Saison verlängert sich durch Klimawandel – NABU sucht helfende Hände für den Amphibienschutz – Fun Facts zur Kinderstube von Frosch & Co.
Es regnet vielerorts in Baden-Württemberg bei milden Nachttemperaturen von über sechs Grad – krötenfreundliches Wanderwetter. Damit fällt der Startschuss für Teichmolche, Springfrösche und Erdkröten, die vom Winterdomizil zu den Laichgewässern wandern. Jedes Jahr dieselbe Tour. Damit die kleinen Tiere sicher über vielbefahrene Straßen kommen, packen jedes Frühjahr hunderte Aktive im ganzen Land mit an. Sie bauen Krötenzäune auf, graben Eimerlöcher und tragen morgens und abends die dort hineingefallenen Tiere über für sie gefährliche Straßen. Doch der Klimawandel beeinflusst das Leben der Amphibien und die Arbeitsbedingungen der Aktiven.
Mehr helfende Hände wegen längerer Saison
„Die Amphibiensaison zieht sich in die Länge wie Kaugummi. Durch den Klimawandel startet sie tendenziell jedes Jahr immer ein wenig früher, und tröpfelt dann stellenweise vor sich hin. Die ersten Springfrösche sind in milden Landesteilen schon im Dezember auf Tour und die letzten kommen weiterhin erst Mitte April am Laichgewässer an. Für die ehrenamtlich Aktiven heißt das: durchhalten, auch wenn oft nichts im Eimer ist. Hinzu kommt, dass die Zahl der Amphibien dramatisch eingebrochen ist, das ist alarmierend und sorgt zudem für viel Frust“, berichtet NABU-Experte Hubert Laufer.
Weil viele Amphibienwanderstrecken immer noch ohne bauliche Leitsysteme und Durchlässe für die Tiere sind, freuen sich im Amphibienschutz tätige NABU-Gruppen vielerorts über weitere ehrenamtlich Aktive. „Es werden überall noch helfende Hände gesucht. Vor allem während der Wanderung ist tatkräftiges Engagement bei der Kontrolle der Zäune sehr willkommen“, ergänzt NABU-Ehrenamtskoordinator Volker Weiß. Wer beim Krötenretten mitmachen möchte, kann sich dazu an die örtliche NABU-Gruppe wenden. Vorkenntnisse sind nicht nötig. Wie die Hilfe funktioniert, wie man die Tiere richtig anfasst, welche Hygienevorschriften zu beachten sind und wie man Grasfrösche von Springfröschen oder Bergmolche von Teichmolchen unterscheidet, ist schnell gelernt.
NABU fordert mehr bauliche Maßnahmen
Amphibien wandern seit Millionen von Jahren – doch an vielen Stellen versperren ihnen Straßen den Weg. Über die Hälfte der Amphibienarten im Land ist gefährdet und steht auf der Roten Liste. Der NABU fordert daher, die Zahl der Durchlässe unter Straßen für kleinere Wildtiere deutlich zu erhöhen. „So retten wir nicht nur das Leben von tausenden Kröten und Feuersalamandern, auch Säugetiere wie Füchse, Hasen oder Igel profitieren davon“, berichtet Hubert Laufer. Wenn ohnehin an einer Straße gebaut würde, müsse eine Querung immer auch geprüft werden, so Laufer.
Der NABU appelliert zudem an alle Autofahrerinnen und Autofahrer: „Kröten, Molche und Salamander brauchen Ihre Hilfe. Also bitte: Fuß vom Gas, wo die Tiere kreuzen. Am besten meidet man Amphibienwanderstrecken ganz und nimmt nach Möglichkeit einen kleinen Umweg in Kauf“, rät Laufer.
Von den 21 in Deutschland heimischen Amphibienarten leben 19 in Baden-Württemberg, davon stehen wiederum elf auf der Roten Liste gefährdeter Arten (LUBW, Stand 2020). Geburtshelferkröte, Knoblauchkröte und Grasfrosch rutschten zuletzt in der Gefährdung nach oben, weil sie seltener geworden sind. In den vergangenen 30 Jahren mussten 13 Arten oder 68 Prozent der Amphibien im Land Verluste hinnehmen, besonders betroffen sind Gelbbauchunke, Moorfrosch und Grasfrosch. Für den Erhalt und Schutz von vier Arten – Feuersalamander, Bergmolch, Fadenmolch und Springfrosch – trägt Baden-Württemberg eine hohe Verantwortung, bei der Gelbbauchunke sogar eine besonders hohe, weil im Bundesverhältnis überproportional viele der Arten im Südwesten vorkommen.
Hintergrund:
Fun Facts zur Kinderstube der Amphibien
Welche Gewässer sind die besten?
Strategie Nr. 1: Viel hilft viel
Wer seine Eier in permanenten Gewässern wie Bächen, Teichen, Weihern und Seen ablegt, hat den Vorteil, dass diese nicht austrocknen, aber das Risiko, dass der Nachwuchs eher als Leckerbissen im Maul von Fischen und Libellenlarven enden. Um den Fortbestand ihrer Art zu sichern, legen daher Erdkröten, Grasfrösche oder Teichfrösche tausende Eier ab. Beim Grasfrosch sind es 700 bis 4.500, bei Erdkröten 3.000 bis 6.000.
Strategie Nr. 2: Weniger, aber gut verteilt
In kleinen Pfützen, Tümpeln und mit Regenwasser gefüllten Fahrrinnen ist das Risiko hoch, dass sie in heißen Sommern austrocknen, aber die Gefahr von Fressfeinden gering. Daher legt die Gelbbauchunke zwar insgesamt recht wenige Eier. Doch um das Risiko zu streuen, dass diese vertrocknen, werden die Ballen mit bis zu 50 Eiern in verschiedenen Gewässern platziert. Ihr Prinzip Hoffnung: Eines wird schon nicht austrocknen. Doch weil im Klimawandel die bisherige Strategie oftmals nicht mehr fruchtet, nimmt die Zahl der Gelbbauchunken ab. Für den Schutz der Unken sollten daher möglichst viele neue, verschieden tiefe Gewässer an sonnigen Stellen im Wald oder auf extensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen angelegt werden. Dann ist bei jedem Wetter ein feuchtes Plätzchen zu finden. Hier sind insbesondere Revierförster, Landschaftserhaltungs- und Naturschutzverbände gefragt. Auch wer einen Garten hat, kann zum Spaten greifen und buddeln für die kleinen Hüpfer.
Eipäckchen oder lebend gebärend?
Die meisten Froscharten verpacken ihre Eier in Laichballen. Der Laubfrosch heftet seine etwa walnussgroßen Ei-Klümpchen an Wasserpflanzen an. Molche, wie der häufige Teichmolch, legen ihre Eier einzeln an Blättern von Wasserpflanzen ab. Der Alpensalamander braucht keine Wasser-Kinderstube. Er bringt fertig entwickelte Jungtiere zur Welt, die dann meist entlang von Bächen in feuchten Buchen- und Laubmischwäldern aufwachsen. Feuersalamander wiederum legen ihre fertig entwickelten Larven in Fließgewässern und sauerstoffreichen stehenden Gewässern ab. Die Geburtshelferkröte ist bei uns die einzige Amphibienart, die Brutpflege betreibt. Die Männchen wickeln sich die Eischnüre um die Hinterbeine, befeuchten diese ab und an im Wasser auf dem Weg zum Geburtsgewässer und legen, dort angekommen, die Eier kurz vor dem Schlupf darin ab.
Höhere Überlebenschancen schaffen – aber wie?
Kreuz- und Wechselkröte haben im Laufe der Evolution eine Methode entwickelt, um die Überlebenschance ihrer Kaulquappen in heißen oder trockenen Zeiten zu erhöhen. Drohen die Kleingewässer auszutrocknen, geben große Kaulquappen mit höherer Überlebenschance mit ihrem Kot einen giftigen Stoff ins Wasser ab. Dieser sorgt dafür, dass kleine Kaulquappen absterben. Im Restwasser steigt so die Überlebenschance für einzelne Tiere und damit für die Population.
Foto von Claudia Wild
PM NABU (Naturschutzbund Deutschland), Landesverband Baden-Württemberg e. V.