Die Ergo Reiseversicherung verpflichtete Verbraucher:innen in ihren Versicherungsbedingungen zur Einholung von ärztlichen Attesten vor der Stornierung einer Reise. Die Verbraucherzentrale ging dagegen rechtlich vor und konnte vor dem Landgericht München I (Az. 12 O 13566/22, nicht rechtskräftig) ein Urteil gegen diese rechtswidrige Klausel erwirken.
Versicherungsbedingungen sind zentraler Bestandteil von Versicherungsverträgen. Oft fallen benachteiligende Klauseln jedoch erst im Schadensfall auf und stellen Verbraucher:innen vor die schwierige Herausforderung, vom Versicherer eine Leistung zu bekommen. In einem aktuellen Fall unlauterer Versicherungsbedingungen hatte die Ergo Reiseversicherung AG Verbraucher:innen in ihren Klauseln dazu verpflichtet, stets vor der Stornierung einer Reise, unter anderem wegen Krankheit, ein ärztliches Attest einzuholen.
Immer Attest vor Stornierung als Obliegenheit ist rechtswidrig
Da die Ergo keine Unterlassungserklärung abgeben wollte, musste das Landgericht München I (Az. 12 O 13566/22, nicht rechtskräftig) entscheiden und ist der Auffassung der Verbraucherzentrale gefolgt: Die Attest-Klauseln sind rechtswidrig. Das Gericht geht, wie die Verbraucherzentrale, davon aus, dass es durchaus gesundheitliche Probleme gibt, bei denen es keinen Anlass dafür gibt, ein Attest vor einer Stornierung einzuholen. Durch die rechtswidrige Klausel konnte sich der Versicherer einen Weg eröffnen, die Leistung zu verweigern, mit der Begründung, das Attest sei nicht vor der Reisestornierung eingeholt worden. Auch dann, wenn es zum Beispiel für Verbraucher:innen unmöglich gewesen wäre, zuvor ein Attest einzuholen.
„Verbraucherinnen und Verbraucher für jeden Fall zu verpflichten, sich vor der Reisestornierung ein ärztliches Attest zu besorgen, benachteiligt diese unangemessen und kann der gesetzlichen Schadensminderungspflicht zuwiderlaufen“, sagt Versicherungsexperte Peter Grieble. So sah es auch das Gericht und erklärte die betreffenden Klauseln in den Versicherungsbedingungen der Ergo für unwirksam.
„Der Fall ist ein Beispiel dafür, wie sinnvoll es ist, schon bei Vertragsabschluss genau zu lesen, wann unter welchen Voraussetzungen der Versicherer leistet – und sich hierzu gut vom Versicherungsvertrieb beraten zu lassen. Wer Zweifel an der Rechtmäßigkeit seiner Reiseversicherungsbedingungen hat, kann sich gerne an die Verbraucherzentrale wenden“, so Grieble weiter.