Seit diesen Sommer gibt es ein neues Erfrischungsgetränk der Krombacher Brauerei aus Kreuztal-Krombach in Nordrhein-Westfalen: Krombachers Fassbrause Streuobst. Hochstamm Deutschland e.V., eine bundesweite gemeinnützige Plattform für den Streuobsterhalt, fragt nach, wie viel Streuobst wirklich drin ist. Der bundesweite Verein setzt sich unter anderem für einen Streuobst-Nachweis für hochwertige Streuobstprodukte ein.
Neue Sorte im Fassbrause-Sortiment
Ab Mai 2024 erweitert Krombacher sein Fassbrausen-Sortiment um die Sorte Streuobst. Laut einer Pressemitteilung der Brauerei im nordrhein-westfälischen Kreuztal, ist es die erste Fassbrause, die aus „mehreren Sorten“ bestehe. Fassbrausen sind i.d.R. alkoholfreie Erfrischungsgetränke, hergestellt aus einem Malzauszug. Die mittlerweile zehnte Fassbrausen-Sorte enthält nach Angaben von Krombacher einen namensgebenden Mix aus verschiedenen Fruchtsäften. Kundinnen und Kunden erhalten sie im 6 x 0,33l Sixpack in ausgewählten Märkten.
Wie viel Streuobst ist in der Fassbrause Streuobst?
Auf Nachfrage von Hochstamm Deutschland e.V. antwortete die Brauerei per Mail zu ihrem neuen Produkt am 14. Juni 2024: „Die Namensgebung (Anm. der Redaktion: Streuobst) leitet sich von der Zusammensetzung mehrerer Früchte ab, welche im Streuobstanbau beliebt sind: Apfel, Birne Mirabelle und Pflaume.“ Informationen zu Lieferanten und der Rezeptur könnten nicht offengelegt werden. Laut Zutatenliste enthält das Erfrischungsgetränk: Wasser, Zucker, Zitronensaft aus Zitronensaftkonzentrat (2,4%), Apfelsaft aus Apfelsaftkonzentrat (1,2%), Birnensaft aus Birnensaftkonzentrat (0,9%), Mirabellensaft aus Mirabellensaftkonzentrat (0,6%), Kohlensäure, Pflaumensaft aus Pflaumensaftkonzentrat (0,3%), natürliches Aroma, GERSTENMALZEXTRAKT, färbendes Konzentrat aus Karotte.
Stammt der Saftanteil von Streuobstflächen?
Mehrmalige schriftliche und telefonische Nachfragen, welche der enthaltenen Säfte aus Saftkonzentrat tatsächlich von Streuobstflächen stammen und wie Krombacher diese Herkunft sicherstellt, blieben bislang unbeantwortet. Entsprechend der Zutatenlisten sind es insgesamt 3 % Saft aus Saftkonzentrat, die potenziell von Streuobstwiesen stammen könnten.
Streuobst und gesetzlicher Schutz
Nach Angaben des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg gibt es für den Begriff „Streuobst“ keine Legaldefinition im Lebensmittelrecht. Es gelte aber Artikel 7 Absatz 1 Buchst. a) der Lebensmittelinformationsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 – kurz: LMIV): Informationen über Lebensmittel dürfen nicht irreführend sein, zum Beispiel in Bezug auf Art, Identität, Eigenschaften, Zusammensetzung, Menge oder Herkunftsort und Methode der Herstellung oder Erzeugung. Aus Sicht der Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg impliziert der Begriff „Streuobst“ z.B. auf Apfelsaftprodukten, ohne weitere Angabe zum Streuobstanteil den Verbrauchern, dass das Produkt Früchte von Streuobstwiesen enthält. Bei der Beurteilung von Angaben zu Streuobst müsse die Lebensmittelüberwachung die Sichtweise einer normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucherin zugrunde legen. Die Legaldefinitionen für Streuobst, z.B. im Naturschutzrecht, seien dem normalinformierten und verständigen Durchschnittsverbraucher jedoch nicht im Detail bekannt. Deshalb sei als charakteristisch für Streuobst aus Verbrauchersicht folgende Beschreibung anzusehen: „Obst ausextensivem Anbau von überwiegend hochstämmigen Obstbäumen verschiedener Arten und Sorten, Alters- und Größenklassen in weiträumigen Abständen, wobei die Bäume häufig „verstreut“ in der Landschaft stehen und sich vom Plantagenanbau abgrenzen“.
Letztlich liegt es in der Verantwortung des Herstellers, den Lebensmittelüberwachungsbehörden plausibel nachzuweisen, wie die Angaben auf dem Etikett zustande kommen und dass sie korrekt sind. Im besten Falle wird ein dementsprechendes Qualitätssicherungssystem angewandt.
Was macht Streuobst besonders und schützenswert – auch auf dem Produkt?
Was unterscheidet Streuobst von intensivem Obstbau? In Nordrhein-Westfalen, Sitz des Unternehmens, gelten Streuobstbestände als flächige Halb- und Hochstamm-Obstbaumbestände im Abstand von ca.10 x 10 Meter. Sie werden überwiegend als Dauergrünland durch Mahd oder Weide extensiv bis mäßig intensiv bewirtschaftet. Im Unterschied zu halb- oder niederstämmigen Obstplantagen zeichnen sich Streuobstbestände durch eine deutlich höhere strukturelle und biologische Vielfalt aus, Einzelbäume sind erkennbar. Die Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter nutzen sowohl die Früchte als auch den Unterwuchs. Nach dem Landesnaturschutzgesetz NRW (§42 Abs. 4) sind extensiv genutzte Obstbaumwiesen oder -weiden aus hochstämmigen Obstbäumen mit einer Fläche ab 2.500 Quadratmetern (Streuobstbestände) gesetzlich geschützt.
Streuobstbestände sind zwingend auf engagierte, fachlich versierte Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter angewiesen, die Bäume und Unterwuchs pflegen. Die menschengemachte Kulturlandschaft bekommt allerdings Jahr für Jahr mehr Lücken. Es fehlt an Wertschätzung und Wertschöpfung für die bewirtschaftenden Menschen, die den seit 2019 offiziell als immaterielles Kulturerbe anerkannten „Streuobstanbau“ bewahren und weiterentwickeln.
Produkte aus Streuobst: Erhalt durch Nutzung
3 % Saftanteil ungewisser Herkunft mit dem Label „Streuobst“ der neuen Krombachers Fassbrause leistet keinen Beitrag zum Erhalt der Streuobstbestände in Deutschland. Dennoch gilt: Die Ernte aus Streuobstbeständen – vom Apfel bis zur Zwetschge – ist eine perfekte Grundlage für hochwertige Lebensmittel und Getränke. „Erhalt durch Nutzung“ ist das Credo von Hochstamm Deutschland e.V. Zusammen mit vielen regionalen und lokalen Partnern setzt der Verein sich dafür ein, Streuobst über Produkte in Wert zu setzen. Der Verein erarbeitet bis Winter 2024 ein Qualitätszeichen für 100 % Streuobstprodukte. Das Qualitätszeichen zeigt Verbraucherinnen und Verbrauchern: Hier erwartet Sie – garantiert und kontrolliert – 100 % Genuss aus 100 % Streuobst.