Gesundheits- und Verbraucherverbände beklagen politischen Stillstand beim Kinderschutz in der Lebensmittelwerbung. Die Ampel-Koalition müsse den Auftrag aus dem Koalitionsvertrag endlich umsetzen und das von Bundesernährungsminister Cem Özdemir geplante Gesetz zur Beschränkung der Werbung für ungesunde Lebensmittel auf den Weg bringen, erklärten der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), der AOK-Bundesverband, das Wissenschaftsbündnis Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) und die Verbraucherorganisation foodwatch. Das Vorhaben dürfe nicht am Widerstand der Lebensmittel- und Werbewirtschaft scheitern. Effektive Regelungen zum Schutz der Kinder vor Werbung für Lebensmittel mit viel Zucker, Fett und Salz seien überfällig, so die Organisationen.
„Ein breites Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Organisationen und Wissenschaft setzt sich seit geraumer Zeit für mehr Kinderschutz und eine klare Werberegulierung ein. Die Mehrheit der Verbraucher:innen befürwortet Werbeschranken, um die Gesundheit von Kindern zu schützen. Auch die Faktenlage ist bestechend: Werberegulierung wirkt. Vorschläge, wie eine solche Regulierung umgesetzt werden kann, liegen inzwischen seit über einem Jahr auf dem Tisch. Nun muss die Politik ins Handeln kommen. Der Bundeskanzler muss sich dafür stark machen, eine Einigung unter den Koalitionspartnern zu erzielen“, so Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands.
„Die wissenschaftliche Grundlage für die Notwendigkeit einer Regulierung ist unbestreitbar. Forschungsergebnisse zeigen eindeutig, dass Werbung wirkt, sie steigert das Kauf- und Konsumverhalten und fördert Präferenzen von Kindern. Jetzt liegt es an den politischen Akteur:innen, die wissenschaftsbasierten zielführenden Vorschläge aus dem Bundesernährungsministerium in ein Gesetz zu gießen, damit die Kindergesundheit nicht zwischen den Interessen der Industrie weiter zerrieben wird. Es wird Zeit, dass das Vorhaben im Bundeskanzleramt endlich zur Chefsache wird und Olaf Scholz den kräftezehrenden Stillstand endlich beendet“, sagt Barbara Bitzer, Sprecherin der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) und DDG Geschäftsführerin.
„Energydrinks auf TikTok und Instagram, Haribo-Werbung im Fernsehen, McDonald’s-Plakate vor Schulen: Eltern müssen tagtäglich gegen eine Milliardenindustrie ankämpfen, die ihre Kinder mit perfiden Marketingtricks lockt. Die omnipräsente Werbung für Zuckerbomben und fettige Snacks hat fatale gesundheitliche Folgen. Bundeskanzler Olaf Scholz darf nicht länger tatenlos zuschauen, wie die FDP wirksame Werbeschranken zum Gesundheitsschutz der Kinder blockiert. Der Kanzler muss den Ampelzwist beenden und die Gesundheit der Kinder durch ein starkes Gesetz schützen“, erklärt Chris Methmann, Geschäftsführer von foodwatch.
„Ernährungsbedingte Krankheiten sind ein zentraler Treiber der Krankheitslast in Deutschland. Wirksame Maßnahmen zur Förderung der gesunden Ernährung sind essentiell, um die sozialen Sicherungssysteme zu entlasten. Natürlich wird keine Einzelmaßnahme die ernährungsbedingten Erkrankungen in Luft auflösen. Doch effektive Regeln zum Kinderschutz vor Werbung für Ungesundes sind ein wichtiger Baustein im Instrumenten-Mix, darüber sind sich Fachorganisationen einig. Die Ampel-Koalition sollte sich durchringen und das Kinderlebensmittel-Werbegesetz endlich auf den Weg bringen“, betont Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes.
Über die Organisationen
Die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) ist ein Wissenschaftsbündnis aus 22 medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften, Verbänden und Forschungseinrichtungen, das sich für Maßnahmen der Verhältnisprävention zur Verhinderung von Krankheiten wie Adipositas, Diabetes, Krebs und Herz-Kreislaufkrankheiten einsetzt. www.dank-allianz.de
Seit 140 Jahren steht die AOK für Sicherheit und umfassende medizinische Versorgung im Krankheitsfall. Die AOK-Gemeinschaft versichert mehr als 27 Millionen Menschen. Mit einem Versichertenanteil von etwa 50 Prozent unter den Pflegebedürftigen bildet sie zugleich die größte Pflegekasse Deutschlands. Der AOK-Bundesverband ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und vertritt als politische Dachorganisation die Interessen der AOK-Gemeinschaft.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) bündelt als Dachverband die Expertise von 16 Verbraucherzentralen und mehr als 30 verbraucherpolitischen Verbänden – darunter über 2.000 Organisationen und sieben Millionen Einzelmitglieder – für einen starken Schutz der Verbraucher:innen in Deutschland. Der vzbv setzt sich für umfassende Verbraucherrechte, faire Märkte sowie unbedenkliche Produkte und Dienstleistungen ein.
foodwatch entlarvt verbraucherfeindliche Praktiken der Lebensmittelindustrie und kämpft für das Recht der Verbraucherinnen und Verbraucher auf qualitativ gute, gesundheitlich unbedenkliche und ehrliche Lebensmittel. foodwatch ist ein gemeinnütziger Verein; ist unabhängig von Staat und Lebensmittelwirtschaft und finanziert sich aus Förderbeiträgen und Spenden.
Quellen und weiterführende Informationen:
- BMEL: FAQs zum Gesetzentwurf für an Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung
- Werbeschranken für ungesunde Lebensmittel: Mehr als 60 Organisationen fordern Unterstützung von FDP
- Erfahrungen aus Chile zeigen: Werbeschranken für Junkfood wirken
PM foodwatch e.V.