Die Kommission gibt in ihrem Konzentrationsbericht entsprechend des gesetzlichen Auftrags aus § 60 Absatz 6 MStV einen Überblick über Konzentrationsentwicklungen sowie Maßnahmen zur Sicherung der Meinungsvielfalt im privaten Rundfunk. Der Vorsitzende der KEK, Prof. Dr. Georgios Gounalakis, hob diesbezüglich eine notwenige Neufokussierung hervor: „Vielfaltsgefährdungen bestehen längst nicht mehr nur im Zusammenhang mit der Veranstaltung von linearem Fernsehen. Im Zeitalter der Digitalisierung, global agierender digitaler Plattformen und Intermediäre sowie einer deutlich veränderten Mediennutzung kann die KEK im Rahmen ihrer Medienkonzentrationsberichte nicht die Augen vor der Medienwirklichkeit verschließen.“
Der vorliegende achte Konzentrationsbericht enthält daher eine Neuerung: Die Kommissionsmitglieder haben sich vor dem Hintergrund neuer Vielfaltsgefährdungen verschiedene Schwerpunktthemen vorgenommen und diese in Teams tiefergehend beleuchtet. Dabei wurden Entwicklungen dargestellt, Wirkmechanismen offengelegt, etwaige Vielfaltsgefahren benannt, rechtliche Einordnungen abgegeben, regulatorische Herausforderungen aufgezeigt sowie mögliche Lösungsansätze angedacht. Der Konzentrationsbericht entwickelt sich damit weiter in Richtung eines breiter aufgestellten Gefährdungsberichts.
Befunde des Konzentrationsberichts
Der aktuelle Medienkonzentrationsbericht liefert unter dem Titel „Social Media, KI & Co. – Neue Gefährdungslagen für die Meinungsvielfalt“ Fakten und Analysen zu Medienmärkten, Veranstaltergruppen und zur Entwicklung des Nutzungsverhaltens sowie zu potenziellen Vielfaltsgefahren auch jenseits der klassischen Rundfunkveranstaltung.
Auf den ersten Blick hat sich an der Konzentration im Bereich der klassischen Medienmärkte gegenüber dem siebten Konzentrationsbericht der KEK keine gravierende Veränderung ergeben. Im Bereich des bundesweiten privaten linearen Fernsehens sind im Jahresdurchschnitt 2024 weiterhin die beiden Sendergruppen RTL mit 21,5 Prozent und ProSiebenSat.1 mit 14,2 Prozent die mit Abstand zuschaueranteilsstärksten Programmveranstalter. Das öffentlich-rechtliche lineare Programmangebot vereint daneben über die Hälfte der Zuschaueranteile. Auch eine große Zahl weiterer bundesweiter privater Programme führt zwar punktuell zu einer Steigerung der inhaltlichen Vielfalt, allerdings entfallen auf diese Programme insgesamt nur rund 12 Prozent der Zuschaueranteile.
Im Printbereich setzt sich der Abwärtstrend bei den Auflagenzahlen der gedruckten Ausgaben sowie bei den Anzeigen- und Vertriebsumsätzen fort. Auf dem Hörfunkmarkt ist weiterhin nur eine geringe Dynamik zu verzeichnen. Die Analyse der KEK macht allerdings einen anhaltenden und Besorgnis erregenden Trend deutlich: Insbesondere die altersbezogene Untersuchung der Nutzungszeiten einzelner Medienangebote und Mediengattungen zeigt einen deutlichen Wandel in der Mediennutzung, vorwiegend – aber nicht ausschließlich – in jüngeren Altersgruppen weg von der Nutzung klassischer Medienangebote hin zur Nutzung von internetbasierten Medienangeboten. Die neben die klassischen Medienangebote getretenen digitalen Angebote sind inzwischen nicht nur fester Bestandteil des Informationsrepertoires eines Großteils der Bevölkerung, sie haben diese teilweise bereits überholt. Inzwischen stellt das Internet den wichtigsten Zugang zu Nachrichten für die erwachsene Bevölkerung in Deutschland dar und hat zudem das größte Meinungsbildungsgewicht.
Von der sich verändernden Mediennutzung profitieren zunehmend Anbieter digitaler Plattformen und Intermediäre. Suchmaschinen und Social-Media-Plattformen kommt mittlerweile ein hoher Einfluss auf die Meinungsbildung zu. Die spezifische Plattformökonomie und der zunehmende Einsatz von künstlicher Intelligenz haben das Potential, diesen Prozess noch erheblich zu beschleunigen. KI gilt dabei als Schlüsseltechnologie und „Konzentrationsbeschleuniger“. Große Plattformunternehmen und Medienintermediäre verfügen über enorme Datensätze, die als Trainingsgrundlage für die KI-Logik erforderlich sind. Die Folgen für die klassischen Medienhäuser und insbesondere den Journalismus könnten in naher Zukunft dramatisch sein.
EMFA als weiterer Impuls für Reform des Medienkonzentrationsrechts
Die KEK benötigt einen zeitgemäßen Handlungsspielraum sowie Befugnisse zu wirksamen Vielfaltssicherungsmaßnahmen. Der European Media Freedom Act (EMFA) sieht eine gattungsunabhängige Bewertung von Zusammenschlüssen auf dem Medienmarkt vor, wenngleich Sanktionsmaßnahmen fehlen. Dennoch gibt der EMFA nach Ansicht der KEK einen weiteren wichtigen Impuls für die nötige Reform des Medienkonzentrationsrechts. Die dortigen Ansätze werden als gut vereinbar mit dem von den Ländern verfolgten „Sektorenmodell“ erachtet.
Gounalakis gibt sich optimistisch: „Nach jahrelangem Stillstand muss durch das Umsetzungserfordernis des EMFA das bestehende Medienkonzentrationsrecht endlich angepasst werden. Die europäischen Vorgaben weisen dabei eindeutig in eine klare Richtung, die unvereinbar ist mit einer kleinteiligen, auf einzelne Mediengattungen begrenzten Vielfaltssicherung.“
Eine PDF-Version des 8. Konzentrationsberichts der KEK ist hier abrufbar.
PM Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK)