Zum Weltschlangentag am 16. Juli / Schlangen: Selten, scheu und mit Stinkdrüse bewehrt

NABU: Baden-Württemberg ist Heimat von zwei seltenen Giftschlangen und vier ungiftigen Nattern 

Ein Anruf der Polizei und Schlangenexperte Hubert Laufer ist unterwegs. Seine Ausrüstung: Stoffsack und bissfester Handschuh für alle Fälle. Seine Tatorte: Läden, Gärten oder Straßen. Das Ziel: Aufklären und die Sorgen vor Schlangen nehmen. Denn obwohl man meist auf eine der harmlosen heimischen Arten trifft, könnte es sich auch um ein entflohenes Haustier oder eine Giftschlange handeln. Da ist dann oft Fachwissen gefragt.

Fall Nummer eins: Nachteinsatz in Offenburg. Eine Kornnatter liegt eingeringelt vor einem Restaurant. Ob sie hungrig war? Die Schlangenart ist ein harmloses und daher beliebtes Terrarientier. Sie büxt gerne mal aus und erschreckt unabsichtlich Menschen. „Weil die mittelgroße Natter eigentlich in Nordamerika heimisch ist, lebt sie jetzt im Tierheim Offenburg und wartet auf einen neuen verantwortungsvollen Halter“, erklärt der NABU-Fachbeauftragte Hubert Laufer. Fall Nummer zwei: Einsatzort Dönerladen. Diesmal hat es die Schlange sogar in den Laden geschafft, mitten im Ort neben einer Hauptstraße. Als Lebensraum ungenügend und auf der Straße davor ist ihr Leben gefährdet. Damit sie nicht zu Schaden kommt, fängt die Feuerwehr, angeleitet von Laufer, die Schlingnatter vorsichtig mit der Hand ein und lässt sie im nächsten geeigneten Lebensraum – in diesem Fall ein angrenzender Weinberg – wieder frei. Fall Nummer drei: Ein naturnah gestalteter Garten mit Hecken, Reisig und offenem Kompost. Zwei Frauen haben eine Schlange in einen Eimer festgesetzt, die furchterregend faucht und sich drohend aufrichtet. „Keine giftige Kobra, sondern eine große weibliche Ringelnatter in einer misslichen Lage. Vermutlich wurde sie gestört, als sie den Kompost als Eiablageplatz inspizieren wollte“, sagt Laufer. Die Ringelnatter kann bis zu 1,20 Meter lang werden und ist völlig harmlos. Sie darf im Garten bleiben.

Schlangen sind selten geworden

„Wer in der Natur eine Schlange antrifft, sollte sich über die seltene Gelegenheit freuen und das Tier aus einiger Distanz beobachten und bitte nicht stören“, rät der NABU-Experte anlässlich des jährlichen Weltschlangentages am 16. Juli. Weil es den Reptilien an geeignetem Lebensraum und Nahrung mangelt, sind solche Begegnungen extrem selten geworden. Ruhige Wanderwege, Bahndämme, trockene Wegränder oder größere Naturgärten sind mögliche Lebensräume für Schlangen. Dort brauchen die wechselwarmen Tiere geeignete Verstecke, ungestörte Stellen zum Sonnenbaden, frostsichere Überwinterungsplätze und ausreichend Nahrung.

Alle sechs heimischen Schlangenarten sind geschützt – man darf sie weder fangen noch ihre Gelege zerstören oder die Eier einsammeln. „Schlangen sind scheu. Keine der sechs in Baden-Württemberg heimischen Arten ist aggressiv. Sie können nicht hören und fliehen bei Bodenerschütterungen meist schnell. Jedoch sollte man Schlangen nicht in die Enge treiben oder festhalten. Dann verteidigen sie sich, je nach Art, mit Scheinangriffen, einem Schuss aus der ,Stinkdrüse‘ oder auch mit einem richtigen Biss, berichtet Laufer. Von den heimischen Schlangen verfügen nur Kreuzotter und Aspisviper über Giftzähne. Sollte eine der Giftschlangen bei einer der seltenen Begegnungen mit ihnen zubeißen, sollte man in jedem Fall eine Klinik aufsuchen.

Welche Schlangen leben im Südwesten?

Noch sind sechs der weltweit mehr als 2.700 Schlangenarten in Baden-Württemberg zuhause. Von der Ringelnatter, der bekanntesten Schlange im Land, leben zwei Arten bei uns – die Östliche Ringelnatter im östlichen Landesteil und die Barren-Ringelnatter im Westen. Beide sind in ihren Gebieten verbreitet. Hinzu kommen Kreuzotter und Aspisviper, die als einzige Arten auch Giftzähne besitzen. Beide sind sehr selten und stehen auf der Roten Liste. Mit dem Gift lähmen sie ihre Beute, zu denen vor allem Mäuse, aber auch Amphibien zählen. Alle Schlangen haben viele kleine Zähne, um ihre Beute festzuhalten und im Ganzen zu verschlucken. Hinzu kommen Äskulapnatter, mit maximal 180 Zentimetern die größte heimische Art, und Schlingnatter, mit 70 Zentimetern die kleinste.

Am häufigsten trifft man Ringel- oder Schlingnattern bei uns an. Die vom Aussterben bedrohte Aspisviper lebt in Baden-Württemberg nur im südlichen Schwarzwald. Kreuzottern mögen die höher gelegenen, kühleren Lagen im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb sowie die Moorgebiete im Allgäu und in Oberschwaben. Die Äskulapnatter trifft man nur im Rhein-Neckar-Kreis an.

Gut zu wissen:

  • Ringelnatter mit zwei Arten: Bei Gefahr ohne Fluchtmöglichkeit zieht sie alle Register: aufblähen, heftig zischen, Scheinbisse ausführen und Stinkflüssigkeit abschießen.
  • Schlingnatter: Hat ein ähnliches Rückenmuster wie die giftige Kreuzotter – und bezahlt diese Verwechslung mitunter mit dem Leben. Sichere Unterscheidung: Die Schlingnatter hat runde Pupillen, die Kreuzotter senkrechte Schlitze wie eine Katze.
  • Äskulapnatter: Ihre Seitenschuppen sind so rau, dass sie wie Kletterhaken funktionieren. Damit kann die Schlange fast senkrechte Bäume erklimmen.
  • Aspisviper (Vipera aspis): Beginnen bereits am frühen Morgen mit einem intensiven Sonnenbad.
  • Kreuzotter (Vipera berus): Schwarze Exemplare werden im Volksmund als „Höllenotter“ bezeichnet. Manchmal wird diese mit der seltenen schwarzen Ringelnatter verwechselt.
  • Keine Schlange: Die kupferfarbene Blindschleiche sieht schlangenähnlich aus, ist aber eine Echse. Ihre Leibspeise sind Regenwürmer, Nacktschnecken und unbehaarte Raupen, die sie auf Wiesen und Brachen, in Parks und naturnahen Gärten erbeutet.

 

Weitere Informationen über Schlangen. Kostenfreie Pressebilder finden Sie unter dem Link https://next.nabu-bw.de/s/BrFqjzLsma36zj9

Foto: Äskulapnatter (BennyTrapp)

PM NABU (Naturschutzbund Deutschland), Landesverband Baden-Württemberg e. V.

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