Mit dem NABU zum Profi: Vogelstimmen erkennen – So lassen sich Baden-Württembergs häufigste Singvögel leichter unterscheiden

Jetzt im Frühjahr singen die Vogelmännchen besonders intensiv, um eine Partnerin zu finden und ihr Revier abzustecken. Doch alles Ohrenspitzen und angestrengt durchs Fernglas Schauen hilft nichts? Man erkennt weder die Vogelstimmen noch ihre Urheber? NABU-Ornithologe Stefan Bosch hat viele Tipps parat, wie sich die häufigsten Gartensänger unterscheiden lassen. Obwohl es viele technische Hilfsmittel gibt, um Vogelstimmen zu erkennen, lohnt es sich, die häufigsten zu lernen und im Laufe der Zeit seinen Fundus zu erweitern. Dabei helfen Merksprüche, Vogelexkursionen mit dem NABU oder Apps. Wer jetzt beginnt, trainiert für die nächste Vogelzählung „Stunde der Gartenvögel“ und kann vom 9. bis 12. Mai zielsicher aus dem großen Vogelchor die einzelnen Stimmen heraushören.

Morgenstunde mit großem Gezwitscher

„Besonders laut, intensiv und vielstimmig wird frühmorgens gesungen. Jede Vogelart hat dabei, zeitlich gestaffelt, ihren großen Auftritt. Viele Sänger suchen einen hohen Punkt als Bühne auf, etwa ein Hausdach oder eine Baumspitze, um weithin hörbar zu sein“, sagt Bosch. Ein Frühstarter ist die Amsel, die bereits 45 Minuten vor Sonnenaufgang loslegt. Zur Orientierung hat der NABU eine Vogel-Zwitscher-Uhr erstellt. Sie zeigt, welcher Vogel wann am Morgen mit dem Singen beginnt. In Städten sind Vögel wegen des Kunstlichts früher dran. „Schon weit vor Sonnenaufgang kann man etwa in der Großstadt Stuttgart Garten- und Hausrotschwanz oder Rotkehlchen hören. Im Schlosspark fügen die Gelbkopfamazonen ihren Ruf hinzu, der an Kindergeschrei erinnert.

Beim Stimmenerkennen helfen Apps, wie die NABU-App „Vogelwelt“, die in einer erweiterten Fassung 1.000 Vogelgesänge und -geräusche wiedergibt: herunterladen, Ton aufnehmen und Vogelart anzeigen lassen. Wer mehr über Vögel und ihren Gesang erfahren möchte und frühes Aufstehen nicht scheut, ist bei den vogelkundlichen Exkursionen der rund 230 NABU-Gruppen im Land genau richtig. Zusätzlich bietet der NABU-Vogelpodcast „Reingezwitschert“ viele Infos. In der neuesten Episode geht es um Vogelstimmen.

Alle Vögel sind Solisten

Ob Amsel, Drossel oder Star – auf der Gartenbühne sind alle Vogelmännchen als Solisten unterwegs. Sie wollen aus dem multiplen Chor herausstechen, um mit lautem, auffallendem oder variantenreichem Gesang die Weibchen ihrer Art zu gewinnen. Wer überzeugend singt, hat am Ende Nachkommen. Dass alle durcheinander singen, stört nicht. Jede Art lauscht nur auf die eigenen Sänger. Gesungen wird auch im Dialekt, Gesänge variieren deutlich nach Region. Das wirkt sich auf die Populationen und deren genetische Vielfalt aus: „Ein weitgereistes Vogel-Männchen ist mit seinem etwas anderen Gesang für die weibliche Vogelwelt mitunter hochattraktiv und sorgt so für den genetischen Austausch“, erklärt Bosch.

Diese häufigen Gartenvögel sind jetzt gut zu hören:

Haussperling: einsilbig tschilpend, gerne mehrere Töne schnell hintereinander, fliegt meist im Spatzen-Pulk umher, zwitschert oft im Chor zu mehreren aus den Büschen

Kohlmeise: Zweiton-Gesang, typische Silben-Abfolge, oft „tsi-tsi-bä-bä“ oder „Zizi-däh“

Amsel: singt tiefe, warme Flötentöne, die eine fast melancholische Melodie ergeben

Blaumeise: hochfrequenter und feiner Ruf, „tsi-tsi-tsi – bä-bä-bä“, manchmal meckernd

Buchfink: sein Merkspruch klingt nach „zi-zi-zi-zi-Würzgebier“, in der Tonhöhe abfallende, fröhlich klingende Strophe, die mit dem sogenannten Finkenschlag, einer Schleife aufwärts, endet

Star: Meistersänger Star kann Geräusche und Vogelstimmen imitieren, singt schwatzend und vielfältig

Rotkehlchen: eine melodiöse Abfolge hoher Töne, die in einer „perlenden“ Strophe enden

Ringeltaube: ruft dreisilbig und vielfach wiederholt „guru-guru-gu“

Hausrotschwanz: dreiteiliger Gesang mit kratzendem Mittelteil von einer Singwarte, wie einem Hausgiebel, vorgetragen

Zaunkönig: kleiner Vogel mit lautem Ruf von fast 90 Dezibel, helle Stimme, schmetternd und vielfältig

Heckenbraunelle: sehr kleiner Vogel mit feiner, quietschender Zwitscher-Stimme

Kleiber: Ruf wie eine schnelle Pfeife laut, weithin hörbar

Hintergrund:

NABU-Vogelporträts von 314 Arten in Deutschland

NABU-Vogelexperte Martin Klatt stellt prominente gefiederte Sänger vor: YouTube-Videos

NABU-Vogeltrainer: Quizze, Puzzles und Funfacts für unsere häufigsten Vogelarten

NABU-Bestimmungs-App zum Download

Weitere Infos: Vogelstimmen am Gesang erkennen

Termin-Tipp: Vogelstimmen-Exkursionen auf www.NABU-BW.de

Terminankündigung:

Vom 9. bis 12. Mai laden NABU und sein bayrischer Partner LBV zur „Stunde der Gartenvögel“. Dann werden alle Vögel notiert und gemeldet, die innerhalb einer Stunde im Garten zu sehen und zu hören sind (www.stundedergartenvoegel.de). Die zweite Mitmachaktion für Vogelfreundinnen und -freunde heißt „Dawn Chorus“ (https://dawn-chorus.org/). Dabei werden Vogelstimmen per App aufgezeichnet, möglichst jedes Jahr an einem festen Tag im Morgengrauen und von einem Lieblingsplatz aus. Für eine Vergleichbarkeit der Daten findet der wissenschaftliche Hauptsammelzeitraum immer im Mai statt. Aufnahmen außerhalb dieses Zeitraums sind auch willkommen.

 

PM NABU (Naturschutzbund Deutschland), Landesverband Baden-Württemberg e. V.

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