Heute (10. März 2023) fand der 49. Weissacher Imkertag 2023 statt. Die Veranstaltung wurde, wie bereits in den vergangenen Jahren, ausschließlich online durchgeführt und war mit über 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern wie in den Vorjahren sehr gut besucht. „Wir freuen uns sehr, dass wir an der Tradition des jährlichen Weissacher Imkertags auch in diesem Jahr festhalten können. Der Weissacher Imkertag ist die zentrale Fortbildungsveranstaltung für Imkerinnen und Imker sowie Bienenfreundinnen und Bienenfreunde“, erklärte Dr. Kurt Mezger, Abteilungspräsident der Abteilung Landwirtschaft, Ländlicher Raum, Veterinär- und Lebensmittelwesen im Regierungspräsidium Stuttgart, bei der Eröffnung des 49. Weissacher Imkertags.
„Dass der Weissacher Imkertag im dritten Jahr im Online-Format erneut so großen Anklang findet, freut uns sehr“, so Dr. Mezger. Es sei in Überlegung, die Veranstaltung zukünftig jährlich alternierend in Präsenz beziehungsweise online zu planen, um die Vorteile beider Veranstaltungsvarianten nutzen und den Imkerinnen und Imkern auch die Möglichkeit zum persönlichen Austausch bieten zu können.
In den vergangenen Jahren ist die Rolle der Insekten und insbesondere der Bienen immer mehr in den Fokus öffentlicher Diskussionen gerückt, denn 80 Prozent der heimischen Nutz- und Wildpflanzen sind auf die Bestäubung durch Honig und Wildbienen angewiesen. Einigen Hobbyimkerinnen und Hobbyimkern ist der Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt sogar wichtiger als der Honigertrag selbst. Mit dem 2020 in Kraftgetretenen Biodiversitätsstärkungsgesetz wurden in Baden-Württemberg bereits Ziele und Maßnahmen zur Unterstützung der Artenvielfalt eingeführt, wie beispielsweise die Stärkung des ökologischen Landbaus und der Biodiversität sowie der Reduktion chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel. Weitere Punkte des Gesetzes sind der Erhalt von Streuobstwiesen und der Aufbau eines Netzwerkes aus Biodiversitäts-Demobetrieben. Dr. Mezger betonte, dass das Land auch weiterhin verschiedene unterstützende Förderprogramme anbiete und die Imkerschaft darüber hinaus durch fachliche Beratung unterstütze.
Im Anschluss richtete Dr. Kirsten Traynor, seit Mai 2022 neue Leiterin der Landesanstalt für Bienenkunde, ein Grußwort per Videobotschaft an alle Teilnehmenden. Ihre Schwerpunkte in der angewandten Forschung liegen auf der Erforschung von Varroamilben, Viren und der Wirkung von Pflanzenschutzmitteln im Zusammenhang mit der Gesundheit von Honigbienen.
Die anschließenden Fachbeiträge eröffnete Dr. Annette Schroeder, Leiterin des Honiglabors an der Landesanstalt für Bienenkunde. Als aktuelles Thema der Varroaforschung stellte sie die Effekte der Drohnenbrutentnahme auf den Varroabefallsgrad im Sommer vor. Weiter berichtete sie über die Auswirkung von Kupfer auf die Überlebensrate von Honigbienen im Forschungsbereich der Bienengesundheit. Zentrale Aufgabe der Landesanstalt bleibt weiterhin die Fortbildung von Studierenden und Imkern sowie die Öffentlichkeitsarbeit. Zukünftig soll ein weiterer Schwerpunk der Forschung auf die Bienenernährung und die Bestäubungsleistung der Bienen gelegt werden.
Charlotte Lutz vom Regierungspräsidium Stuttgart stellte das das BiodivNetz BW vor. Dies ist ein Netzwerk von landwirtschaftlichen Demobetrieben zur Förderung der biologischen Vielfalt. Die Demonetzwerke sind ein Ergebnis des Biodiversitätsstärkungsgesetzes, das nach dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“ 2020 verabschiedet wurde. Das BiodivNetz BW umfasst momentan 23 Demobetriebe, die neue Maßnahmen und Ansätze für mehr Biodiversität in der landwirtschaftlichen Praxis erproben. Beispielhaft führte Lutz einige Maßnahmen wie die Untersaat nektarreicher Pflanzenarten (Klee, Ringelblumen, Kornblumen, Leindotter) in Getreide oder den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel auf. Blühflächen und Blühstreifen auf Ackerland sollen den Insekten Rückzugsräume, Nahrungsressourcen und Überwinterungsmöglichkeiten bieten, so Lutz.
In seinem Vortrag „Vespa velutina – wie problematisch ist die asiatische Hornisse?“ verdeutlichte Dr. Sebastian Spiewok, stellvertretender Chefredakteur der Fachzeitschrift Deutsches Bienen-Journal, wie invasiv diese Art ist. Vermutlich wurde die asiatische Hornisse 2004 mit Pflanzentöpfen aus Schanghai nach Frankreich eingeschleppt. Von dort aus verbreitete sich die Population in Spanien, Portugal, Norditalien, Schweiz, Deutschland. Sogar in England und Irland wurde sie bereits gemeldet. Das erstaunliche dabei: „Vermutlich stammt die gesamte europäische Population von einer einzigen, mehrfach begatteten Königin ab“, so Dr. Spiewok. Die asiatische Hornisse lebt räuberisch und fängt viele unterschiedliche Insektenarten. Befinden sich jedoch Bienenstände in der Nähe ihrer Nester, gehen sie vor allem dort auf Jagd. Der Stress, den die Hornissen dabei verursachen, kann dazu führen, dass die Bienenvölker den Flugbetrieb und das Brüten einstellen, wodurch es zu vermehrten Winterverlusten kommen kann. Alle EU-Staaten sind gemäß Verordnung dazu verpflichtet die asiatische Hornisse zu bekämpfen, doch werden deren Nester nicht ausfindig gemacht, können Imker und Imkerinnen relativ wenig tun, um ihre Völker zu schützen. Auch der Einsatz von Fallen ist in Deutschland derzeit nicht erlaubt, da diese leider massive Beifänge aufweisen. Dr. Spiewok bemängelte zudem, dass es noch kein breites Monitoring gebe, wie es in der EU-Verordnung eigentlich vorgeschrieben sei.
Es folgte Dr. Andreas Schierling, Fachabteilungsleiter des Bienengesundheitsdienstes beim Tiergesundheitsdienst Bayern e.V., der über die Chronische Bienenparalyse (CBP) berichtete. Diese Infektionskrankheit der Honigbiene wird durch das CBP-Virus übertragen. Dr. Schierling wies darauf hin, dass obwohl das CBP-Virus zu den ersten beschriebenen Bienenviren überhaupt zählt, bis heute nur wenig Erkenntnisse über die Krankheit vorliegen. Das Virus befällt vorwiegend das Nervensystem erwachsener Bienen, was sich zunächst durch Flugunfähigkeit, motorische Störungen und ataktische Zustände äußert. Bedauerlicher Weise führt die Krankheit bei infizierten Tieren zum Tod. Infizierte Bienen seien gut optisch erkennbar, sie würden teilweise oder ganz ihr Haarkleid verlieren und dann dunkel bis schwarz erscheinen, weshalb die Erkrankung auch „Ansteckende Schwarzsucht“ bezeichnet werde, so Dr. Schierling. Im Gegensatz zu vielen weiteren Bienenviren wird das CBP-Virus nicht durch die Varroa-Milbe, sondern bereits durch Körperkontakt von Biene zu Biene übertragen. Da keine Medikamente zur Behandlung der CBP existieren, kommen ausschließlich imkerliche Maßnahmen als Vorsorge und Therapie in Betracht. Die Wirksamkeit dieser Vorgehensweisen ist jedoch nicht wissenschaftlich belegt und teilweise umstritten.
Im Anschluss stellte Imkermeister Franz Höcker seinen Betrieb „Bienenfranz“ vor. Der Betrieb liegt 75 Kilometer südlich von München in unmittelbarer Sichtweite zur Zugspitze. „Die Imkerei begann mit nur einem Bienenvolk“, so Höcker. „Im Laufe der Jahre wurden es mehr und heute sind es 100 Bienenvölker, welche ich im Nebenerwerb betreue.“ Darüber hinaus schilderte er sehr anschaulich, wie er den Familienbetrieb aufbaute: Wichtige Schritte hierzu waren die Errichtung eines modernen Betriebsgebäudes sowie die Eröffnung des Imkereifachhandels. Ein integrierter Schulungsraum bietet die Möglichkeit für Fortbildungen. Für den Imkerkreisverband Garmisch-Partenkirchen e.V. betreibt Familie Höcker seit 2022 die Königinnen Belegstelle „An den drei Wassern“.
Zum Abschluss ging Thomas Kustermann, Fachberater für Imkerei am Regierungspräsidium Stuttgart, in seinem Vortrag „Aktuelles aus der Fachberatung“ zuerst auf das Bienenjahr 2022 ein. Zu Jahresbeginn wurden hohe Völkerverluste gemeldet, die überlebenden Völker hatten dafür im Frühjahr gute Entwicklungsbedingungen. Die Blütenhonigernte fiel, je nach Betriebsweise, gut aus. Von der Lindentracht gab es kaum Erträge. Die Fichten- und Tannentracht habe Mitte Mai begonnen und sei bis Ende Juni versiegt, nur inselweise sei es bis August noch zu mehr oder weniger ergiebigen Tannentracht gekommen, erklärte Kustermann. Anschließend ging er auf wesentliche Ereignisse und Neuerungen in der Imkerei ein. Er informierte über die jetzt aktuell wieder mögliche Beantragung von Fördermitteln für Imkereien mit mehr als 30 Bienenvölkern. Zum Thema Völkerverluste plädiert er für eine systematische Erfassung, da sonst eine Analyse der Ursache nahezu unmöglich sei. Weiter berichtete er über die Schwerpunkte bei der Ausstellung von Imkereizubehör bei der größten deutschen Imkermesse in Friedrichshafen 2022. Er stellte neue Präparate zur Varroa-Bekämpfung vor, die eine deutliche Erleichterung im Kampf gegen die Varoose bedeuten. Seiner Erfahrung nach spiele die konsequente Überwachung des Befallgrades in der Varroabekämpfung die zentrale Schlüsselrolle, so Kustermann. Er schloss seinen Beitrag mit einer Übersicht zu den Gestehungskosten für ein Glas Honig und die Kosten, die anfallen um ein Jungvolk im Frühjahr zu verkaufen. Meist seien sich die Imkerinnen und Imker nicht darüber im Klaren, welche Kosten ihr „Hobby“ verursache. Der Honig solle daher nicht unter Wert vermarktet werden.
PM Regierungspräsidium Stuttgart