Landgericht Hechingen: Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch darf keine Kosten für Verrentung verlangen, weil diese im Vertrag nicht genannt waren.
Die Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch wurde dazu verurteilt, es zu unterlassen ihren Kunden, die einen als „Vorsorge Plus“ bezeichneten Riester Banksparplan abgeschlossen haben, ein Verrentungsangebot zu unterbreiten, das Kosten enthält, die vertraglich nicht vereinbart waren. Das Urteil hat Auswirkungen auf die Praxis weiterer Anbieter. Kunden von Riester-Banksparplänen, Riester-Fondssparplänen und Riester-Bausparverträgen sollten ihre Ansprüche prüfen und eventuell zu Unrecht erhobene Kosten zurückfordern.
Die Sparkasse hatte es versäumt, transparent bei Vertragsabschluss über alle Kosten zu informieren. Am Ende der Ansparphase unterbreitete sie Verbraucher:innen zwei Vertragsangebote. „In diesen Angeboten tauchen plötzlich Kosten auf, von denen nie die Rede war“, so Nauhauser. Diese Praxis ist rechtswidrig, wie das Landgericht Hechingen nun entschieden hat (Urteil vom 15.10.2024 , Az 5 O 11/24 KfH; nicht rechtskräftig). Zuvor hatte der Bundesgerichtshof (BGH) nach Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg am 21.11.2023 bereits entschieden, dass die Kostenklausel im Vorsorge Plus Vertrag wegen Intransparenz rechtswidrig ist. Damit ist der Sparkasse die vertragliche Rechtsgrundlage, um ihren Kunden Kosten in Rechnung stellen zu dürfen, entzogen worden.
Hintergrund zu dem Fall
In dem vom Landgericht Hechingen entschiedenen Fall erhielt ein Verbraucher, der bei der Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch einen „Vorsorge Plus“-Vertrag abgeschlossen hatte, nach Ablauf der Ansparphase ein Schreiben seiner Sparkasse. Darin wurde ihm angeboten, das angesparte Guthaben in Höhe von rund 30.000 Euro entweder in Form einer lebenslangen Leibrente (Sofortrente) durch die Provinzial NordWest Lebensversicherung AG oder in Form eines Auszahlplans bis zum 85. Lebensjahr mit einer Verzinsung von 0,01 % und einer anschließenden aufgeschobenen Rentenversicherung ab dem 85. Lebensjahr auszahlen zu lassen. Bei der Variante Sofortrente müsste der Verbraucher „einkalkulierte Kosten“ in Höhe von einmalig 5 % des Einmalbetrages (ca. 1.500 Euro) plus 18 Euro sowie jährlich 1,5 % der ausgezahlten Leistung zahlen. Bei der Variante Auszahlplan mit anschließender Rentenversicherung ab 85 sollte dem Guthaben eine Versicherungsprämie für die Rente ab 85 in Höhe von einem Drittel des Guthabens belastet werden. Der Verbraucher wehrte sich mit einem Musterbrief der Verbraucherzentrale unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 21.11.2023, Az. XI ZR 290/22) gegen die Kosten und forderte die Sparkasse auf, ihm ein kostenfreies Angebot zu unterbreiten. Die Sparkasse teilte ihm daraufhin mit, dass sie sich nicht auf die vom BGH beanstandete Klausel berufen habe, sondern dass eine „separate Vereinbarung“ geschlossen werde. Einer solchen Kosten auslösenden Vereinbarung wollte der Verbraucher jedoch nicht zustimmen.
Mit der Unterlassungsklage will die Verbraucherzentrale erreichen, dass der Sparkasse untersagt wird, kostenpflichtige Verrentungsangebote zu unterbreiten, wenn nicht zuvor im Altersvorsorgevertrag diese Kosten vereinbart worden waren. Das Landgericht Hechingen ist der Auffassung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. im Ergebnis gefolgt und hat die Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch antragsgemäß zur Unterlassung und Auskunft über den Umfang der rechtswidrigen Geschäftspraxis verurteilt (Urteil vom 15.10.2024 , Az 5 O 11/24 KfH; nicht rechtskräftig). Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist damit zu rechnen, dass der Rechtsstreit bis zum BGH fortgesetzt wird.
In einem vergleichbaren Fall klagt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen die Sparkasse Schwaben-Bodensee (vormals Sparkasse Günzburg-Krumbach) vor dem LG Memmingen (Az 1 HK O 1107/24).
pAV Reformgesetz keine Lösung
„Die Riester-Rente ist gescheitert. Die Verträge werfen viel zu oft kaum Rendite ab und sind viel zu teuer. Zu allem Überfluss wälzen die Geldinstitute auch noch Kosten auf ihre Kunden ab, die für eine Versicherung anfallen, die die Geldinstitute selbst abgeschlossen haben“, sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Mit dem pAV Reformgesetz versäumt es der Gesetzgeber erneut, die strukturellen Probleme bei der Riester Rente endlich zu lösen. Der Referentenentwurf löst sein Versprechen, die geförderte private Altersvorsorge flexibler, transparenter, renditestärker und kostengünstiger zu gestalten, nicht ein.
- Stellungnahme der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge (pAV-Reformgesetz).
- Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.11.2023 (Az. XI ZR 290/22)
- Urteil des Landgerichts Hechingen vom 15.10.2024 (Az 5 O 11/24 KfH, nicht rechtskräftig)
PM Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e. V.