Der Frühling naht. Die Vögel singen in den Gärten. Die ersten Störche kehren bereits zurück aus ihrem Winterquartier und klappern lautstark von den Dächern. „Mit jeder Schönwetterperiode trifft wieder ein Schwung Weißstörche ein. Diese Woche sind 42 Störche über den Rhein bei Kehl nach Osten geflogen. In Wahlwies am Bodensee bezog ein erster Storch sein Nest“, berichtet die Landesweißstorchbeauftragte Judith Opitz. Die frühen Störche sind erste Rückkehrer aus Spanien. Für die Strecke von Zentralspanien nach Baden-Württemberg brauchen sie etwa sieben bis acht Tage.
Wer früher da ist, bekommt die besten Plätze
Die im Februar eintreffenden Vögel sind die Vorhut, die zumeist in Spanien auf Feldern und Müllkippen überwintert hat. „Spanien als Winterquartier hat einen großen Vorteil für die Störche: Der Hin- und Rückflug ist deutlich kürzer als bei Vögeln, die südlich der Sahara überwintern. So können sie früher mit dem Brüten beginnen“, sagt Judith Opitz. Der Nachteil: Müllkippen haben nichts mit dem natürlichen Jagdgebiet eines Weißstorches gemein. Dort nehmen sie auch große Mengen an Kunststoffen in jeglicher Form auf – mit teils tödlichen Folgen. Manche Störche sparen sich die Reise gänzlich und überwintern in Baden-Württemberg: In Oberschwaben sind das schon rund ein Drittel aller Tiere. Auch aus Südfrankreich kehren die ersten Störche jetzt zurück, jene aus Afrika folgen ab Mitte Februar.
Zwei Drittel der Männchen erreichen als erstes ihren Stammhorst, in etwa einem Drittel der Fälle sind die Weibchen schneller. Beim Wiedersehen gibt es stets großes Geklapper und – sollte das Nest besetzt sein – mitunter heftigen Streit. Gleich nach der Landung wird das Nest renoviert und frisch ausgepolstert, schließlich soll es der Nachwuchs sicher und bequem haben. So hoch oben auf Kirchdächern, Schornsteinen, Strommasten und Bäumen kann es bei Unwettern kräftig blasen – das Nest muss also einiges aushalten. Ihre Nester bauen die meisten Paare selbst aus kleinen Ästen und Zweigen, Schilf und Gräsern, ohne künstliche Nisthilfen. Bis zur Eiablage vergehen meist nur wenige Wochen.
NABU schult Aktive für den Weißstorchschutz
Die Weißstörche im Südwesten haben seit Jahren etwas Aufwind. Von einst nur etwa 15 verbliebenen Brutpaaren im Jahr 1975 hat sich die Zahl auf aktuell geschätzt 2.250 erholt. Weil mehr Störche erfolgreich durch den Winter kommen und brüten, steigt die Zahl der zu beringenden Jungtiere und der Nester. Der NABU Baden-Württemberg bildet daher gemeinsam mit der Weißstorchexpertin Ute Reinhard neue ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer aus. In einer Schulung vergangenes Wochenende haben sich 24 Menschen mit Interesse am Weißstorchschutz schulen lassen. Sie kümmern sich später gemeinsam mit erfahrenen Ehrenamtlichen um neue Horste, vermitteln bei Problemen, beringen Jungstörche und geben die Daten an Forschungsstellen und staatliche Behörden weiter. Langweilig wird es da nie, denn sobald der Nachwuchs da ist, haben sowohl die Storcheneltern als auch die ehrenamtlich Aktiven alle Hände voll zu tun.
Weißstorch-Wissen kompakt:
- Weißstörche (Ciconia ciconia) gehören zur Familie der Störche und zur Ordnung der Schreitvögel. Mit ihrer Körpergröße von etwa einem Meter ab Schnabelspitze und einer Flügelspannweite von etwa 200 Zentimetern zählen sie zu den imposantesten Vögeln in Deutschland. Entsprechend groß ist der Horst des NABU-Wappentieres, mit einem Durchmesser von bis zu zwei Metern.
- Lebensraum: Weißstörche leben in offenen Landschaften, auf feuchtem Grünland, in Flussniederungen und -auen mit periodischen Überschwemmungen sowie extensiv genutzten Wiesen und Weiden. Das Brutareal des Weißstorchs umfasst Europa, Westasien und Nordafrika.
- Aussehen: Das Gefieder des Weißstorchs ist weiß, nur die Schwungfedern und Teile der Oberflügeldecken sind schwarz. Der Schnabel und die langen Beine sind bei erwachsenen Tieren rot gefärbt. Die Art zeigt keinen Geschlechtsdimorphismus (wie z.B. der Gimpel, bei dem Männchen und Weibchen völlig unterschiedlich aussehen). Männliche ausgewachsene Tiere sind etwas größer als die Weibchen und haben einen kräftigeren Schnabel, zudem klappern sie in einer tieferen Tonlage.
- Langstreckenflieger: Baden-Württembergs Weißstörche ziehen im Herbst gemeinsam mit ihren Artgenossen aus Frankreich, Spanien und der Schweiz über die westliche Zugroute nach Gibraltar und über die Sahara bis in die westafrikanische Sahelzone zwischen Senegal und Tschad. Dort überwintern sie und kehren meist im März zurück, nach rund 4.500 Kilometern Flug. Immer mehr Störche überwintern in Südspanien, wo sie auf offenen Müllkippen und in Reisfeldern Nahrung finden. Von dort fliegen sie im Frühjahr an der Küste und am Alpenrand entlang gen Heimat. Einige bleiben auch ganzjährig im Brutgebiet in Baden-Württemberg.
- Nachwuchs: Weißstörche brüten ab Mitte März und belegen das Nest bis etwa Anfang August. Dabei kümmern sich beide Eltern um die drei bis fünf Eier, die 31 bis 32 Tage bebrütet werden. Nach etwa zwei Monaten verlassen die ersten Jungvögel das Nest und sind dann nur noch einige Wochen durch ihre schwärzliche Schnabelspitze von den Altvögeln zu unterscheiden.
Foto: Fliegender Weißstorch, © NABU/Marc Scharping
PM NABU (Naturschutzbund Deutschland), Landesverband Baden-Württemberg e. V.