsse Qualität vor Schnelligkeit gehen, so der Tenor.
Es wurde vereinbart, sich vor einem Gespräch mit dem Ministerium in ähnlich hochkarätiger Runde im Frühjahr 2021 erneut auszutauschen. Landrat Edgar Wolff freute sich, dass über das weitere Vorgehen Einigkeit hergestellt und der Schulterschluss geübt werden konnte. Er betonte die äußerst günstige Perspektive, schon bald Klärungen dieser für die Mobilität der Zukunft wichtigen Fragestellungen zu erzielen.
PM Landratsamt Göppingen Amt für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur