Angelschein ab sieben Jahren: PETA fordert in offenem Brief an Minister Peter Hauk Abschaffung des Jugendfischereischeins

Am Mittwoch debattiert der Landestierschutzbeirat Baden-Württemberg in einer Sondersitzung darüber, ob das Mindestalter zum Erhalt des Jugendfischereischeins von zehn auf sieben Jahre gesenkt werden soll. Damit wären bereits Grundschulkinder berechtigt, in Anwesenheit einer Aufsichtsperson Fische zu fangen und auch zu töten. PETA kritisiert die geplante Senkung der Altersgrenze scharf: Zum einen sind Grundschulkinder nicht ausreichend in der Lage, Fische beim Angeln vor vermeidbaren Schmerzen zu schützen. Zum anderen steht beim „Kinderangeln“ der Freizeitspaß und nicht der Nahrungsgewinn im Vordergrund, was tierschutzwidrig ist. Außerdem sollen Kinder laut UN-Kinderrechtskonvention vor Gewalt gegen Tiere geschützt werden. In einem offenen Brief an Peter Hauk, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, fordert PETA deshalb, den Jugendfischereischein stattdessen ganz abzuschaffen.

„Könnten Fische ihre Schmerzen durch laute Schreie ausdrücken, würde niemand mehr behaupten, Angeln sei eine Freizeitbeschäftigung für Kinder“, so Dr. Tanja Breining, Fachreferentin für Fische und Meerestiere bei PETA. „Kinder zum Fangen und Töten eines Lebewesens zu verleiten, ist herz- und respektlos – sowohl den Fischen als auch den Kindern gegenüber.“

Kinder müssen vor Gewalt an Tieren geschützt werden
Im August 2023 hat der UN-Ausschuss für Kinderrechte beschlossen, dass Kinder auch vor physischer und psychischer Gewalt an Tieren geschützt werden müssen. Der Kommentar 26 konkretisiert nun, dass der Beschluss auch die Gewalt gegen Tiere umfasst. [1] Die UN-Kinderrechtskonvention hat die größte internationale Zustimmung aller Menschenrechtsabkommen: Sie wurde von 196 Staaten ratifiziert und hat die Befugnis, Länder zum Handeln zu bewegen.

Kinder wollen Tieren in der Regel keine Schmerzen zufügen oder sie gar töten. Aus Zeitungsberichten über „Ferienangeln“ und aus persönlichen Erzählungen, unter anderem von Napoleon-Darsteller Joaquin Phoenix, geht hervor, dass sich viele Kinder unwohl fühlen, wenn sie einen Wurm aufspießen, einen Fisch vom Haken nehmen sollen oder dabei zusehen, wie er getötet und ausgenommen wird. Werden Kinder mit unethischem Verhalten gegenüber Tieren konfrontiert, kann dies zudem die Entwicklung ihres Empathievermögens beeinträchtigen. [2]

Missachtung des Tierschutzgesetzes
Die feinmotorischen Fähigkeiten von Grundschulkindern sind nicht ausreichend ausgebildet, um fühlende Tiere wie Fische in die Hand zu nehmen oder ihnen einen Haken aus dem Mund oder dem Gaumen zu ziehen, ohne ihnen – vermeidbare – Schmerzen zuzufügen.

Beim „Kinderangeln“ steht außerdem das Freizeitvergnügen und nicht die Nahrungsgewinnung im Vordergrund. Laut Tierschutzgesetz muss jedoch „ein vernünftiger Grund“ für das Töten eines Wirbeltieres vorliegen. Ein solcher ist laut Gesetz der Verzehr, nicht jedoch die Unterhaltung oder ein Hobby. Für Kinder hingegen steht der Freizeit- und Unterhaltungsfaktor im Vordergrund.

Fische fühlen. Wissenschaftler fordern mehr Schutz
Internationale wissenschaftliche Studien bestätigen, dass Fische Schmerzen spüren. Das Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, hat zahlreiche Studien ausgewertet und kommt in seiner Stellungnahme für das Bundeslandwirtschaftsministerium zu dem Schluss, dass „Fische zur Schmerzwahrnehmung fähig sind und entsprechend als sensible Lebewesen behandelt und geschützt werden sollten“. [3] Eine Studie hat gezeigt, dass Putzerfische ihr Gesicht auf Fotos und im Spiegel wiedererkennen wie Menschenaffen. [4] Eine Studie der Universität in Bonn zeigt zudem, dass Fische addieren und subtrahieren können. [5] Die Autorin der Studie, Professorin Dr. Vera Schlüssel, folgert aus ihren Experimenten, dass Menschen andere Tierarten tendenziell unterschätzen – besonders diejenigen, die nicht zu den Säugetieren zählen. [6]

PETA Deutschland begeht im Jahr 2024 ihr 30-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass fordert die Organisation, dass Tiere vor dem Gesetz als Personen, das heißt als Träger von schutzwürdigen Interessen, anerkannt werden und bestimmte Grundrechte erhalten. Das Motto der Tierrechtsorganisation lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. PETA setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

[1] United Nations Office of the High Commissioner for Human Rights, General comment No. 26 (2023) on children’s rights and the environment with a special focus on climate change. Online abrufbar unter: https://www.ohchr.org/en/documents/general-comments-and-recommendations/general-comment-no-26-2023-childrens-rights-and. (29.​02.​2024).​
[2] Frank R. Ascione (1992) Enhancing Children’s Attitudes About the Humane Treatment of Animals: Generalization to Human-Directed Empathy, Anthrozoös, 5:3, 176-191, DOI: 10.2752/089279392787011421
[3] Stellungnahme des FLI zu den Veröffentlichungen von Rose et al. (2012) sowie Arlinghaus und Cyrus (2013) (Berichterstatter: Dr. Michael Marahrens, Dr. Inga Schwarzlose), 2013.
[4] Kohda M, Bshary R, Kubo N, Awata S, Sowersby W, Kawasaka K, Kobayashi T, Sogawa S. Cleaner fish recognize self in a mirror via self-face recognition like humans. Proc Natl Acad Sci U S A. 2023 Feb 14;120(7). doi: https://doi.org/10.1073/pnas.2208420120 (04.03.​2024).
[5] V. Schluessel, N. Kreuter, I. M. Gosemann & E. Schmidt (2022): Cichlids and stingrays can add and subtract ‚one‘ in the number space from one to five; Scientific Reports. Online abrufbar unter: https://www.nature.com/articles/s41598-022-07552-2 (04.​03.​2024).​
[6] Universität Bonn (2022): Study shows: Fish can calculate. Researchers at the University of Bonn publish an unexpected finding. Online abrufbar unter: https://www.uni-bonn.de/en/news/060-2022. (29.​02.​2024).​

Weitere Informationen:
PETA.de/Angeln
PETA.de/UN-Kinder-Gewalt-Tiere
PETA.de/Spüren-Fische-Schmerzen

PETA Deutschland e.V. ist mit über 1,5 Millionen Unterstützenden die größte Tierrechtsorganisation des Landes und setzt sich durch Aufdecken von Tierquälerei, Aufklärung der Öffentlichkeit und Veränderung der Lebensweise dafür ein, jedem Tier zu einem besseren Leben zu verhelfen.

PM PETA Deutschland e.V.

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