More Nutrition verliert vor Gericht: Influencer-Werbung für Fitness-Produkte unzulässig 

Die Fitness-Marke More Nutrition darf in den sozialen Medien nicht mehr mit bestimmten Gesundheitsversprechen werben. Das Unternehmen verstoße gegen die europäische Health-Claims-Verordnung, wenn es behaupte, seine Produkte hälfen beim Abnehmen oder unterstützten Frauen beim Schwangerwerden, entschied das Landgericht Itzehoe in Schleswig-Holstein. Geklagt hatte die Verbraucherorganisation foodwatch. Sie kritisierte die Werbeversprechen von More Nutrition als irreführend.

„Die Heilsversprechen von More Nutrition führen Verbraucher:innen nicht nur hinters Licht – sie verstoßen auch gegen geltende Gesetze”, erklärte Laura Knauf von foodwatch. „Wenn More Nutrition Influencer:innen und Kund:innen für seine Werbung einspannt, dann ist das zunächst einmal nicht verwerflich. Vor allem jungen Frauen vorzugaukeln, dass ihre Produkte ohne weiteres Zutun beim Abnehmen oder Schwangerwerden helfen, ist jedoch verantwortungslos – besonders dann, wenn sich solche Behauptungen nur auf persönlichen Erfahrungen oder ausgewählten Studien stützen, die größtenteils von der Industrie finanziert sind.”

Die europäische Health-Claims-Verordnung soll Verbraucher:innen vor falschen gesundheitsbezogenen Versprechen schützen. Lebensmittelhersteller dürfen nur mit solchen Aussagen werben, die zuvor ein Zulassungsverfahren unter Beteiligung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erfolgreich durchlaufen haben und in einer EU-weiten Liste aufgeführt sind. Laut foodwatch wirbt More Nutrition fast täglich mit Gesundheitsversprechen, die den Anforderungen der Healt-Claim-Verordnung nicht entsprechen.

Exemplarisch hat die Verbraucherorganisation gegen mehrere auf dem Instagram-Kanal von More Nutrition verbreitete Werbevideos geklagt. In einem Post berichtet eine Kundin, mit den Produkten „Chunky Flavor“, „Zerup“ und „Total Protein“ erfolgreich Gewicht verloren zu haben. In einem weiteren Video wird Verbraucher:innen durch den persönlichen Erfahrungsbericht einer Frau der Eindruck vermittelt, dass der Konsum des Produkts „Cycle Balance“ zum Widereinsetzen einer zuvor ausgebliebenen Periode und letztlich zur Schwangerschaft geführt habe. In anderen Posts versprechen Influencer*innen, die für das Unternehmen auf ihren Instagramkanälen werben, dass Protein-Pulver und Protein-Kaffee von More Nutrition beim Abnehmen hälfen. foodwatch kritisierte, dass diese Gesundheitsaussagen nicht auf der EU-weiten Liste zulässiger gesundheitsbezogener Angaben stünden.

Eigentlich ist es Aufgabe der amtlichen Lebensmittelüberwachung, die Gesundheitswerbung von Firmen wie More Nutrition zu prüfen. Die zuständigen Behörden in den Landkreisen seien jedoch personell und fachlich gar nicht dafür ausgestattet, um die Flut von täglichen Social-Media-Posts zu sichten, so foodwatch. Schon jetzt fällt jede dritte vorgesehene Plankontrolle vor Ort in Restaurants, Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben aus, weil das Personal fehlt. Um irreführende Gesundheitswerbung angemessen zu kontrollieren, sei eine unabhängige Instanz auf Länderebene nötig, forderte foodwatch. Eine Untersuchung der Lebensmittelüberwachungsbehörde Stuttgart hatte im Jahr 2021 gezeigt, dass 90 Prozent aller Gesundheitswerbeaussagen von Influencer:innen potentiell gegen die europäische Health-Claims-Verordnung verstoßen.

More Nutrition ist insbesondere auf dem Social-Media-Netzwerk Instagram aktiv. Laut mehrerer Analysen rangiert More Nutrition unter den am häufigsten erwähnten Lebensmittel-Marken. Sie gehört zur Quality Group, die gemeinsam mit den Marken ESN und foodist zuletzt laut eigenen Angaben einen Jahresumsatz von 450 Millionen Euro verzeichnet hat.

More Nutrition ist in den vergangenen Monaten stark in die Kritik geraten, unter anderem durch einen Bericht der ZDF-Satiresendung Magazin Royale. Zuletzt entschied das Landgericht Hamburg, dass eine Protein Brownie-Backmischung des Herstellers nicht mit „95% weniger Zucker“ und „70% weniger Fett“ werben darf, weil nicht erkennbar sei, worauf sich der Vergleich bezieht.

 Quellen und weiterführende Informationen:

 

PM foodwatch e.V.

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